Wenn davon gesprochen wird, dass zwei Menschen eine „intime Beziehung" haben, so wird damit das Vorhandensein eines sehr nahen körperlichen Kontaktes zum Ausdruck gebracht. Doch dies ist nur eine Ausprägung, denn jeder Mensch verfügt über fünf Ebenen der Selbstwahrnehmung: eine körperliche, mentale, emotionale, soziale und spirituelle Ebene.

Wahre Intimität bedeutet somit nicht nur körperliche Nähe, sondern Gleichklang und Übereinstimmung in allen Lebensbereichen. Sie führt zu totaler Offenheit und bedingungslosem Vertrauen, zwei Hälften eines Ganzen, die sich gefunden haben. Seelengefährten. Menschen, die diese intensivste Form intimer Begegnung erfahren, verspüren oft das Bedürfnis, im Partner vollends aufzugehen und regelrecht mit ihm verschmelzen zu wollen. Eine wohl passende Beschreibung für das, was sich in Cassian's Inneren zutrug: der Drang, seinem Gefährten nicht nur durch Umarmungen näher zu kommen. Die Zuneigung in seinem Herzen auszudrücken, zu versuchen den korallbraunen Augen das mitzuteilen, wofür Worte nicht genug waren.

Konsequent gelebt führt dies durch das entstandene Gefühl der Verbundenheit zu einem hohen Maß an Vertrautheit im – auch körperlichen – Umgang miteinander. Diese Vertrautheit umfasst aber auch den geistig-mentalen Bereich des Menschen, so kann es ebenfalls Ausdruck intimer Verbundenheit sein, keine Geheimnisse voreinander zu haben und trotzdem mit Achtsamkeit den Gefühlen des anderen zu begegnen. Diese Situation kann auch zu einer weitgehenden Synchronisation im mentalen Bereich führen, was sich darin äußern kann, dass man etwa spürt, wenn dem Partner Gefahr droht. Eine klare Definition für Ezra's schlaflose Nächte, als sein Gefährte im Palast festgehalten wurde. Er wusste nicht um die düsteren Umstände, aber es ängstigte ihn, keine Gewalt darüber zu haben. Cassian nicht beschützen zu können, wie er es doch versprach. Es brachte ihn wortwörtlich um, nicht für seinen Gefährten da sein zu können.

Die Möglichkeiten seine Liebe auszudrücken war in der Meerwelt so anders als in der Menschenwelt, unter Wasser trug das Liebesspiel zur Zeugung von Nachwuchs bei, zum Fortbestand der meerischen Art und dem ozeanischen Volk. Nicht immer wurden diese Liebesspiele auch tatsächlich mit liebenden Paaren praktiziert. Ganz im Gegensatz zur Menschenwelt, in der die nackte Verschmelzung zweier Leiber dafür erschaffen worden war, sich so nah zu sein wie es die Sterne am Firmament waren, bevor eine höhere Macht sie entzweigerissen hatte. Zwei Sternenfragmente, die sich im Liebesspiel näherkamen und wieder zu einem wurden, verschmolzen, wie eines fühlten und wie eines den selben Herzschlag teilten. Wie ein niemals verglühender brennender Planet Seite an Seite, Herz an Herz miteinander leuchteten und der Dunkelheit trotzten.

Die Menschen pflanzten sich nicht aus einem in ihrer Denkweise verankerten Notwendigkeit zum Fortbestand ihrer Art fort. Sie berührten diese intimen Stellen, küssten sich dort wo es niemand sah aus einem einzig wichtigen Grund: weil die Liebe in ihren Herzen schlichtweg zu groß war, als das ihr simple Worte und Poesie gerecht werden konnte. Die Liebe musste ausgelebt werden bevor die Flammen sie verbrannten, sie gaben sich ganz diesen emotionalen Stürmen hin und verschmolzen im Schutz der Nacht mit ihrem vom Universum anvertrauten Sternenfragment, um diese Liebe Früchte tragen zu lassen. Sie liebten sich heiß und innig, so wie es die Sterne taten wenn sie in Form einer glühenden Sternschnuppe zu Erde fielen und sich inmitten all dieser Menschchen irgendwann wiederfanden, um miteinander zu leben und Seite an Seite, Herz an Herz, in die Ewigkeit hinein zu leuchten.

Cassian hatte die Sichtweise beider Welten in seinem Verstand, wusste um die Hintergründe und aus Erfahrung konnte er behaupten, er hatte die Liebe unterhalb und überhalb des Weltenspiegels kennengelernt. Doch die der Menschen, so intensiv und innig wie sich sein Leib an den seines Menschen gefügt und nicht mehr gelöst hatte, diese atemberaubenden Liebesspiele würden Cassian für immer in's Gedächtnis gebrannt sein. Gebrandmarkt mit den elektrisierenden Küssen, der hitzigen Zweisamkeit und zweier harmonierender Körper, die zu einem verschmolzen. Es war so neu, so anders, so...so romantisch. So viel besser als die Erfahrungen, die er in der Unterwasserwelt gesammelt hatte. Diese unfassbare Nähe und Eintracht mit demjenigen, dem er sein Herz so bereitwillig und bedingungslos in die Hände gelegt hatte, war unbeschreiblich und selbst jetzt schlich sich noch ein Lächeln auf sein erfülltes Gesicht. Es war wahr, er konnte es nach diesen Erlebnissen nicht mehr leugnen.

Ocean Eyes  [MERMAID!AU]Where stories live. Discover now