Renn um dein Leben

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~~10 Jahre später~~
Dunkler Nebel waberte durch die Strassen, als ich wie eine Irre einer Mülltone auswich und geschickt über eine niedere Mauer sprang. Hinter mir bellten die Hunde, doch das kümmerte mich nicht. Mein Herz raste und mein Körper flehte darum, anzuhalten, doch meine Panik war stärker."Schnappt sie!" Hörte ich eine schrille Stimme schreien. Scheisse, sie waren so nahe. Wenn die Köter mich kriegen, reissen sie mich in Stücke.

Ich stolperte weiter und bog in eine Seitenstrasse ab. Vielleicht konnte ich sie in der nächsten Gasse abhängen.

Die Seitenstrasse war verlassen. Mülltonnen quellten über und der Abfall lag überall verstreut auf dem Asphalt herum. Die Laternen beleuchteten die Gasse mit schwachem roten Licht. Am Ende der Strasse befand sich ein hoher Zaun. Wenn ich darüberklettern konnte, würden sie mir nicht folgen können. Ich beschleunigte mein Tempo. In diesem Moment bogen auch meine Verfolger in die Seitenstraße ein."Bleib stehen, du kleines Miststück!" Schrie die schrille Stimme.

Ich drehte mich um. Eine junge Frau, nicht viel älter als ich, rannte in Begleitung von fünf Hunden hinter mir her. Hinter ihr stand ein dicker Junge mit einer grossen Narbe im Gesicht. Er hatte ein Scharfschützengewehr bei sich, mit dem er nun zum Zielen ansetzte. Die Frau starrte mich hasserfüllt an."Gib auf Kleine, du bist in einer Sackgasse! Niemand kann dir helfen! Du bist ganz alleine!"

Ich ignorierte sie und krallte mich am Zaun fest. Geschickt begann ich, nach oben zu klettern. Die Frau stiess einen wütenden Schrei aus."Edward sie entkommt! Schiess die Schlampe ab!"

Ich hörte wie ein Schuss an einer Mülltonne abprallte und ich liess vor Schreck fast den Zaun los. Schnell kletterte ich über den Zaun und landete sicher auf der anderen Seite. Ich rappelte mich auf und rannte weiter."Lass dich hier ja nie wieder blicken, hörst du? Das ist unser Revier! Wenn wir dich hier noch einmal erwischen, dann wirst du es bereuen!" Schrie mir die Frau hinterher. Ein weitere Schuss ertönte und ich viel vor Schreck fast auf die Knie. Schnell bog auf die Hauptstrasse ab, die mittlerweile menschenleer war. Langsam verklang das Gebell der Hunde, und alles was ich wahrnahm waren die Sirenen in der Ferne und meinen eigenen Herzschlag. Ich bog in eine Seitenstrasse ein und stieg eine schmale Leiter hoch. Von dort oben hatte man einen guten Ausblick auf die Stadt. Hier konnte ich mich kurz ausruhen, bevor ich zum Quartier zurückkehrte. Hoffentlich hatte die Aufregung sich dann ein wenig gelegt.

Ich kletterte auf das flache Dach des Gebädes und liess mich auf den Boden fallen. Dann nahm ich meinem Rucksack und grub meine Wasserflasche aus. Erschöpft lehnte ich mich zurück und atmete tief durch.

Die Stadt erstrahlte im roten Schein der Laternen unter dem dunklen Nachthimmel. Scharzer Qualm stieg hier und da auf, wegen der Feuer, die immer mal wieder, da und dort ausbrachen. Es waren eher kleinere Brände, einerseits verursacht durch die verückt spielenden Stromleitungen, andererseits wegen der vielen Schlägereien zwischen den Clans.

Seitdem der Imperator Syrakus die Erde erobert hatte, waren Schlägereien zum Alltag geworden. Der Imperator kümmerte sich nicht um die Menschen im Untergrund. Einzig und allein ein paar Auserwählte, die ihm mehr zu bieten hatten als Dreck und Armut, standen in seiner Gunst.

Ich blickte hoch in den Himmel. Das letzte Mal, als ich die Sterne gesehen habe war ich acht gewesen. Damals waren meine Familie und ich zwei Wochen Campen gewesen. Kurz danach war das Chaos in der Stadt ausgebrochen. Syrakus hatte die Stadt erobert und alle Bewohner ins Unglück gestürzt. Stromleitungen versagten, das Wasser versiegte und Gebäude stürzten ein.

Ich biss die Zähne zusamen und stand auf. Wenn ich nicht bald nach Hause kam, würde sich mein Clan Sorgen machen. Ich musste mich beeilen, wenn ich vor der Ausgangsperre zuhause sein wollte.

Ich stieg vom Gebäude hinab und nahm eine Abkürzung durch die alte Kleiderfabrik. Füher war meine Mom immer an ihr vorbeigefahren, wenn sie zur Arbeit musste. Doch von dem einst prachtvollen Gebäude war nicht mehr viel übrig. Die Maschinen und Laufbänder waren verostet und fielen langsam aber sicher auseinanader.

Staub wirbelte auf, als ich die Halle durchquerte. Dann krabelte ich durch einen verosteten Lüftungsschacht und kam auf einer kleinen Seitengasse wieder heraus. Schnell lief ich weiter und kam schliesslich zu einem verwarlosten Häuserblock mit zerpsrungenen Fenstern. Schnell huschte ich zum Eingang und klopfte. Kurz darauf erblickte ich zwei dunkle Augen, die mich misstrauisch anstarrten."Name und Passwort?"

Ich verdrehte generft die Augen." Komm schon Pete, du weisst wer ich bin. Müssen wir das wirklich jedes mal durchgehen?"

Pete grinste mich frech an."Ich mach hier nicht die Regeln Lilith. Mach schon, damit ich weiteressen kann."

Ich schüttelte den Kopf."Kiso mata ikomus. Und jetzt lass mich rein, ich hab Beute mittgebracht."

Mit einem Klicken öffnete Pete die Tür und machte den Weg in das überfüllte Gebäude frei. Schnell huschte ich hinein und Pete verschloss die Tür."Gib mir einfach die Beute. Martha wird sie sicher noch brauchen."

Ich nickte und überliess ihm den Rucksack."Danke." Langsam stieg ich über die schalfenden Menschen hinweg, die es sich auf schmutzigen Decken und Jacken "gemütlich" gemacht hatten. Der grösste Teil der Bevölkerung war verarmt, da die Ausführung eines Berufes nach Syrakus Eroberung so ziemlich unmöglich geworden war.

Als die Gesellschaft unter Syrakus Herrschaft zusammenbrach, schlossen sich viele Menschen zu vierschiedenen Clans zusammen, die jewiel einen bestimmten Teil der Stadt besetzten. Es war die einzige Möglichkeit, um am Leben zu bleiben. Es gibt viele verschiedenne, aber die berühmtesten sind der Hukaten-Clan, der Gilokas-Clan und der Sasukas-Clan. Meine Schwester und ich gehörten dem Milano-Clan an, ein eher kleinerer Clan, wenn auch kein Unbekannter. Mein Clan befand sich in der Nähe vom Stadtrand, da man hier von den Moskuten sicher war. Oder jedenfals hofften wir das.

Der Häuserblock war gewiss kein Luxusapartement, aber er war besser, als die Strasse. Ausserdem waren wir von Wind und Wetter geschützt. Schlägertypen und Moskuten kamen fast nie hierher. Sie treiben sich meistens eher im Zentrum der Stadt herum oder Versteckten sich in der Kanalisation.

Ich schlich zum hinteren Teil, der Eingangshalle, wo Martha bereits das Feuer für das Frühstück bereitmachte. Als sie mich erblickte, kam sie eilig auf mich zugelaufen."Oh gott Kind, ich hab mir solche Sorgen gemacht. Du warst für ganze acht Stunden weg. Was hast du denn so lange getrieben?"

Ich lächelte und setzte mich neben dem Kessel auf den Boden." Ich musste einen Weg um den grossen Platz nehmen. Die Hukaten haben sich dort breitgemacht. Deshalb hat es länger gedauert als geplant. Auf dem Rückweg musste ich nochmals ihr Gebiet durchqueren. Sie haben mich erwischt und mich durch die halbe Stadt gejagt. Zum Glück konnte ich sie abhängen."

Martha knurrte."Diese gierigen Drecksäcke. Es gibt kein Gebiet von New City, dass sie sich nicht unter den Nagel reissen." Sie gab mir eine Tasse mit warmen Tee."Hier trink das, dann werden deine Glieder wieder warm. Sag Pete nichts, sonst will er auch noch was und ich kann nicht das ganze Wasser hergeben. Unsere Vorräte werden sowieso knapp."

Ich nickte dankbar und trank gierig die Tasse leer." Die meisten Läden sind fast komplet leergeplündert. Bald gibt es kein Essen mehr in New City." Mein Blick verfinsterte sich."Und Syrakus denkt nicht einmal daran, uns zu helfen. Dieser aufgeblasene Gockel sitzt den ganzen Tag in seiner Festung und geniesst sein Leben. Die Bewohner der Stadt sind ihm komplett egal."

Martha blickte mich tadelnd an."Nimm den Mund nicht zu voll Kind. Seine Späher hören alles. Wenn er erfährt, wie du hier über ihn herziehst, wird er uns alle töten. Er duldet keine aufmüpfigen Untertanen." Sie nahm mir die Tasse wieder aus der Hand." Ich weiss, dass du wütend bist. Das sind wir alle. Aber tue mir den Gefallen und halte dich zurück. Ich kann das Leben meines Clans nicht wegen ein paar Wutausbrüchen riskieren."

Ich biss mir auf die Lippen und nickte. Sie hatte ja recht, wir konnten es nicht riskieren. Aber es war schwer, meinen Hass zu unterdrücken. Martha lächelte mich traurig an." Ich weiss, dass es schwer ist Kind. Aber es gibt nichts, was wir gegen ihn tun können. Geh jetzt schlafen, du wirst die Energie bald wieder brauchen." Sie klopfte mir aufmunternd auf die Schulter und wante sich wieder ihrer Arbeit zu. Ich seuftze und wante mich zum gehen.

Mission Yellow|Lee Felix-UnfinishedWhere stories live. Discover now