♕63 • Schwarzes Blut ♛

Start from the beginning
                                    

Es ist nicht nur die Müdigkeit, sondern auch die Furcht. Ich weiß nicht, wer dieser Mann ist oder auch die Frau, die ich in einem Traum zuvor sah und ich weiß nicht, warum ich sie sehe, aber noch schlimmer als Fremde Wesen zu sehen während man schläft, ist sie zu hören, während man wach ist und gerade höre ich jede seiner Bewegungen.

"Ich kann nicht tun was du von mir verlangst", sage ich und drehe mich um. Erschrocken stolpere ich einen Schritt zurück und starre verwirrt, aber gleichzeitig erleichtert in Jungkooks Gesicht. Ich habe zwar Schritte hinter mir gehört, aber ich hatte nicht bemerkt, dass er bereits so nah an mich heran getreten ist und weil er nichts gesagt hat, dachte ich es wäre wieder in meinem Kopf.

Er runzelt die Stirn und legt den Kopf schief. "Was ist los, Taehyung?", fragt er und sieht mich besorgt an. "Dir scheint es nicht gut zu gehen."

Ich lasse den Blick kurz durch die Gegend wandern um zu sehen, ob irgendwo jemand steht und uns beobachtet, aber obwohl ich nichts sehe, bleibe ich dennoch auf Abstand zu ihm. Er hat mich überrascht, aber ich hätte damit rechnen müssen, dass er mich aufsuchen würde nach dem, was vorhin geschehen ist.

"Dein Vater plant etwas." Ich ignoriere das Pochen meiner Schläfe und hebe den Kopf um ihm in die Augen sehen zu können. "Er wollte nicht, dass ich bei der Verabschiedung meines Bruders dabei bin. Er sagte, er hätte Interesse daran zu erfahren, was er zu sagen hat, wenn ich nicht dabei bin."

"Er hat dich weggeschickt damit dein Bruder reden kann?", fragt er und sieht mich skeptisch an. Ich weiß, was er sich gerade wahrscheinlich denkt, auch ich glaube nicht, dass das der eigentliche Grund dafür ist. König Jeon spielt gerne Spiele, aber keine solchen.

Ich schüttle den Kopf und sehe ihn ahnungslos an. "Sicher nicht." Jungkook glaubt, dass sein Vater den Verstand verliert bedeutet auch, dass das gleiche mit seiner Intelligenz passiert, doch ich befürchte, dass das genaue Gegenteil der Fall ist.

Er spricht weniger, beobachtet und sammelt Informationen. Ich weiß nicht, was er vor hat und genau das ist es, was mich ihn fürchten lässt. Er lässt mich in völliger Ungewissheit.

"Da ist noch was", sage ich und balle die Hände zu Fäusten als ich erneut das leichte prickeln des Windes auf meiner Haut spüre, sowie seinen verwirrten und besorgten Blick auf mir.

Ich spüre wie zuerst meine Beine und dann mein ganzer Körper anfängt zu zittern als die Blätter anfangen zu rauschen. Es ist still, nichts weiter als das sanfte rauschen ist zu hören und doch reagiert mein Körper abwehrend darauf, aus einem bestimmten Grund. "Ich habe Angst, Jungkook."

Er tritt einen Schritt näher an mich heran, aber ich schüttle den Kopf und sehe ihn an. Ich weiß, dass er dazu neigt das Umfeld zu vergessen, wenn wir in solchen Situationen sind, aber egal wie man es sieht, es wäre komisch, wenn jemand sehen würde, wie wir uns berühren.

"Vor der Konfrontation mit Sungjae hörte ich die Stimme eines Mannes im Wind und letzte Nacht sah ich ihn in meinem Traum."

Taehyung.

"Er spricht mit mir", sage ich und schließe die Augen als ich seine Stimme wieder höre. Ich schüttle den Kopf, als könnte ich ihn von mir abschütteln, aber ich weiß, dass das nicht so einfach ist.

"Beruhige dich, Taehyung. Erzähl mir, wer mit dir spricht." Langsam öffne ich die Augen und versuche zu tun, was er gesagt hat und das zittern zumindest ein wenig zu lindern, aber es fühlt sich nicht so an als wäre etwas von der Kontrolle über meinen Körper übrig geblieben.

"Er hatte schwarzes Haar und blasse Haut, wahrscheinlich niemand aus dem Süden. Aber das komische an ihm waren seine Augen. Das eine Braun wie deine und das andere Grün wie das Gras im Sonnenlicht."

Verwirrt runzelt er die Stirn und beugt sich weiter zu mir herüber um leiser sprechen zu können. "Ist es ein Götterwesen?"

Ich verstehe, warum er diese Frage stellt. Jedes Götterwesen war einzigartig, klar unterscheidbar von den anderen und das dank unserer Augen. Es gibt kein Götterwesen in der gesamten Geschichte dessen Augen identisch sind mit denen eines anderen, sei es die Farbe oder die Form der Pupille, wir alle unterscheiden uns voneinander. Jemand mit einem Auge in einem Grün wie das des Mannes in meinen Träumen wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Götterwesen, aber er ist es nicht.

"Weder das, noch ein Hexer oder Seher. Er nannte mir keinen Namen oder einen Herkunftsort, ich bin mir nicht einmal sicher, ob er überhaupt existiert." Meine Haare werden mir in das Gesicht geweht als der Wind plötzlich anfängt stark zu wehen und kurz darauf höre ich ihn.

Dein Weg führt nach Taylin.

"Wie meinst du das?"

"Ich meine, dass ich meinen Verstand verliere, Jungkook!" Ich fühle mich hilflos, gefangen in meinem eigenen Körper ohne die Macht irgendetwas dagegen tun zu können. "Als Marsex anfing seine Schlachtpläne gegen die Menschen zu erstellen, wurde er von Stimmen geleitet. Er sagte, sie begleiteten ihn durch sein Leben, sie halfen ihm bei Entscheidungen und sie waren dabei wenn er Schlachten schlug. Diese Stimmen haben seinen Wahnsinn genährt, Jungkook und derselbe Wahnsinn fließt durch meine Adern."

"Hör auf!" Plötzlich verstummte alles. Es war, als würde seine Stimme mich aus irgendetwas reißen und auch der Wind tanzt nicht länger auf meiner Haut. Er tritt einen Schritt nach vorne und ich sehe wie sehr er sich zusammenreißen muss um nicht auch die Hände nach mir auszustrecken. "Du bist nicht Marsex, Taehyung und Wahnsinn liegt nicht im Blut. Er entsteht in deinem Kopf."

Er schnaubt und fährt sich mit der Hand durch die Haare. "Ich weiß nicht, warum du diese Stimme hörst, aber es wird einen Grund haben. Lass dich nicht davon beherrschen wie Vater es tut. Kontrolliere es."

Ich spüre, wie mein ganzer Körper sich entspannt als wäre er eine Last los geworden. Die Stimme wird nicht verstummen, die Träume nicht verschwinden, aber das ist es auch nicht, was mich diesen Ansturm von Glück verspüren lässt.

Als Jungkook meine Wunde säuberte, sagte er nichts über das schwarze Blut, dass daraus floss. Er verzog nicht einmal das Gesicht und ich weiß bis heute nicht, was er darüber denkt, aber das brauche ich auch nicht zu wissen. Genau wie jetzt gerade als ich ihm erzählte, dass ich mich selber für gefährlich halte, sieht er mich dennoch immer als ihm gleichgestellt an.

Alle Menschen denen ich begegnet bin fürchteten oder verachteten mich. Ich war mir dessen stets bewusst, aber es war für mich Normal geworden. Jungkook ist der erste, der mich weder fürchtet, noch verachtet und mich auch nicht nur für das bewundert, was ich bin. Ich weiß nicht warum, aber er liebt mich und das ist das einzige woran ich mich gerade Klammern kann.

"Er sagte etwas, was ich nicht vergessen kann. Es klang wie eine Prophezeiung." Ich erinnere mich an seine Worte, ich höre seine Stimme ganz klar in einem Kopf wann immer ich daran denke. "Kalter Wind weht von Süden. Jungfrau und Blutfeuer, Todbringer und Wasserzähmer, der verlorene Sohn und das dritte Auge. Traue niemandem von ihnen, dein Blut wird dich verraten."

Erneut denke ich an das schwarze Blut, an die Verbindung zu Marsex, die ich nicht leugnen kann und ob etwas an den Worten der Menschen dran ist, ob an uns wirklich ein Fluch hängt. Es wäre Unsinn daran zu glauben, es würde den Lehren der Götter in allem widersprechen, denn es würde bedeuten, dass mein Schicksal bereits vorherbestimmt ist.

"Weißt du, was das bedeuten soll?", fragt Jungkook und sieht mich fragend an.

Ich sehe in seinem Blick, dass er alles dafür tun würde um mir weiter zu helfen und ich weiß, dass er sich daran klammern wird bis er weiß, was es bedeutet. Vielleicht wäre es besser gewesen, es ihm nicht zu erzählen, aber ich kann keine Geheimnisse vor ihm verbergen, nicht nachdem ich ihm mein Wort gegeben habe.

Ich würde gerne sagen, dass ich es weiß und uns beide von der Unwissenheit erlösen, aber ich weiß nur, dass diese Worte eines ganz klar voraussagen.

"Ich werde sechs Mal Verrat erleben."

Begin |Vkook|Where stories live. Discover now