♕54 • Entscheidungen ♛

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Taehyung

Ich nehme einen weiteren Schluck vom Wein und werfe einen Blick auf Joohyun, die ganz abgelenkt in die Menge starrt, die in der Mitte des Saales tanzt. Sie wippt mit dem Kopf und ihre Augen glänzen während sie mit ihren Fingern den Rhythmus der Musik auf den Handrücken ihrer anderen Hand klopft.

Ich schenke ihr ein lächeln als sie mich kurz ansieht und sie erwidert es, bevor sie wieder gebannt auf die Tanzfläche starrt. Langsam lasse ich meinen Blick durch den Saal wandern während ich versuche die Leute, die sich noch nicht auf die Terrasse oder das Schlafzimmer zurück gezogen haben, nicht allzu auffällig anzustarren.

Es sind in etwa fünfundsiebzig Gäste, nicht annähernd so viele wie auf der Hochzeit erscheinen werden und dennoch war ich bereits heute damit überfordert mir die Namen der meisten von ihnen zu merken. Allerdings war ich überrascht von ihrer Offenheit mir gegenüber, denn einige ihrer Gesichter erkenne ich aus Illiora wieder, wenn ich mich rausschlich um zu sehen wer zu den Feierlichkeiten kam, an denen ich nicht teilnehmen durfte. Sie sehen mich heute zum ersten Mal, aber obwohl ich ihre Namen nicht kenne, kenne ich ihre Gesichter.

Mein Blick schweift verloren durch den Raum und ich nehme erneut einen Schluck des überraschend leckeren Weines als ich doch jemanden sehe, dessen Name mir nicht unbekannt ist. Er trägt ebenfalls einen roten Gehrock, aber es ist ein dunkles Rot, so rot wie der Wein in meinem Kelch. Ich versuche meinen Blick abzuwenden, mich nicht zusätzlich zu quälen, aber er bleibt an ihm hängen.

Er hat seine Haare zurück gekemmt, etwas was er nicht häufig tut, aber diese Frisur betont sein markantes Gesicht, die geschwungenen Lippen, die makellose Haut und die wärme seiner Augen. Es ist die Feier anlässlich meiner Verlobung mit seiner Schwester, eine Hochzeit, die er mit allen Mitteln verhindern will. Mir war bewusst, dass er vielleicht nicht sofort auf mich zu kommen würde, aber er hat mich den ganzen Abend nicht einmal angesehen.

Ich lasse die Hand mit dem Wein sinken als die Königin, die wir am Tag der Anreisen gesehen haben, ihre Hand an den Griff von Jungkooks Schwert legt und ihn näher an sich heran zieht. Sie vergräbt ihr Gesicht an seiner Schulter während sie ihm etwas zu flüstert und mit ihren Brüsten schmiegt sie sich enger an ihn.

Sofort wende ich den Blick ab und nehme noch einen Schluck von dem Wein, als mein Blick geradewegs auf den eines anderen ungeliebten Gastes trifft. Ich sehe nicht weg, aber ich verziehe auch keine Miene während er auf uns zu kommt und sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitet.

Es ist noch gar nicht so lange her, es sind knapp zwei Jahre vergangen seit ich ihn das letzte Mal sah und dennoch fühlt es sich im Moment an als würde ich einen Geist meiner Vergangenheit sehen, einen Geist, den ich bereits längst vergessen hatte. Ich spüre wie eine Welle des Neides mich überkommt als ich den blauen Gehrock und die Brosche des Schwertmeisters an seiner linken Brust sehe. 

Vater hatte ihm in meiner Anwesenheit also das Amt übertragen. Die Brosche ist relativ simpel, sie ist aus silber und zeigt eine Hand in einem Kreis, die ein langes Schwert hält. Es ist das zweithöchste Amt in Illiora, das einzig höhere ist das des Königsflüsterers, des engsten Beraters des Königs, der mit einer Brosche aus Gold ausgezeichnet wird.

Das Vater ihm nicht diese Brosche gegeben hat zeigt, dass er wenigstens einen Teil seines Verstandes noch bei sich hat, aber Sungjae die Befehlsgewalt über die Armee zu geben, kann sich nur als Fehler entpuppen. Er ist ein Mann ohne Kontrolle und Grenzen, die er einfach verwischt und übertritt statt vor ihnen zu halten. Es ist nie clever einem Mann, der Gewalt als besten Weg der Herrschaft ansieht die Waffen zu geben um das zu realisieren. Er mag vielleicht kein König sein, aber irgendwann ist er es und wenn dieser Tag gekommen ist, dann versinkt der Norden im Chaos.

Begin |Vkook|Where stories live. Discover now