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Tonis Herz schlug ihm bis zum Hals allein bei dem Gedanken an das, was er jetzt vorhatte. Rezo hatte seine Lippen wieder von Tonis gelöst, die Hände behutsam von seinem Gesicht genommen und grinste ihn nun selbstbewusst mit einem Gesichtsausdruck an, der sagte: Ich weiß genau, dass es dir gefallen hat. Doch Rezo sollte mal nicht glauben, dass er ungestraft alles mit Toni anstellen könnte.

Rezo war noch immer von Tonis wunderschönen, braunen Augen gefesselt. Sie waren sanft, manchmal auch sehr verletzlich, aber jetzt gerade lag nichts anderes in ihnen als Zufriedenheit. Es dauerte jedoch nur einen Sekundenbruchteil, bis diese Zufriedenheit mit einem Mal in Angriffslust umschlug. Rezo bemerkte zwar noch, wie sie in Tonis Augen aufblitzte, der Moment war aber viel zu kurz, als dass er noch eine Chance gehabt hätte, sich zu wehren. Plötzlich spürte er Tonis weiche Lippen energisch auf seinen und seine Hände fordernd in seinem Nacken. Völlig perplex überlegte er kurz, ob er Toni wegstoßen oder den Kuss zulassen sollte.

Zu Tonis Glück entschied er sich für zulassen. Toni spürte, wie Rezos Körper sich entspannte, wie Rezo ihm nachgab und schließlich begann, den Kuss zu erwidern.

Rezo hatte keinen blassen Schimmer, warum Toni ihn nun so küsste, aber er hatte auch keine Lust darüber nachzudenken. Es war egal. Jetzt gerade in diesem Moment fühlte es sich gut an. Also musste es auch richtig sein. Dass das keine Sternstunde der Logik war, war Rezo klar, aber er ignorierte es einfach ebenso.

Rezo spürte Tonis weiche Lippen und seinen Bart. Er hätte gedacht, dass ihn der viel mehr stören würde, aber das tat er nicht. Dafür war Toni zu gut in dem, was er tat. Rezo wusste ganz genau, wie viel Erfahrung Toni hatte - er hatte es ihm ja haarklein jedes Mal erzählt - aber er hätte es sich nicht träumen lassen, dass er mal davon profitieren würde. Toni spielte mit Rezos Lippen und mit seiner Zunge, berührte seinen warmen Körper mit seinem eigenen und fuhr stürmisch mit seinen Händen durch Rezos duftende, blaue Haare. Rezo verlor sich völlig in Tonis Kuss.

Als sie sich wieder voneinander gelöst und die Augen geöffnet hatten, grinste Toni Rezo viel zu breit an.

„Was war das denn?" fragte Rezo mit einem Lachen. Er klang weder wütend noch vorwurfsvoll, nur ehrlich überrascht.

„Naja, du weißt doch...", sagte Toni süß, „Dinge passieren."

Manche Dinge, die eben so passierten, hatte Rezo später auch bereut. Doch das hier würde nicht dazu zählen. Es war ein schöner Moment zwischen ihm und Toni, aber zwischen ihnen waren die Verhältnisse klar genug, als dass es zu Verwirrung hätte kommen können.

Rezo fiel eine blaue Strähne ins Gesicht. Toni grinste ihn an. Erst jetzt bemerkte Rezo, dass Toni seiner Frisur ziemlich zugesetzt hatte. Rezo sah auf den mittlerweile schwarzen Monitor, da er die nächste spiegelnde Fläche bot, und betrachtete sich. Mit Frisur hatte das nicht mehr viel zu tun. Aber auch egal. Der Dreh für das Video war erst morgen und wenn seine Haare heute bei der Aufnahme nicht gut aussahen, würde das außer Toni niemand mitbekommen. Apropos Aufnahme.

„Und jetzt machen wir weiter, Toni!", sagte Rezo gespielt autoritär, „keine Ablenkungen mehr. Sonst werden wir nicht mehr fertig heute."


Natürlich war das mit dem „keine Ablenkungen" so eine Sache und so war es doch schon weit nach Mitternacht, als sie endlich ins Bett gehen konnten. Rezo hatte Toni höflicherweise zwar angeboten, auf dem Sofa zu schlafen, aber beiden war klar, dass das bei der Vertrautheit, mit der sie miteinander umgingen, absolut überflüssig war.

Als Toni aus dem Bad kam, lag Rezo schon im Bett und hatte die Decke bis unters Kinn über sich gezogen. Toni überlegte, ob Rezo wohl noch etwas anhatte - bei ihm konnte man da letztendlich nie sicher sein. Schließlich war er aber doch mutig genug, sich zu Rezo zu legen und die Büchse der Pandora zu öffnen. Rezo hatte etwas an. Seine Boxershorts - aber immerhin. Hätte schlimmer kommen können. Das bisschen Stoff reichte Toni, um sich neben Rezo nicht unwohl zu fühlen.

Toni drehte sich auf die Seite und schloss die Augen, um wenigstens noch ein bisschen Schlaf in dieser Nacht zu bekommen. Doch Rezo hatte offenbar andere Pläne mit ihm. Plötzlich spürte Toni Rezos Fingerkuppen auf seinem Rücken und wie er langsam anfing, ihn leicht zu massieren. Er wusste, was das hieß: Rezo war kuschelig drauf. Aber nach allem, was heute zwischen ihnen eh schon passiert war, gab Toni dem nur zu gerne nach. Außerdem konnte Rezo wirklich gut massieren. Er war sehr sanft, hatte aber gleichzeitig auch eine gewisse Kraft. Beides zusammen ließ Toni sich völlig entspannen.

„Warte kurz", durchbrach er schließlich doch die angenehme Stille, die zwischen ihnen geherrscht hatte. Toni zog sein T-Shirt aus, um Rezos Berührungen direkt auf seiner Haut zu spüren und sie noch intensiver genießen zu können.

Doch Rezo hörte zunächst auf, ihn zu massieren und drehte Toni sanft auf den Rücken. Er betrachtete die vielen Tattoos auf seinen Armen, seiner Brust und seinem Bauch und wie perfekt sie mit den Linien, die die gut definierten Muskeln auf seinem Körper zeichneten, harmonierten. Rezo hatte kein Problem damit, sich einzugestehen, dass Toni schon echt hübsch war. Auch als heterosexueller Mann war es sein gutes Recht, einen anderen Mann schön zu finden. Und für Menschen, die das immer noch nicht kapiert hatten, hatte er nicht viel anderes übrig als ehrliches Bedauern. Wann in der Geschichte hatte es eigentlich angefangen, dass heterosexuelle Männer einander nicht mehr schön finden durften, weil sie Angst davor hatten als schwul zu gelten? Dabei war es doch so etwas Wunderbares, Schönheit zu empfinden.

Toni bemerkte, wie Rezo zwar ganz sanft mit dem Zeigefinger, an seinen Muskelsträngen entlangfuhr, geistig aber total abwesend war und offenbar über etwas anderes nachdachte. Toni bewunderte Rezo oft dafür, wie komplex er dachte und wie reflektiert er Dinge in Frage stellte. Gerade in diesem Moment fand er ihn aber in erster Linie süß. Und deshalb würde er ihn jetzt ein bisschen ärgern.

Ziemlich unsanft wurde Rezo aus seinen Gedanken gerissen. Toni lag halb über ihm und kicherte. Er hatte den kurzen Moment, in dem Rezo unaufmerksam gewesen war, genutzt und ihn auf den Rücken geworfen.

„Worüber hast du so angestrengt nachgedacht?", fragte Toni lächelnd.

Rezo zögerte, entschied sich dann aber doch die Wahrheit zu sagen: „Dass du ein echt hübscher Mann bist, Toni. Und dass ich froh bin, dass ich dir das sagen kann, ohne dass es komisch zwischen uns wird."

Toni lächelte wie eine Märchenprinzessin bei ihrer Hochzeit. „Nawww, du Süßi!", sagte er und kuschelte sich an Rezos Brust. Er fuhr mit der flachen Hand durch Rezos Brusthaare.

„Und jetzt lass uns endlich schlafen, Batman!", sagte Toni, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, die Nacht woanders als in Rezos Armen zu verbringen.


Es musste schon Morgen sein, dachte Rezo, als er im dämmerigen Nebel seines Halbschlafes Schritte im Flur und einen Schlüssel hörte. Vermutlich gingen seine Nachbarn zur Arbeit. Es war ja schließlich unter der Woche. Die Armen! Er war froh, dass er keinen normalen Job hatte. Andererseits war er Informatiker. Gab es überhaupt Informatiker, die früh aufstanden? Vermutlich nicht. Auch egal. Es war gerade alles gut so wie es war. Er tastete vorsichtig nach Toni, um sich zu vergewissern, dass er noch da war. Dann kuschelte er sich wieder eng an ihn.

Im nächsten Moment fuhr Rezo hoch. Fuck, das waren nicht seine Nachbarn! Er schlug die Augen auf - und blickte geradewegs in das etwas verdutzte Gesicht von TJ. Shit, er hatte ihm gesagt, dass er ihn für den Dreh heute brauchte. Von Rezos Hektik wurde auch Toni wach.

„Lasst mich raten: Es ist nicht das, wonach es aussieht", lachte TJ, der aber beim Anblick seines oberkörperfreien Chefs, der sich an den ebenso oberkörperfreien Toni kuschelte, insgeheim zu allen Göttern betete, dass die beiden wenigstens im Bereich unterhalb des Bauchnabels, über dem die Decke lag, noch etwas anhatten.

Toni grinste verschlafen. Rezo überlegte unterdessen was schlimmer war: TJ zu erzählen, was passiert war, oder TJ sich ausmalen zu lassen, was passiert sein könnte.



Soll Rezo TJ erzählen, was zwischen ihm und Toni passiert ist oder soll er ihn lieber im Unklaren lassen?

Als ob die beiden irgendetwas Schlimmes angestellt hätten. Das kann TJ ruhig erfahren. Und mal ernsthaft, will man TJ wirklich mit seiner Fantasie alleine lassen? Weiter bei 13.

Vielleicht ist es doch auch ganz schön, wenn nur die beiden wissen, was an Rezoni dran ist. TJ kann sich ja denken, was er will, aber er muss es ja nicht wissen. Weiter bei 29.


Confusing Fantasy - Ist Rezoni real?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt