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Wer, wenn nicht Nia? Das wusste Toni selbst genau. Er hatte zwar nicht die leiseste Ahnung, wie er Nia erklären sollte, was gerade passiert war, aber es würde schon irgendwie passen. Er setzte sich im Schneidersitz auf den Stein, zog seine Jacke zu und wählte Nias Nummer.

„Hey, was gibt's?", hörte er Nia am anderen Ende.

„Ich weiß gar nicht, wie ich das sagen soll... Ich habe was Dummes gemacht. Ich... Ich habe Rezo geküsst."

Nia antwortete nichts. Er verstand nicht, warum Toni so ein Aufheben darum machte. Es war ja schließlich nicht das erste Mal, dass das passiert war und wenn man sah, wie vertraut die beiden sonst miteinander umgingen, kam das für Nia weder überraschend noch hätte er das als „etwas Dummes" bezeichnet.

„Und?", fragte Nia nur.

„Ey, Nia, du musst das verstehen. Es ist anders als sonst. Wir haben uns geküsst. Ich meine, richtig geküsst. Und dann habe ich... Ich habe für einen Moment die Kontrolle verloren und wirklich kurz darüber nachgedacht, Sex mit Rezo zu haben."

„Und?"

„Was ‚und'?"

„Ist es passiert?"

„Nein, natürlich nicht", sagte Toni aufgebracht, „also, hauptsächlich deshalb nicht, weil Rezo mich davon abgehalten hat, aber ich war kurz davor. Ich wollte ihn."

„Bist du noch bei Rezo?", fragte Nia, obwohl die Antwort eigentlich relativ offensichtlich war.

„Nein, ich bin draußen. Irgendwo in der Aachener Innenstadt."

„Hast du mit ihm geredet?"

„Nein. Ich bin einfach gegangen. Ich konnte das nicht. Ich konnte ihm nicht mehr in die Augen schauen."

„Warum nicht?"

„Kannst du dir das nicht denken?", fuhr Toni Nia an.

„Nein, kann ich nicht. Sonst würde ich nicht fragen." Nias Stimme klang ruhig und vernünftig. Er hatte beinahe etwas Stoisches an sich. Dem völlig aufgedrehten Toni tat diese Stimmlage jedenfalls gut. „Ist Rezo sauer auf dich?", fragte Nia weiter.

„Ich glaube... nicht...", so langsam dämmerte Toni, worauf Nia hinauswollte.

„Habe ich mir auch nicht vorstellen können."

„Du meinst, dass ich zu ihm zurückgehen und mit ihm reden soll, oder?"

„Das wäre das, was ich jetzt tun würde."

„Ich danke dir, Nia, wirklich, vielen Dank!"

Toni legte auf. Nia hatte Recht. Was Toni getan hatte, war ihm unangenehm und er schämte sich vor Rezo. Aber er hatte nichts getan, was ihre Freundschaft irreparabel beschädigt hätte.


Kurz darauf stand Toni wieder vor Rezos Tür. Rezo öffnete und war nicht allzu überrascht, Toni vor sich zu sehen. Er setzte an, um etwas zu sagen, kam aber nicht dazu.

„Es... es tut mir so leid!", schnitt Toni ihm das Wort ab, „ich weiß nicht, was in mich gefahren ist."

„Es braucht dir nicht leid tun", sagte Rezo aufrichtig. Seine Eltern hatten ihm offenbar gründlich beigebracht, wie das mit der Vergebung ging. „Komm mit!" Rezo zog Toni ins Wohnzimmer und platzierte ihn wieder auf der Couch. Er legte freundschaftlich seinen Arm um ihn, wie er es schon hundert Mal getan hatte, und wartete, bis Toni sich auf die Umarmung einließ.

„Wirklich es tut mir leid. Ich hätte dich nicht so überfallen sollen. Ich hätte das überhaupt nicht tun sollen", entschuldigte Toni sich schon wieder.

Rezo grinste böse: „Du hast doch deine Unschuld verloren, nicht ich. Ich kann ‚Ich habe noch nie Tonis Penis berührt' weiterhin guten Gewissens mit ‚nein' beantworten."

Toni jammerte. Er wusste, dass Rezo ihn noch jahrelang damit aufziehen und das gegen ihn verwenden würde. Doch im Moment war er einfach nur froh, dass er in Rezos Armen liegen konnte, ohne dass es sich anders anfühlte als sonst.


Ende

Confusing Fantasy - Ist Rezoni real?Où les histoires vivent. Découvrez maintenant