Chapter Three

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Chapter Three ||

Hey Satan, paid my dues
Playing in a rocking band
»Highway to Hell«

Mac

Ein schlechtes Gewissen plagt mich. Rückblickend reicht keine Erinnerung daran, wie unwohl ich mich fühle. Sogar der Tag, an dem ich einer Mitschülerin grundlos an den Haaren gezogen habe, kann nicht über diese Empfindung hinweg täuschen.

Meine Schicht im Collins, eine Bar im südlichen Stadtteil Los Angeles, wird begleitet von einem bedrückenden Gefühl in meiner Brust. Als hätte sich ein Stein in meinem Brustkorb eingenistet, der droht, mich jeden Moment mit in den Abgrund zu ziehen.

Unkonzentriert erledige ich meine Arbeit, bin im Geiste bei der gestohlenen Ware, die sich hinten in meinem Spind befindet. Geplant war nach Feierabend zum nächsten Schmuckhändler zu gehen, um die Sachen schnellstmöglich einzutauschen. Das Geld würde genügen, einige meiner Sorgen vorerst zu vergessen, bis ich mir einen besseren Plan ausgeklügelt habe – bevorzugt weniger kriminell.

Je länger ich darüber nachdenke, desto lieber würde ich meinen Kopf gegen die nächste Oberfläche schlagen. Wie konnte ich bloß eine solche Dummheit begehen?

»Stopp, hör auf! Ich kann nicht mehr zusehen, wie du dir deinen Daumen abschneidest.« Ich halte in meiner Bewegung inne, sehe die scharfe Klinge über meinem Finger schweben. Widerstandslos trete ich beiseite, überlasse meiner Kollegin, Mitbewohnerin und besten Freundin Tate Wyatt das Schneiden der Limetten. Kopfschüttelnd nimmt sie mir das Messer aus der Hand.

»Willst du mir erzählen, was gestern bei dir passiert ist? Du schaust über die Schulter, als seist du eine Verbrecherin auf der Flucht.« Tate lacht, bemerkt glücklicherweise nicht meine aufkommende Blässe. Wenn sie wüsste, wie nahe sie der Wahrheit ist.

Nachdem ich aus dem Zimmer gerannt bin, meldete ich mich aus gesundheitlichen Gründen bei der Eventplanerin ab. Sie glaubte mir kein Wort, auch nicht als ich eine oscarreife Vorstellung ablegte, indem ich in eins der unzähligen Bäder floh und Würgegeräusche simulierte. Die Planerin schrie durch die verschlossene Tür, ich solle gefälligst verschwinden. Zum Abschied schob sie mir einen Gehaltscheck unter dem Türspalt hindurch. Lediglich die Hälfte des vereinbarten Lohns hatte sie ausgeschrieben. In dem Augenblick fühle ich mich in meiner Entscheidung, das Gestohlene mitzunehmen, bestätigt. Ich würde das Geld in so kurzer Dauer niemals zusammenkriegen.

Betont locker, spiele ich mein eigenartiges Verhalten herunter. »Es ist nichts Besonderes geschehen, nur der übliche Wahnsinn. In der Nacht habe ich einfach schlecht geschlafen, darum macht mich das viele Koffein flatterig. Wann bist du eigentlich zurückgekommen? Die Wohnung war leer, als ich ankam.«

Frustriert stöhnt Tate, woraufhin sie in ihrem leichten Südstaatenakzent zu erzählen beginnt. »Ich war mit diesem Kerl, der momentan für das Kunst Seminar Aktmodell steht, auf einer Party bei irgendeiner Studentenverbindung. Bevor du mich belehrst, ich weiß, es war sehr unprofessionell mich auf ein Treffen einzulassen, aber er hatte mich zuerst angesprochen und schien damals ziemlich nett.«

»Wart ihr bei ihm zu Hause?«

Tate Wyatt war schon immer eine ehrliche Seele, die ihr Herz auf der Zunge trägt. Sie ist eine Heilige, verglichen mit manch anderen, du skrupellose Lügnerin.

»Ja«, gibt sie zähneknirschend zu, »aber es entpuppte sich als totale Katastrophe. Er wohnt noch bei seinen Eltern, die extra wach geblieben sind, damit sie ihrem Sohn ein frohes neues Jahr wünschen können. Es war furchtbar unangenehm, ihnen im Wohnzimmer zu begegnen, da alle Beteiligten wussten, weswegen er mich abgeschleppt hat. Irgendwann haben wir uns losreißen können und sind in seinem Zimmer verschwunden, das zufällig direkt neben dem seiner Eltern liegt. Es lief alles gut, bis seine Mutter hineinplatzte, um zu fragen, was wir am Morgen zum Frühstück haben wollen. Sie wirken nicht einmal schockiert, eine Unterhaltung über Zerealien zu führen, während ich halb nackt unter der Decke lag und er seine Hand zwischen meinen Beinen hatte. Ich wette, ihm gefiel sogar erwischt worden zu sein.« Haltlos entkommt mir ein Lachen. Diese Geschichte ist tatsächlich eine der weniger schlimmen, die ihr zugestoßen sind. Tate hat schon viele miese Verabredungen über sich ergehen lassen, welche auf die ein oder andere skurrile Art endeten – ein Blind-Date hatte Tate mal zu der Beerdigung seiner verstorbenen Großmutter mitgenommen. Er war der Auffassung, auf diese Weise den peinlichen Small Talk überspringen zu können, um sofort zu den wichtigen Themen anzulangen.

𝐇𝐢𝐫𝐚𝐞𝐭𝐡 - 𝐚𝐥𝐦𝐨𝐬𝐭 𝐥𝐨𝐯𝐞Where stories live. Discover now