Chapter Seven

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Chapter Seven ||

When I leave, don't save my seat
I'll be back when it's all complete
»Chlorine«

Liam

Unfassbar, mich einen erfolgreichen Musiker nennen zu dürfen. Man sollte annehmen, ich könnte mit dem Talent umgehen, geradezu ein Genie sein. Über die vergangenen Jahre müsste ich mir das Wissen wie Lieder komponiert, damit sie nicht nur gut klingen, sondern zu etwas Einzigartigem werden, angeeignet haben.

Statt mich in der Vielschichtigkeit der Musik zu verlieren, starre ich meine Gitarre an. Unschuldig steht das Instrument in seiner Halterung inmitten meines Tonstudios. Ein Schlagzeug in der hinteren Ecke, ein schwarzer Steinway & Sons Flügel, sowie meine Gitarrensammlung finden sich hier ein; ergeben eine Spielhölle für Musiker. Üblicherweise verleitet einen der bloße Anblick des Raumes, mich auf einen der Hocker mitsamt Gitarre niederzulassen, um von neuen Klängen inspiriert zu werden. Nun hocke ich hier, unbeeindruckt von der Aura, die dieses Zimmer umgibt.

Fuck.

Meine Frustration schürt der unbekannte Ursprung dieser Blockade. Eines Morgens wachte ich auf und fand gähnende Leere. Keinen Funken Inspiration. Weder in meinem Kopf noch in meinem Herzen, aus dem die besten unserer Lieder entstanden sind. Beim Schreiben eines Songs gibt man ein Bruchteil seiner Seele mit ihm mit – eine Komposition aus Herzblut, Schweiz und Tränen.

Langsam hebe ich die Tasse, schlucke den kalten Kaffee würgend hinunter. Nachdem ich wegen eines Albtraums aus dem Schlaf gerissen wurde, ist die Müdigkeit in meinen Knochen passé. Dennoch nagen Bilder des Traums wie lästige Fliegen an mir.

Von einer plötzlichen Rastlosigkeit gepackt, stelle ich den Becher beiseite und widme mich einer der Akustik Gitarren. Ich fasse das Instrument an seinem Hals und drücke es an den unteren Bauch. Das Gewicht in meinen Händen fühlt sich vertraut an. Als meine Finger über die Nylonsaiten streifen, hallen die Töne von den Wänden. Ich wiederhole den Vorgang, dann ein drittes Mal. Mit geschlossenen Augen konzentriere ich mich auf die Saiten an meinen Fingerkuppen. Nehme die Geräusche des Instrumentes wahr. Fühle, wie die Vibration durch meinen Körper geleitet wird, mich auf eine Art weckt, wozu Koffein nie imstande wäre. Wahllos schlage ich Akkorde an. Verscheuche die ohrenbetäubende Stille, will unbedingt lauter sein als meine Erinnerungen, die mich seither verfolgen.

Irgendwann klärt sich meine Sicht. Ich halte inne, stehe meinem Spiegelbild in der Glasscheibe zum Regieraum gegenüber. Das Bild verursacht einen pochenden Schmerz – überall und nirgendwo richtig.

Der Kerl ist mir unbekannt. Ein Fremder, der aussieht wie ich. Den Mann, den ich kannte, wäre niemals alleine hier. Er wäre von seinen drei besten Freunden umgeben. Sie würden vor Leidenschaft und grenzenloser Begeisterung keinen Fuß hinaussetzen. Sie hätten Tage und Nächte gemeinsam an dem Projekt gearbeitet, bis sie schlaflos aus dem Raum heraus stolpern würden, um der Welt zu verkünden, dass es vollbracht ist. Die Rohfassung eines neuen Albums. Den Meilenstein würden sie dann bei IHOP mit saftigen Pancakes feiern, dabei über vergangene Zeiten reden.

Doch dieser Unbekannte ist ein Versager, der es kaum hinbekommt, ein Instrument zu spielen, ohne seinen Verstand zu verlieren.

Wut steigt in mir auf. Vertreibt nicht die Zweifel, aber ergreift genug Besitz von mir, dass es sich unfassbar gut anfühlt, die Gitarre im hohen Bogen gegen den Hocker zu schlagen. Holz trifft auf Holz, einige Splitter fliegen durch die Luft. Erneut hole ich aus. Der Hals der Gitarre bricht, die Saiten reißen erst nach dem dritten Aufprall. Ich bin nicht einmal außer Atem, nachdem ich meine leeren Hände betrachte. Ein unstillbarer Drang überkommt mich. Bewegung. Das wird helfen können.

𝐇𝐢𝐫𝐚𝐞𝐭𝐡 - 𝐚𝐥𝐦𝐨𝐬𝐭 𝐥𝐨𝐯𝐞Where stories live. Discover now