Chapter One

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Chapter One ||

Mac

Mein momentaner Zustand ist mit nichts Besseren zu beschreiben als purer Verzweiflung. Ich bin nicht besonders stolz darauf, was ich im Begriff bin zu tun. Doch Mom pflegte zu sagen: Verzweifelte Situationen erfordern verzweifelte Maßnahmen.
Wenn ich bloß gewusst hätte, in was ich geradewegs hineinstürze ... vielleicht wäre ich bei der Wahl, mit wem ich mich anlege, vorsichtiger gewesen.

Ich lasse meinen Blick umher wandern, verarbeitet die dargebotene Szenerie, ehe ich mir einen kräftigen Ruck gebe. Darauf bedacht, mit niemand den Weg zu kreuzen, schlängle ich durch die Menge. Zielstrebig setze ich einen Fuß vor den anderen, bis ich vor einem niedrigen Tisch zum Stehen komme.

»Kann ich Ihnen noch etwas bringen, Sir?«, frage ich in einem saften Ton. Freundlich und zuvorkommend sein, mein Motto, dem ich, sobald es um die Arbeit geht, seither treu ergeben bin. Obwohl ich am heutigen Abend lediglich eine Aushilfskraft bin, erwartet mein anonymer Arbeitgeber einen gewissen Grad an Professionalität, die ich an den Tag legen soll.

Der Kopf des Fremden schießt in die Höhe. Für eine Sekunde nehme ich an, er wird mich dafür rügen, ihn in seiner Unterhaltung unterbrochen zu haben. Nach einer lasziven Musterung angefangen bei meinem Gesicht, hinab über meinen Körper, verziehen sich jedoch seine Mundwinkel zu einem süffisanten Grinsen. Gut möglich, dass der Fremde gerade mit mir flirtet, aber meine Gefühle sind in der Hinsicht abgestumpft – was mir bei seinem Anblick keineswegs schwerfällt. Der Fremde erinnert mich an eine schlechte Imitation von Danny DeVito, nur um noch weitere zehn Jahre gealtert. Ich schlucke das aufkommende Unbehagen hinunter und ersetzte es durch ein strahlendes Lächeln.

»Hallo«, der Fremde zieht das Wort gekünstelt in die Länge, wobei seine Augen unverblümt an meinen entblößten Beinen verharren, »bringen Sie mir noch ein Tumbler Ihres teuersten Bourbons und der Lady einen Martini. Danke, Zuckerpuppe.«

Ich muss mich beherrschen, nicht genervt die Augen zu rollen. Natürlich verlangt er nach dem teuersten Drink. Als wäre der Preis ausschlaggebend darüber, ob etwas gut oder schlecht ist.

Nach jahrelanger Übung als Kellnerin prallt seine arrogante Selbstverständlichkeit an mir wie bei einer Betonwand ab – Trumps klägliche Mauer ist ein Witz dagegen. Halbherzig erwidere ich sein Schmunzeln. Ich zucke zusammen. Offenbar muss er mein Lächeln als Einladung verstanden haben, seine Hand auf meinen Hintern zu legen.

Mittlerweile räume ich den Tisch ab. Ignoriere dabei die Hand, welche unaufhörlich in mein Fleisch kneift und betrachte aus dem Augenwinkel seine Teenager Freundin, die kichernd in einem Gespräch vertieft ist. Wäre ich nicht auf das Geld angewiesen, würde der Grapscher bereits bereuen, mich so ungeniert angefasst zu haben. Statt eine Szene zu provozieren, verfluche ich ihn im Geiste mit allen widerlichen Geschlechtskrankheiten. Bevor ich mich abwenden kann, packt er mein Handgelenk. Auch als sein Griff stärker wird, verziehe ich keine Miene, was allein meinem einstudierten Poker Face zu verdanken ist. Über ihn gebeugt, streift sein abgestandener Atem meine Wange. Für außenstehende Personen muss es nach einer vertrauensvollen Unterhaltung aussehen, aber ich glaube, seine feuchte Zunge auf meiner Haut zu spüren. Widerlich.

»Komm bald zurück, meine Zuckerpuppe. Dann erkläre ich dir liebend gern detaillierter von meinen Wünschen für den restlichen Abend«, raunt er. Ganz bestimmt nicht, du Dreckskerl.

Schnellen Schrittes entferne ich mich. Am liebsten würde ich umkehren und ihm zeigen, wonach ich mich gerade sehne – meine Faust in seinem Gesicht und das befriedigende Knacken einer gebrochenen Nase, aber für den Moment muss die Vorstellung genügen. Pazifistin zu sein, ist bei solch Perversen eine schwierige Herausforderung.

𝐇𝐢𝐫𝐚𝐞𝐭𝐡 - 𝐚𝐥𝐦𝐨𝐬𝐭 𝐥𝐨𝐯𝐞Where stories live. Discover now