𝐇𝐢𝐫𝐚𝐞𝐭𝐡 - 𝐚𝐥𝐦𝐨𝐬𝐭 𝐥𝐨𝐯𝐞

Chapter Four

Chapter Four ||

I've been running hot
You got me ticking going to blow my top
»Start Me Up«

Liam

Ich hatte mir keinen genauen Plan ausgedacht, wie ich die Sache am besten angehe. Das Letzte womit ich rechnete, war, mich wie ein Verbrecher von hinten an sie heranzuschleichen und sie gegen die nächstgelegen Wand zu pressen.

Der verschreckte Ausdruck in ihren goldbraunen Augen hat sich auf meine Netzhaut eingebrannt, wird wieder und wieder abgespielt, sobald ich meine Lider schließe. Trotz der Panik in ihrem recht hübschen Gesicht kaufe ich ihr die Unschuldsnummer nicht ab – wie könnte ich das nach dieser Aktion auch tun? Ganz bestimmt bin ich einer von zahlreichen Leuten, den sie ausgeraubt hat.

Um unnötiges Aufsehen zu vermeiden, wird der Band stets empfohlen, Lokale durch Hintereingänge zu betreten. Da ich bei meinem Vorhaben auf Alisters Anwesenheit verzichtete, wollte ich mich unbemerkt hineinschleichen. Es war reiner Zufall, sie zwischen den Müllcontainern inmitten der Gasse anzutreffen. Der Versuch, sie zur Rede zu stellen, hatte sich damit erübrigt. Im Nachhinein ein Hirngespinst, dem ich blind folgte, als ich plötzlich mit meiner Hand um ihre Kehle nach der Wahrheit verlangte. Doch mein verstörtes Verhalten hat seinen Zweck erfüllt.

Zumindest rede ich mir das ein, während ich wie bestellt und nicht abgeholt, in der heruntergekommenen Bar stehe.

Die Bar steht im völligen Kontrast zu den üblichen Clubs, die ich zu Neueröffnungen oder aus Werbegründen besuchen muss. Optisch gesehen, liegen die besten Zeiten des Collins im vergangenen Jahrzehnt. Obgleich die Einrichtung fragwürdig ist, scheint das Innere des Lokals gut gefüllt zu sein. Für meinen Geschmack zu viele Menschen. Kann aber auch der Nebeneffekt meiner monatelangen Abstinenz menschlichen Kontakts sein.

Die Silvesterparty lasse ich außen vor, da ich die Feier vom Balkon aus mitverfolgt habe – und das mit geringer Interesse. Schenkt man den Internetseiten und Lauren Glauben, war die Party ein voller Erfolg. Erst am Morgen begutachtete ich die Rückstände. Einzelne Gästen, welche sich ihrem Rausch ergeben hatten und schlafend auf meinen Rasen zurückgelassen wurden, waren die wenigen Ausnahmen, sonst hatte die engagierte Putzkolonne mein Haus wieder auf Hochglanz gebracht.

Die Cap tiefer ins Gesicht gezogen, vergrabe ich meine Hände in der schwarzen Jeansjacke. Eine Sitznische am Rand, gegenüber dem Tresen, entpuppt sich als idealen Platz, um Mackenzie LeBlanc im Auge zu behalten. Die Rolle des Stalkers würde ich überzeugend hinbekommen. Vielleicht sollte ich eine Schauspielkarriere in Betracht ziehen. Zu verlieren hätte ich nur meinen Ruf, der mir sowieso am Arsch vorbeigeht.

Nachdem sie ins Innere geflüchtet ist, nahm ich mir den Augenblick, meine Gedanken zu sammeln. Denn ihr Anblick hatte mich seltsamerweise aus dem Gleichgewicht gebracht. Die Art, wenn du den Boden unter den Füßen verlierst und jede Sekunde mit dem harten Aufpralle rechnest. Aber er tritt nicht ein, sondern überrascht dich einen Herzschlag lang. Dann dreht sich die Welt weiter, so wie man es kennt, doch tief im Innern weißt du, dass sich etwas verändert hat.

Statt weiter darüber zu grübeln, ließ ich alles, was ich über sie wusste, Revue passieren. Auf beeindruckende Weise hatte mir Alister passend zum Frühstück die Unterlagen der Diebin herausgelegt. Wären es bloß die Uhren, hätte ich mir die Mühe erspart, die spärlichen Informationen durchzulesen. Neugierde überwog meinen moralischen Widerstand. Ich öffnete die Akte.

Mackenzie Olivia LeBlanc lebt mit einer gewissen Tatum Wyatt seit ungefähr drei Jahren in einem Apartment, einige Straßen von ihrer gemeinsamen Arbeitsstätte dem Collins entfernt. Die Diebin studierte vor kurzem an der University of Southern California, wobei sie ihr Studium aus unerfindlichen Gründen pausiert hat. Momentan hilft sie in verschiedenen Nebenjobs aus. Ihr Bankkonto ist vollkommen ausgeschöpft – keine Ahnung, woher mein Bodyguard dieses Detail hat. Wie es aussieht, benötigt Ms LeBlanc schleunigst Geld.