Ein Kessel voll Liebe

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Putzen und Aufräumen. Ohne Magie!
Loki murrte vor sich hin, während er mit bloßen Händen in der Abstellkammer des Tempels wühlte und alte Räucherschalen aussortierte. Natürlich putzte sonst absolut niemand gebrauchtes Zeug und seine Finger klebten, voll mit Ölen und anderen Stoffen, die ihn die Nase rümpfen ließen.
„Das hast du nun davon", imitierte er Erik vom Vorabend. „Du hast den Prinzen stehen lassen und ein unmögliches Licht auf unseren Tempel geworfen! Du gehst nirgendwo hin, ehe nicht die ganze Kammer blitzeblank ist!"
Loki rollte mit den Augen. Er war schon den ganzen Morgen hier drin und es konnte noch Stunden, gar Tage, dauern, bis er in diesem Wirrwarr und Durcheinander wenigstens ein bisschen Ordnung hereinbekommen würde. Außerdem fühlte er sich langsam selbst wie ein antiker Ritualgegenstand, während er versuchte, den verdammten Staub aus seiner Nase zu bekommen.
Und was war das denn?
Loki krabbelte auf ein paar wackelige Kisten und entdeckte im hintersten Eck einen ganzen Kessel voll mit brauner, stinkender Brühe. Bei den alten Göttern, der musste schon Jahre hier stehen. Mit einem missmutigen Uhh rümpfte Loki die Nase. Okay, das Ding musste auf jeden Fall hier raus, wenn er auch nur eine Sekunde länger in diesem Raum bleiben sollte. Wenn er nur ein bisschen Magie benutzen würde, würde das sicher keiner merken ...

„Loki!"
Plötzlich schwang die Tür auf. Loki, der gerade beide Hände zum Zaubern ausgestreckt hatte, verlor erschrocken das Gleichgewicht und stürzte mit einem erstickten Schrei von den Kisten, in Richtung Kessel, unendlich dankbar dafür, ihn nur zu streifen. Voll von Staub, Dreck und klebrigen Ölresten erhob er sich hustend wieder und wischte sich mit einer Hand über das Gesicht. Was alles  nur schlimmer machte.
Wirklich intelligent.

"Loki!"

Loki hielt es nicht für nötig sich umzudrehen, als er die Stimme seines Meisters erkannte. „Ich mach ja schon Meister Erik, aber was bei Hel ist das denn? Bilgenschwein-Eingeweide? Das riecht total übel, kann ich es nicht einfach ... wegzaubern?" Doch als ein aufforderndes Räuspern erklang und keine Schimpftriade, oder Antwort, kam, wandte Loki sich doch langsam um; und erstarrte:

In der Tür stand nicht nur ein vor stummer Wut rasender Erik, sondern auch die mächtige Gestalt des Donnergottes, der gerade sehr offensichtlich versuchte, sich ein Grinsen zu verkneifen.

Loki spürte augenblicklich pochende Hitze in den Wangen. Aufregung, Scham und ein kurzer Blick in eine rostige Spiegelfläche sagten ihm, dass das hier der denkbar schlechteste Zeitpunkt dafür war, Thor zu begegnen. Und wenn er so in die braunen Augen seines Meisters sah, dann war Loki sich sicher, dass Erik ihm keinen Meter über den Weg traute und anscheinend schon fiebrig an der nächsten Strafe tüftelte, die er ihm aufhalsen konnte.
Vielen Dank auch, Thor, hörte er seine innere Stimme und selbst in seinen eigenen Ohren klang sie übertrieben sarkastisch. Und jetzt? Beide starrten ihn erwartungsvoll an und Loki hatte absolut keine Ahnung, was er sagen sollte.
Entschuldigung? Vielleicht eher ... Entschuldigung für gestern Abend! Aber es war ziemlich unverschämt mich derart zu überrumpeln. Und übrigens, wegen dir sehe ich so aus. Und ich musste noch nie einen verdammten Abstellraum putzen!
Doch tatsächlich verbeugte Loki sich tief und hielt den Blick gen Boden gerichtet.

„Mein Prinz verzeiht mein ... unkonventionelles Auftreten, vielleicht wäre es besser wenn ihr ... -", erneut hörte er Erik scharf einatmen. Okay, den Kronprinzen loszuwerden, war also keine Option. „... einen Moment wartet bis ich mich ... eh, umgezogen habe."
Thor grinste nun endgültig, wie Loki aus dem Augenwinkel sehen konnte und er wandte sich an Erik.
„Ich danke euch Erik Jorikson. Ich denke von hier ab komme ich selbst zurecht."
Loki hob den Kopf unauffällig an und begann wild hinter dem Rücken des Prinzen in Richtung seines Meisters zu gestikulieren, formte mit seinen Lippen ein stummes Lass mich nicht allein mit ihm!, doch all das half nichts. Ganz pflichtgetreu verschwand sein Meister mit einer tiefen Verbeugung und schloss die Tür. Loki schluckte und straffte die Schultern, als Thor sich wieder an ihn wandte. Verdammte königsloyale Asen.

Thor sah sich in der Abstellkammer um, der tiefrote königliche Umhang, gebunden um eine weinrot-schwarze Robe, wirkte hier genauso fehl am Platz wie ein Barren Zwergenstahl im Dreck und Loki wurde zunehmend ungeduldiger. Beiläufig fuhr er sich durch die Haare, nur um zu sehen, wie ein Staubteppich langsam in Richtung Boden rieselte. Bei Hel, er wollte einfach nur im Erdboden versinken. 

Herz über Kopf #1Where stories live. Discover now