Vierundsechzig - Fey

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Mir war langweilig. Gefangene bewachen war ähnlich wenig unterhaltsam wie Gefangener sein. Adam saß friedlich strickend auf seinem Stuhl. Vielleicht sollte ich ihn fragen ob er mir das beibringen würde? Oli hatte sich irgendwann einer von Silas geliebten Klatschzeitungen zugewandt. Ich hatte sie ihm gegeben als mir sein Gerede endgültig auf die Nerven gegangen war. Allerdings hegte Oli nicht ansatzweise so viel Begeisterung für die Klatschpresse wie Silas. "Ach das ist doch Bullshit", fluchte er und pfefferte die Zeitung durch den Raum. Ich schaute von meinem eigenen, ausgesprochen langeweilem, Exemplar auf. "Jup, das ist es doch immer", stimmte ich zu. "Warum lest ihr Kinder auch so einen Schund?", wollte Adam wissen. "Wiso wir Kinder? Du bist gar nicht mal so viel Älter als ich", erwiderte ich. Mir viel ein das Lillith in Leipzig erzählt hatte das sie und Adam noch gar nicht so lange Tot waren. "Leider sind wir keine unsterblichen, strickenden Engel. Uns ist langweilig", erklärte Oli ihm. Diese Situation war so normal... So sehr als wäre all das, was zwischen uns passiert war, nie passiert. So als hätte Oli mich nie verraten, mich nie gefoltert. Adam zuckte mit den Flügeln. "Ihr könntet mal damit anfangen das ein oder andere eurer Probleme zu bereden. Die Scherben eurer Vergangenheit aufsammeln und schauen ob sich noch was kleben lässt", schlug er vor. "Wir haben keine Scherben mehr. Nur Staub", antwortete ich tonlos. Adam musterte uns beide jetzt eindringlich. Seine Augen waren bei weitem nicht so intensiv wie die von Lillith trotzdem hatte sein Blick etwas unheimliches. "Und trotzdem ist da noch irgendwas übrig sonst würdet ihr nicht in eure alte Chemie zurückfallen", stellte er fest. Die Stille dröhnte durch den Raum, breitete sich aus so als wollte sie uns alle ersticken. "Wenn nochmal die Wahl hätte würde ich mich anders Entscheiden", Olis Stimme war leise aber sie durchbrach die Stille als hätte er geschrien. Ich sah ihn an und er hielt meinem Blick stand. "OKÜP hat mir eine Antwort gegeben. Eine Einfache Antwort und ich wollte das es die richtige ist... War es nicht", gab er zu. Ich starrte ihn entgeistert an. Und das fiel ihm jetzt ein. "Harris hat es einfach klingen lassen. Ich dachte er wäre ein Held. Jemand der sich für die Menschen interessiert und für sie kämpft... Am Ende war er auch nur ein Terrorist", fuhr er fort. "Venandi ist nicht heilig. Und egal wie zivilisiert ihr euch auch gebt, in euch steckten Monster. Auch in dir. Deinem habe ich schon in die Augen geschaut. Aber am Ende sind doch alle Monster... Auch ich", die letzten beiden Worte flüsterte er nur noch und trotzdem füllten sie den Raum. "Was willst du jetzt von mir?", wollte ich wissen. Oli lächelte Traurig. Er schien selbst keine Antwort zu wissen. "Ich habe dich geliebt. Du warst die einzige Familie die ich hatte. Ich vermisse dich. Ich wünschte es wäre wieder so wie früher. Nur du und ich gegen die Welt", antwortete er immer noch leise und eine Träne lief ihm über die Wange. "Dafür ist es zu spät. Ich hätte alles für sich getan... Verdammt ich habe alles für dich getan. Ich habe mich alleine durch ein Haus voller Vampire gekämpft um dich zu retten. Und du hast mich verraten. Du hast mich benutzt und behandelt wie Dreck. Ich wünschte ich würde dich nicht hassen, denn Hass ist ein Gefühl und Gefühle hast du nicht verdient. Aber ich hasse dich, ich hasse dich weil ich dich geliebt habe und du mir so unendlich viel Schmerz zugefügt hast. Ich meine nicht die Schläge oder die Schnitte oder was auch immer ihr euch noch habt einfallen lassen. Ich meine deine Worte. Mit deinen Worten hast du mich zerstört. Und du hast all das Zerstört was einmal zwischen uns war. Und ich wünschte es könnte wieder so sein wie Früher. Früher als die Welt noch heile war. Aber das was zwischen mir und dir kaputt gegangen ist lässt sich nicht reparieren, selbst wenn ich das wollte. Vielleicht kann ich dir eines Tages Vergeben, vielleicht sind wir sogar eines Tages wieder Freunde, aber ich werde dir nie wieder Vertrauen weil ich dank dir niemandem mehr Vertraue, nicht einmal mir selbst. Es wird nie wieder sein wie früher, nicht für mich, nicht für dich und ganz sicher nicht für uns", erklärte ich mit brüchiger Stimme. Ich spürte das mir heiße Tränen über die Wangen liefen. Auch Olis Gesicht war jetzt Tränen überströmt. "Freundschaft wird im Minuten geschlossen, in Sekunden zerstört und in Jahren Repariert", zitierte er aus einem Buch das wir auf einer unserer viel zu langen autofahrten gehört hatten. "Red Rising... Gruselig wie sehr das zu uns passt", erwiderte ich. Allerdings meinte ich nicht nur das Zitat sondern auch den Kontext den es in der Geschichte hatte. "Dir ist bewusst das sich Rouge im dritten Teil umbringt weil er einen verdammten Krieg gegen den verloren hat an den er diese Worte richtet?", wollte ich wissen. Oli lächelte Matt. "Darrow und Rouge waren wie Brüder aber Rouge war zu Stolz zu begreifen das Darrow sein Freund ist obwohl er zu einem Andern "Volk" gehört. Er hing viel zu sehr in diesem "meine Leute, deine Leute" Ding drinnen, also hat er ihn verraten. Es ist unheimlich wir sehr das zu uns passt. Ich will nicht enden wie Rouge, ich will es besser machen", erwiderte er. "Rouge hat Darrow verraten weil der ihn außer Gefecht gesetzt hatte um ihn zu beschützen. Später später am Abend Rouges Freundin für Darrow gestorben. Das war der Punkt an dem diese Freundschaft zerbrochen ist. Es hatte nichts mit 'mein Volk, dein Volk' zu tun", erinnerte ich ihn. "Und trotzdem will ich nicht enden wie Rouge. Und ich will nicht das du zu Darrow wirst", entgegnete er. Wir standen einander immer noch Tränen überströmt gegenüber. "Sprengt die Ketten", antwortete ich mit dem wohl ikonischsten Zitat der Geschichte. Diesmal von Darrow. In einem Wirbel aus Farben stolperten Lillith und Silas in die Szenerie. Silas blickte besorgt zwischen Oli und mir hin und her. "Fey? Ich weiß das es nichts besser macht aber ich will das du weißt das es mir leidtut", ergriff Oli noch einmal das Wort. War das nicht das was ich wollte? Das er litt? Sollte mich dieser Satz nicht glücklich machen? Oder war er gar nicht wahr? "Mir auch Oli, mir auch", antwortete ich stattdessen und drehte mich von ihm weg.

--- Dieses Kapitel habe ich wieder alleine korrigiert. Es tut mir also leid das die Rechtschreibung wahrscheinlich auffällt schlechter ist als sonst. Wenn ihr also welche gefunden habt, bitte kurz bescheid geben. Das Zitat ist aus der Red Rising Reihe von Pierce Brown die ich übrigens echt empfehlen kann. #Buchtipp ---

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