Zweiunddreißig - Fey

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"Fey, was kann ich für dich tun?", meldete sich Lillith, als sie ans Telefon ging. Ich schilderte ihr die Lage. "Davon weiß ich nichts. Mit den aktuellen Toten haben wir nicht wirklich was zu tun. Im Moment müssen wir Satans Schoßhündchen zurück in die Hölle schaffen, aber danach höre ich mich gerne mal um", erklärte sie. "Miss Fluffy! Fuß! Es wird jetzt nicht gejagt!" fluchte sie und ich ging davon aus, dass sie nicht mich meinte. "Sorry, Fey, ich bin gerade Gassi und es ist überraschend schwer, mit einer Hand einen geschrumpften Höllenhund zu bändigen und mit der anderen ein Handy ans Ohr zu halten", erklärte sie. "Wo ist denn Adam?", wunderte ich mich. "Der schläft oder so... Ich musste raus und nachdenken und der Hund kann auch ein bisschen Frischluft vertragen. Adam könnte die zwar auch brauchen, aber der ist sowieso tot", antwortete sie. "Naja, wie dem auch sei. Ich rufe dich an, wenn ich was rausgefunden habe", wechselte sie das Thema und legte auf. Ich kraulte gedankenverloren Vinur hinter den Ohren. Der Hund hatte es sich zu meinen Füßen gemütlich gemacht.

Silas kam mit dem Keksteller in den Garten und setzte sich zu mir. Er stellte die Kekse zwischen uns ab und fuhr sich durch das blonde Haar. "Hast du Lillith erreicht?", wollte er wissen. "Ja, aber sie haben gerade einen Auftrag. Satans Schoßhündchen in die Hölle zurückbringen oder so. Aber danach will sie sich mal umhören", antwortete ich und strich mir meinerseits eine dunkle Locke aus dem Gesicht. "Und Levi?", fragte ich. "Der kümmert sich um die internen Server der Polizei von Spitzbergen. Keine Ahnung, wie er das genau macht, aber es scheint zu funktionieren. Ach und noch was, er will weg vom Clan und fragt, ob wir bei Venandi nicht vielleicht ein gutes Wörtchen einlegen können", informierte er mich. Ich zuckte die Schultern. "Klar, ich rede mal mit Ray. Jemanden mit Levis Fähigkeiten kann er sicher brauchen", stimme ich zu. Ein Lächeln glitt über sein Gesicht. "Sehe ich genauso", sagte er und schnappte sich noch einen Keks. Entspannt hielt er sein Gesicht in die Sonne und ich tat es ihm gleich. "So müsste es immer sein", murmelte er, nachdem wir eine ganze Weile einfach nur geschwiegen hatten. Ich drehte mich aus der Sonne und sah ihn fragend an. Er schenkte mir ein zufriedenes Lächeln. "In der Sonne sitzen... Nichts tun... Das Leben genießen", erklärte er. Ich drehte mich wieder in die Sonne. "Im normalen Agentenleben ist für sowas nur selten Zeit", gab ich zu bedenken. "Dann lass uns den Moment genießen", entschied er.

Flashback

"Wenn das Agentenleben doch nur immer so wäre", seufzte Oli. Wir waren gerade 16 und lagen im New Yorker Central Park Schulter an Schulter im Gras. "Manchmal sind Undercover-Einsätze richtig cool", stellte ich fest. Er strahlte mich an. Im Sonnenlicht wirkten seine braunen Augen wie flüssiges Bernstein. "Wann soll unser Verdächtiger nochmal auftauchen?", wollte ich wissen. Oli blinzelte gegen das Sonnenlicht um seine Uhr zu erkennen. "Wir haben noch eine knappe Viertelstunde", stellte er fest. Ich nickte ohne die Augen zu öffnen und genoss weiterhin die Sonne. "Gib mir nochmal unsere Tarnung", bat ich und streckte vage die Hand in seine Richtung aus. Er reichte mir ein Mathebuch. Ich schlug es bei Seite 152 auf. Anstelle von Zahlen und Formeln befand sich hier eine nicht gerade kreative Fake-Identität. "Wir sind Logan und Ella. Wir gehen hier in New York auf die Highschool und haben uns im Park zum lernen verabredet", laß ich vor was wir beide schon lange auswendig kannten. Oli nahm mit das Buch wieder ab. "Unsere Freunde glauben, das hier ist ein Date, deswegen sind wir nur zu zweit. Anscheinend bist du schlecht in Mathe, Ella, und ich habe miserable Noten in Englisch", fuhr er fort. "Anstatt hier nur faul in der Sonne zu liegen sollten wir hier mal ein bisschen mehr Schulkram verteilen", murmelte ich, bewegte mich aber keinen Millimeter. "Sollten wir", stimmte Oli mir zu, lies das Mathebuch auf seine Brust sinken und schloss wieder die Augen. "Ich glaube, wir sehen nicht wie lernende Teenager aus", murmelte ich. "Wir wären verdächtiger, wenn wir lernen würden. Dann haben Logan und Ella halt ein Date oder so und liegen entspannt in der Sonne", entschied er. Ich zuckte mit den Schultern. "Alles ist besser als Mathe", stimme ich zu.

Olis Uhr gab ein Piepsen von sich. "It's Showtime. Geben wir die unauffälligen Schüler bis wir unser Signal bekommen", verkündete mein Partner überflüssigerweise. Ich öffnete schwerfällig die Augen und spitzte die Ohren. Ich ließ meinen Blick wandern. "An der Bank", flüsterte ich. Oli beugte sich über mich und linste unauffällig zur Bank. "Das könnte er sein. Er setzt halb aus und ich tat es ihm gleich so das er die Zenerie über meine Schulter beobachtetn konnte. Wollen wir hoffen, dass der Andere auch gleich kommt", flüsterte er. "Er schaut her, zeigen wir mal, wie unauffällig wir sein können", ergänzte er und küsste mich. "Er schaut wieder weg", informierte er mich, nachdem er sich wieder von mir gelöst hatte. "Ich hasse dieses Pärchending", maulte ich leise. "Ich auch, aber du musst zugeben, es ist effektiv", entgegnete er. Wir saßen uns Nasenspitze an Nasenspitze gegenüber, und zumindest Oli hatte einen wunderbar unauffälligen Blick auf unseren Verdächtigen. Ich hörte, wie sich unserem Verdächtigen Schritte näherten. "Jemand setzt sich zu ihm", informierte mich Oli. Ich fokussierte mich ganz auf mein Gehör. Auf mein Wolfsgehör. "Haben sie das Geld?", fragte Verdächtiger 1. "Haben sie die Ware?" entgegnete Verdächtiger 2. "Wie es abgesprochen war", bestätigte Nummer 1. Die beiden klangen wie ein menschgewordenes Klischee. "Sie sind es", flüsterte ich. "Er hat das Feenblut", bestätigte Oli. "Und da ist unser Zeichen", ergänzte er. Er sprang auf und streckte mit die Hand entgegen. "Willst du ein Eis, Ella?", fragte er fröhlich. Ich ließ mich von ihm auf die Beine ziehen. "Eis geht immer", antwortete ich ebenso vergnügt. Die Verdächtigen beachteten uns nicht weiter. Hinter dem Eiswagen und dem Hot-Dog-Stand traten weitere Venandi Agenten hervor. Ein Müllmann hielt vor den Verdächtigen an. Er sprach die Beiden an und sie ergriffen die Flucht. Oli und ich stellten uns dem mit dem Feenblut entgegen, während der Andere von unseren Kollegen geschnappt wurde. "Monroe, Mendacis: Gute Arbeit. Macht weiter so und wir bekommen vielleicht noch die Hintermänner", beglückwünschte uns der Agent im Müllmann-Outfit. Oli und ich klatschen ab und machten uns auf den Rückweg zu unseren Schulbüchern.

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