Kapitel 21

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Ja ich weiß. Levi du brauchst es mir nicht zu sagen. Ich habe einen gesunden Menschenvertand und sehe diese gar widerlichen Verletzungen, welche ich mir selbst zugefügt habe.

Ich weiß, dass ich riesen Mist gebaut habe, dich enttäuscht habe. Selbst hasse ich mich dafür. Also bitte mach es nicht noch schlimmer als es schon ist.

Mit dem Blick von ihm abgewendet und auf den Boden gerichtet, da mir diese Situation mehr als unangenehm war, stand ich nun vor ihm.

Genau einschätzen, was er nun wohl sagen würde konnte ich nicht. Also ging ich vom schlimmsten aus.

Es waren zwar nur wenige Minuten die vergingen während er meinen Arm musterte, die sich aber wie Stunden anfühlten. Als er das unangenehme Schweigen dann endlich unterbrach, entgegnete er mir in einem ruhigen Ton:

L:" Eren, hör zu... Ich kann dich schlecht dafür bestrafen. Das würde alles noch weiter entschärfen.

Ich weiß nicht was genau in deinem Kopf vorgegangen ist oder was genau dein Handeln veranlasst hat. Das einzige was ich dir anbieten kann ist, dass du das nächste Mal, solltest du Druck haben, dich mir anvertraust.

Und hey, jeder Mensch macht Fehler. Mir ist klar dass sich deine Depressionen und sonstige Probleme nicht einfach so in Luft auflösen werden. Trotzdem möchte ich, dass du es mir nicht verschweigst, sollte das nochmal vorkommen.

Vertrauen ist ein wichtiger Punkt. Und was passiert, das passiert nunmal. Ich werde nichts tun, egal was du anstellst. Schließlich sollst du keine Angst vor mir haben. Ich denke du hattest es schon schwer genug."

Wow. Damit hatte ich nun nicht gerechnet. Ich blickte überascht zu Levi und konnte spüren, wie meine Wangen ein leichtes rosa zierte.

Er lächelte mich an... Ich hatte ihn noch nie zuvor lächeln gesehen. Aber es sah so wunderschön aus. Jedes einzelne Detail in seinem Gesicht saß so perfekt.

Völlig über fordert ließ ich mich in Levis Arme gleiten und vergoss die ein oder andere Träne. Es tat so gut. Ich bin ihm für alles was er bereits für mich getan hat so dankbar.

Und das war der Punkt an dem ich endgültig merkte, ich hatte mich in Levi verliebt. So verrückt es auch klingen mag.

Ich hatte mich in Levi verliebt....

Er ist fast 7 Jahre älter als ich und dazu ein Mann. Ich wusste, das würde niemals funktionieren würde. Mir war klar, dass die Liebe einseitig war und ich irgendwann nichts weiter als enttäuscht sein würde.

Aber warum ausgerechnet er? Der Mann der mir damals das Leben gerettet hat. Den Mann, den ich anfangs so sehr gehasst habe.

Nun, ich kann es mir weder erklären noch kann ich irgendwas daran ändern. Das beste wäre wohl, wenn ich versuchen würde meine Gefühle für ihn auszublenden und so weiter zu machen, als wäre nie etwas passiert.

Ich spürte Levis warme Hände, die über meinen Rücken fuhren und seine starken Arme, die mich an ihn drückten.

Verdammt... Er roch so gut.

Gerade wünschte ich mir dieser Moment würde nie vorüber gehen. Die Zeit würde hier und jetzt einfach stehen bleiben.

Aber früher oder später mussten wir uns doch wieder voneinander lösen. Und dazu kam es einige Minuten später bedauernder Weise auch.

Levi musste zur Arbeit und ließ mich allein in der Wohnung zurück. Ich finde es nicht sonderlich schlimm alleine zu sein. Ganz im Gegenteil, ich genieße es des öfteren sogar.

Doch wenn es um Levi ging war es was anderes... Ich fühle mich in seiner Gegenwart so wohl. Jedes mal wenn er das Haus verlässt ist es so, als würde er ein kleines Stück von mir mitnehmen...

Ich munterte mich auf, indem ich mir einredete, dass er in ein paar Stunden wieder nach Hause kommen würde. Also machte ich mir was zu Essen und setzte mich vor den Fernseher, um mich ein wenig abzulenken.

Ihr fragt wie es dazu kommt, dass ich freiwillig etwas zu mir nehme? Nun. Anfangs war es eine schwierige Angelegenheit gewesen, mich dazu zu bewegen etwas zu essen. Mit der Zeit tat ich es dann Levi zu liebe.

Mittlerweile hatte ich gut zugenommen. Levi meinte, wenn ich so weiter mache werde ich bald ein Normalgewicht erreichen können.

Im Fernsehen lief nichts interessantes. Ich zappte gelangweilt durch die Sender, wo eine Morgen Show nach der anderen lief und Nachrichten oder Krimis von gestern Abend, welche sie heute nochmal wiederholten. Nichts, was meine Aufmerksamkeit wirklich auf sich zog.

Und so verbrachte ich den restlichen Vormittag. Mit den Gedanken bei Mikasa und Armin, die laut ihren Nachrichten bereits wieder zu Schule gingen.

Schule... Ja zur Schule. Nun, bald würde ich auch wieder zur Schule gehen müssen. Vor nichts hatte ich zurzeit mehr Angst. Allein der Gedanke daran bereitet mir schlaflose Nächte.

Und erneut stellte sich mir die Frage: "Warum kann ich nicht einfach ein ganz normales Leben führen, so wie andere in meinen Alter?". Ja... Warum nicht... Ich will das alles nicht mehr. Diese ständigen Erniedrigungen. Jeden Tag, auch nach der Schule.

Alles was ich wollte, waren doch nur ein paar Freunde... Jemand, der für mich da ist. Jemanden, damit ich dieses tägliche Qual nicht mehr alleine durchstehen muss. Aber so sollte es nicht sein...

Plötzlich öffnete sich die Haustür und riss mich damit aus meinen Gedanken. Levi war von der Arbeit gekommen. Allein bei diesem Gedanken breitete sich ein warmes, irgendwie schönes Gefühl in meinem Bauch aus. Sofort bahnte sich ein Lächeln auf mein Gesicht, als ich den schwarz haarigen Mann im Flur erblickte.

Als sein Blick auf mich fiel, schenkte mir ein breites Lächeln zurück. Er kam auf mich zu und wuschelte mir durch meine Haare.     
"Na Balg? Besonders produktiv warst du heute wohl nicht." sagte er. Ich antwortete: "Mhm." und schaute dabei etwas verlegen auf den Boden. Bei dem Gedanken, dass ich nun den halben Tag auf dem Sofa verbracht habe, kam ich mir jetzt wirklich unglaublich faul vor...

Dann ergänzte er: "Ich schätze genau das müssen wir ändern." Erschrocken, sah ich zu Levi, auch wenn ich schon erwartet habe, dass er mich bald zur Schule schicken würde. "Schau mich nicht so ungläubig an. Du weißt ganz genau, worauf ich hinaus will." fügte er hinzu.

Er drückte mir sein Handy in die Hand und sagte: "An diese Schule würde ich dich erstmal gehen lassen. Ich denke dort bist du gut aufgehoben."
Auf seinem Handy hatte er anscheinend die Startseite von der Schule 'Gymnasium am Ring' geöffnet. Unter dem Namen der Schule befand sich auch direkt ein Bild. Das Gebäude war relativ groß und farbenfroh. Trotz alledem war es ein schrecklicher Gedanke für mich dort zur Schule gehen zu müssen... Überhaupt zur Schule gehen zu müssen.

Ganz plötzlich wurde mir übel. Ich konnte mich damit wohl immer noch nicht abfinden. Ich schüttelte den Kopf und hielt schützend meine Hände vor mich bis ich letztendlich stotternd herausbrachte: "Ne - ein! Ich werde n -nicht zur Schule gehen."
"Eren, es gibt rein gar nich-"

"NEIN VERDAMMT! ICH WERDE NICHT ZU SCHULE GEHEN." unterbrach ich ihn.

"Eren, wenn du weiterhin bei mir wohnen willst, wirst du etwas aus dir machen!" antwortete er in einem wirklich lautem Ton.

"ICH WILL DAS NICHT! ICH WERDE NICHT..." ich wollte Levi nicht anschreien. Trotzdem hatte ich gerade keine Kontrolle über meine Gefühle. Die Erinnerungen von damal schossen nur so durch meinen Kopf hindurch. Zitternd wich ich von Levi zurück, welcher mich nur unverständlich an sah.

"Eren jetzt beruhige dich doch!" Doch ich konnte es nicht.

"EINEN SCHEISS WERDE ICH!" brüllte ich ihn an.

Etwas überrascht über meine Reaktion, deutete er auf die Treppe und sagte anschließend: "Ich denke es wäre jetzt besser, wenn du erstmal auf's Zimmer gehst."

Ich schluckte und bewegte mich, von mir selbst überrascht, dass ich so über reagiert hatte, in mein Zimmer.

One Last TimeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt