Don't hurt yourself - Mikey (sad)

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Die Wohnung war wie leergefegt und mein Kopf hämmerte.

Randy war gerade auf einem Date, Jacklyn im Kino.

Niemand meiner besten Freunde hatte mich die letzten Monate so genau beobachtet, als dass sie hätten sehen können, wie es mir ging. Nicht einmal Andy, mit dem ich sonst immer enger als mit den anderen befreundet gewesen war, kümmerte ich noch groß darum, wie es mir erging.

Doch seit ein paar Wochen schon, ich wusste nicht wie viele, aber schon seit einiger Zeit, hatte ich eine neue Liebe gefunden. Eine, die mich in die Realität zurückbrachte, die mir half die vielen schlaflosen Nächte zu überstehen.

Sie war immer für mich da. Erst hatte ich ihre Hilfe nur ab und zu in Anspruch nehmen müssen, doch mittlerweile waren die Tränen der Nacht, die Gefühlslosigkeit und die Einsamkeit so schmerzhaft geworden, dass ich sie täglich mehrfach brauchte.

Meine große Liebe,

meine Sucht,

nach Schmerzmitteln.

Heute tat es besonders weh.

Ich schlief im Wohnzimmer, sodass ich immer mitbekam, wenn sich Ryan und Andy mal wieder küssten, während Ryan Tee machte, oder wenn Brooklyn und Jack kaum die Finger voneinander nehmen konnte, wenn sie abends zusammen einen Livestream IN MEINEM ZIMMER veranstalteten. Nie hatte ich meine Ruhe, nie sprach ich darüber.

Das einzige was ich dann tat war ins Badezimmer zu gehen, abzuschließen. Dann wühlte ich meinen kleinen Schrankabteil durch, in welchen ich aller Hand Alibisachen gestopft hatte. Einen Reiseföhn, eine Haarbürste, Haarspray, Deo, Zahnpastatuben, Zahnbürsten, normale Kopfschmerztabletten, Haargel, Haarfärbemittel, damit meine Haare schwarz blieben, Wundheilsalbe für meine Tattoos, Desinfektionsmittel für die Piercings. Da der Schrank ziemlich klein war, hatte ich alles mehrfach. Mit dem Chaos versteckte ich das eigentliche. Das Wichtigste für mich.

Meine Schmerzmittel.

Die stärksten die ich Apotheken bekam, ohne ein Rezept zu brauchen. Trotzdem überlegte ich schon lange wir ich an stärkere kommen könnte, ohne das es auffiel. Zudem ging ich immer in unregelmäßigen Abständen zu verschiedenen Apotheken. Niemand sollte wissen was ich nahm, niemand sollte sehen, dass und wie ich es nahm.

Auch jetzt stand ich wieder vor dem Spiegelschrank und wühlte meine Sachen durch. Ich hatte Schmerzen und brauchte sie. Hinter den vielen Dosen fand ich sie, riss die Packung, die schon ziemlich ramponiert aussah, auf und entnahm eine Tablette. Wie immer legte ich sie auf meine Zunge, dann biss ich einmal darauf und schluckte das harte, krümelige Zeug ohne Wasser. Der Geschmack von Rettung blieb dadurch länger in meinem Mund, meinem Rachen.

Ich hatte sie heute ziemlich spät genommen, sodass ich schon leicht zitterte. Nach einer guten halben Stunde wirkte das Mittel endlich, mein Körper konnte sich entspannen.

Bis zum Abend lag ich bewegungslos auf meinem Bett, denn ich brauchte die Ruhe. Dann kamen die beiden Paare lachend und sich natürlich abknutschend zurück. „Wir sind wieder da!", riefen sie im Chor. „Toll!", rief ich gespielt fröhlich zurück. Meine Beine standen wie von selbst auf, gingen ins Bad. Meine Hände griffen nach den Tabletten, stopften sie sich in die Jackentasche. Ich trug meinen Körper aus dem Haus, in die dunkler werdende Nacht. Stundenlang lief ich umher, steckte mir ab und zu eine Tablette in den Mund, biss einmal darauf und schluckte sie schwer. Je mehr es ziepte, desto mehr genoss ich es.

Ich fand meinen Lieblingsplatz, einen Fluss mit einer einsamen Bank davor. Auf diese kauerte ich mich, nahm noch eine Tablette und starrte in die Ferne. Mein Herz schlug unregelmäßig durch die vielen Medikamente, meine Hände zitterten als ich nach etwas bestimmten neben der Bank suchte.

ShipshotsWhere stories live. Discover now