"Verloren"

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"Die finden wir nicht mehr wieder."
"Sei ruhig!"
Seit gefühlten Ewigkeiten ritten wir schon geradeaus und versuchten den Trupp des Kommandanten wieder einzuholen. Levi war total angepisst, während Isabel und Furlan verdächtig ruhig waren und nervös wirkten. Das Wetter machte es unmöglich die Rauchsignale der anderen auszumachen. Die Sicht war allgemein sehr eingeschränkt, das wir jederzeit Angst haben müssten einen Titanen zu übersehen, der es auf uns abgesehen haben könnte.

Auch Levi wurde mittlerweile ziemlich ungeduldig und richtete sich nun an seine Freunde.
"Okay hört zu. Ihr bleibt zusammen, egal was passiert. Ich werde voraus reiten. Alleine bin ich schneller"
Keiner sagte ein Wort. Alle starrten wir ihn nur an, ob er nicht mehr alle Tassen im Schrank hätte.
"Was? Aber...."
"Kein aber! Ihr tut was ich euch sage!"
Mahnend sah Levi nach hinten zu Isabel.
Doch auch ich war dagegen.
"Levi, das kannst du nicht machen. Was ist, wenn dir etwas passiert?"
Besorgt sah ich ihn von der Seite an. Doch auch Levi erwiderte nur meinen Blick, ohne ein Wort von sich zu geben. Sein Blick ruhte lange auf mir und seine Augen strahlten eine gewisse Sanftheit, aber auch Sorge aus, als wenn er mit sich um irgendwas rang. Doch wandt er sich schnell wieder von mir ab und trieb sein Pferd mehr an, dass er uns schnell überholte und aus unserem Sichtfeld verschwand. Irgendetwas in mir sagte, das es nicht gut ausgehen würde. Das irgendetwas geschehen und ich ihn nie wieder sehen würde. Mein Gesicht war so schon völlig durchnässt vom Regen. Doch da war noch etwas anderes, was sich seinen Weg über mein Gesicht bahnte. Langsam glitt meine Hand hinauf und legte sich an den Ansatz meiner Augen. Ich vergoss wegen dem Idioten, der uns gerade alleine zurückgelassen hatte, tatsächlich Tränen. Und, Gott verdammt, ich hatte eine scheiß Angst um diesen Idioten, dass ihm irgendetwas zustoßen würde.
Isabel und Furlan ritten mittlerweile neben mir und sahen mich beide besorgt an.
"Ist alles in Ordnung Kira?"
Kaum hörbar, durch den hinab prasselnden Regen, nahm ich Furlans besorgte Stimme wahr, doch zog ich mir kurz die Kapuze tiefer ins Gesicht und blickte dann entschlossen wieder gerade aus.
"Alles gut. Lasst uns nur zu irgendeiner Gruppe wieder Anschluss finden."
Doch kaum hatte ich wieder zur Besinnung gefunden, tauchte ein Titan nach dem anderen auf und erschwerten uns den Weg enorm. Der Untergrund war schon völlig durchnässt und die Pferde selbst hatten schon Schwierigkeiten richtigen Halt zu finden. Und dann geschah was geschehen musste. Mein Pferd verlor den Halt und legte sich zusammen mit mir in den Dreck.
"Kira!!"
Isabel und Furlan wollten schon kehrt machen, um zu mir zurückzukehren. Doch wurden die Zwei selber von einigen Titanen aufgehalten.

Langsam, aber sicher, erhob ich mich wieder. Einige Meter von mir entfernt, versuchte mein Pferd sich wieder aufzurichten. Aber ein großer Schatten legte sich über dieses und ich konnte nur noch mit ansehen, wie ein großer Fuß das arme Tier zerquetschte. Wie erstarrt schaute ich auf den riesigen Blutfleck. Meine Augen folgten dann langsam das Gliedmaß hinauf, zu dem Titanen, dem das gehörte. Immer weiter kam dieser auf mich zu, hatte mich gierig im Visier, während ich weiterhin auf dem durchnässten Boden hockte und mich nicht rühren konnte. Doch je dichter er kam, umso wacher wurde mein Bewusstsein und umso mehr wurde mein Körper aktiver und fing an sich zu bewegen.

Bevor der Titan mich packen konnte, wich ich noch rechtzeitig aus und hakte mich mit meiner Ausrüstung bei ihm ein. Dieses Monster musste schnell dafür büßen, das es mein Pferd zertrampelt hatte. Immer noch goss es wie aus Eimern und ein paar vereinzelte Titanen kreuzten noch meinen Weg, ehe ich endlich Ruhe hatte und mich in meiner Umgebung umsehen konnte. Viele gefallene Soldaten lagen um mich herum und es sah aus wie auf einem Schlachtfeld. Und zu meinem Bedauern konnte ich keiner meiner Kameraden entdecken, der noch am Leben war. Mutterseelen alleine stand ich auf dieser offenen Ebene und leichte Panik machte sich in mir breit. Ich hatte kein Pferd mehr. Geschweige denn die Ausrüstung die mein Pferd bei sich hatte, wo die Rauchpistole drinne war. Doch diese konnte ich nun ebenfalls vergessen. Als ich dann bemerkte, dass weitere Titanen auf mich zukamen, nahm ich meine Beine in die Hände und fing das Rennen an. Weiter kämpfen würde nichts bringen. Auf Dauer würden mir meine Klingen und mein Gas irgendwann ausgehen. Daher sah ich zu, dass ich den nächstgelegenen Wald erreichte und mich dort auf einen der riesigen Bäume verschanzte.

Verzweifelt hielt ich meine Umgebung im Auge. Versuchte irgendein Zeichen ausfindig zu machen, doch nichts. Ich konnte kein einziges Rauchzeichen am Himmel erkennen und unter mir versuchten diese Monster, gierig nach mir, den riesigen Baum hinauf zu kommen. Warum hatte Levi uns bloß alleine gelassen? Ich verstand den Grund einfach nicht. Und nun, weiß ich nicht wo ich war, wo meine Freunde und Kameraden waren und ob sie alle überhaupt noch lebten. Niedergeschlagen und kraftlos, ließ ich mich, mit dem Rücken an dem Baum, hinab rutschen, zog meine Beine an mich ran und starrte nur noch leer vor mich hin. Ich würde nicht mehr lebendig aus dieser Situation rauskommen. Entweder werden die Titanen mich fressen, oder ich werde jämmerlich verdursten. Denn ich hatte keinerlei Nahrungsmittel bei mir. Eigentlich könnte ich mich genauso gut gleich von diesem Ast stürzen. Dann wäre es kurz und schmerzlos. Doch war Aufgeben meine Art? Eigentlich nicht. Levi hatte mich anderes gelehrt. Seit Jahren kämpften wir um das Überleben. Sollte ich jetzt wirklich das Leben aufgeben? Meine Chance zu überleben war erschreckend gering. Ich konnte nur hoffen, das mich jemand findet. Ansonsten, müsste ich zusehen, das ich irgendwie alleine zurück zur Mauer finde. Ich durfte nicht aufgeben. Ich wollte wenigstens die Chance bekommen, Levi eine rein zu hauen, wenn ich ihn jemals wiedersehen würde. Dafür, dass er uns einfach alleine gelassen hatte.

Wings of Freedom - Broken SoulsWhere stories live. Discover now