"Berührung"

169 10 0
                                    

Gefangen in der Dunkelheit, umringt von Einsamkeit. Das beschreibt glaube ich ganz gut, wie ich mich gerade fühlte. Auch wenn es Levi gegenüber nicht fair war. Er kümmerte sich um mich. War immer an meiner Seite. Doch fühlte ich mich in der Dunkelheit verloren und im Stich gelassen von Freunden, die ich niemals hatte. Eine Leere hatte sich in mir ausgebreitet und ich wünschte mir nur noch, das alles nur ein böser Traum war und dass ich gar nicht existieren würde.

Schon lange war ich wach und starrte emotionslos einfach nur vor mich hin an die Zimmerdecke. Ich kam, nach dem Vorfall, den Rest des Tages nicht mehr aus meinem Zimmer. Levi hatte mich mit Essen und Trinken versorgt, doch gesprochen hatte ich mit ihm kein Wort und verkroch mich immer wieder unter die Decke, wenn er kam. Als ich das erste mal wach wurde, hatte ich gehofft er würde noch da sitzen und über mich wachen. Doch er war es nicht. Als ich einschlief, ließ er mich alleine zurück. Schwerfällig erhob ich mich langsam. Ich sollte Levi dankbar sein. Immerhin hatte er mir abermals in so einer Situation geholfen. Und was tat ich? Ich bereitete ihm immer nur Schwierigkeiten.
Langsam stellte ich meine Beine auf den Boden und stand auf. Zwischendurch hatte ich es geschafft, mir ein neues Hemd anzuziehen. Ich schlenderte kraftlos auf meine Zimmertür zu, öffnete diese und trat hinaus. Stille durchzog den Raum. Es schien niemand da zu sein. Waren sie etwa wieder unterwegs? Doch ich war es gewohnt des öfteren alleine zu sein.

Ein Grummeln unterbrach meinen Gedankengang und ich legte automatisch meine Hand auf den Bauch. Wirklich viel gegessen hatte ich nicht, obwohl Levi mir immer etwas gebracht hatte. Er hätte es mir wahrscheinlich am liebsten hinein geprügelt, damit ich wenigstens irgendwas zu mir genommen hätte.
Der Gedanke daran entlockte mir ein leichtes Schmunzeln.

Ich wusste zwar nicht, wann die Jungs nach Hause kommen würden, doch ich wollte ihnen auch mal etwas Gutes tun, nachdem ich ihnen immer so viel Ärger bereitet hatte.
Ich entschied mich daher etwas zu kochen. Besonders gut konnte ich es nicht. Aber so eine Gemüsesuppe würde ich vielleicht gerade eben noch so hinbekommen. Ich suchte mir daher alle Zutaten zusammen und fing an. Nachdem ich das Gemüse gewaschen und einen Topf mit Wasser aufgesetzt hatte, fing ich an zu Schneiden. Ich war nicht besonders schnell und zudem auch recht unsicher, ob ich wirklich alles so richtig machte. Jedes Mal wenn ich etwas kochen wollte, ging es ziemlich in die Hose. Es schmeckte grauenhaft und die Küche sah danach immer aus wie ein Schlachtfeld. Und man sah Levi regelrecht an, das er sich ziemlich beherrschen musste, um mich nicht gleich umzubringen. Er hasste Chaos. Vom Dreck mal ganz zu schweigen.

Auf einmal nahm ich ein Geräusch hinter mir wahr und drehte mich ohne zu zögern um. Verwundert, dass doch jemand da war, sah ich den Schwarzhaarigen an, der überrascht in seiner Bewegung inne hielt.
"Oh, ich habe gedacht, ihr seid Beide unterwegs."
"Nein, nur Furlan und dieses Mädchen, dem du geholfen hast, Isabel."
Irritiert sah ich ihn an. Den Blick immer noch zu ihm gerichtet zuckte ich schmerzlich leicht zusammen und schaute dann wieder zu meinen Händen. Ich hatte nicht aufgepasst und mir nun in den Zeigefinger geschnitten. Es war kein großer Schnitt, doch groß genug, das sich dort ein Bluttropfen bildete.
"Tz, du kannst wirklich nicht aufpassen, oder?"
Schnellen Schrittes kam Levi auf mich zu, ergriff meine verletzte Hand und tat etwas, was mir die Röte ins Gesicht schießen ließ und ein Gefühl in mir auslöste, das ich zuvor noch nie verspürt hatte.
Ohne zu zögern führte er meinen verletzten Finger zu seinem Mund und legte seine Lippen dort drauf.
"Levi." Gab ich nur flüsternd von mir und ich hatte gerade das Gefühl, als wenn mir gleich das Herz aus der Brust springen würde.
Ob ihm überhaupt bewusst war, was er da gerade tat? Wie erstarrt, sah ich ihm dabei nur zu, wie er mein Blut in sich aufnahm. Nebenbei griff er in seine Hosentasche und holte ein weißes Stofftuch zum Vorschein. Er ließ von meiner Verletzung wieder ab und umwickelte meinen Finger mit dem Tuch. Er ergriff meine andere Hand und führte diese zu dem umwickelten Finger.
"Festhalten."
Er sah mich mit seinem üblich emotionslosen Blick an, der mich so wieder aus meiner Starre löste. Vorsichtig schob er mich daraufhin beiseite.
"Setz dich. Ich übernehme den Rest."
Ohne Widerworte setzte ich mich einfach auf einen Stuhl und schaute ihm zu. Die ganze Zeit starrte ich ihm auf den Hinterkopf und immer wieder schoss mir die Situation von eben durch den Kopf. Was war das für ein merkwürdiges Gefühl, dass meinen Körper bei dieser Berührung durchströmt hatte? Das war mir fremd und ich fühlte mich im Moment ziemlich unsicher, aber dennoch irgendwie sehr geborgen, dadurch dass Levi da war. Damals als wir noch Kinder waren, hatte ich mich oft verletzt und er hatte sich um meine Wunden gekümmert. Damals war mir seine Nähe nicht unangenehm. Doch heute, wo wir erwachsene Menschen waren, machte mich seine Nähe tierisch nervös und mein Herz fing an zu pochen, sobald er mir auch nur etwas zu nahe kam.

Plötzlich öffnete sich die Haustür und Furlan und Isabel traten durch diese hindurch. Sofort ging mein Blick zu ihnen und irritiert runzelte ich die Stirn, als ich das Mädchen entdeckte, dass ich gestern noch gerettet hatte. Fröhlich und auch erleichtert sprang sie regelrecht auf mich zu.
"Oh man, endlich bist du wach. Wie geht es dir?"
Etwas überrumpelt starrte ich sie an, während Levi nur einen kurzen Blick über seine Schulter warf und sich dann wieder seiner Aufgabe widmete.
"Ämh....ja. Ich denke ganz gut."
"Das ist schön."
Sie grinste mich über beide Ohren breit an.
"Ich wollte mich auch bei dir bedanken. Es war wirklich keine Absicht dich in so eine Situation zu bringen."
Levi räusperte sich auffällig und Isabel schlug abrupt ihre Hände vor den Mund.
"Tut.....tut mir leid. Ich wollte dich daran nicht erinnern."
Gab sie geschockt kleinlaut von sich.
Levi hatte es ihnen also erzählt.
"Schon gut. Ihr müsst mit mir nicht umgehen, als wenn ich sehr empfindlich deswegen wäre. Ich verkrafte das schon."
Leicht lächelte ich sie an.
Sie stellte sich mir noch einmal komplett vor und erzählte mir, wie zu all dem kam. Sie hatte uns des öfteren durch die Lüfte fliegen sehen und träumte seitdem davon, es selber eines Tages mal zu können.
Isabel war wirklich ein aufgewecktes Mädchen und es hatte mich schon gewundert, dass sie überhaupt bei uns bleiben durfte. Aber mehr Frauenpower war auch nicht schlecht. Dann war ich wenigstens nicht mehr die einzige Frau unter den Männern.
Sie wollte unbedingt den Umgang mit der 3D Manöver Ausrüstung lernen. Und genau das hatte Furlan ihr an dem Tag gezeigt, während Levi daheim blieb und anscheinend über mich gewacht hatte.

Wings of Freedom - Broken SoulsOnde histórias criam vida. Descubra agora