"Gewagtes Vorhaben"

165 9 0
                                    

Ich hatte eine unruhige Nacht hinter mir. Immer wieder wurde ich von merkwürdigen Geräuschen wach, oder ich hatte Angst, es würde jemand in mein Zimmer kommen, wenn ich Schritte auf dem Flur wahrnahm. Noch völlig müde richtete ich mich auf, streckte mich ausgiebig und schwang meine Beine aus dem Bett. Ein Tag war nun um und ich hatte Angst, was mich heute wohl erwarten würde. Ich stellte mich schon auf das Schlimmste ein, doch wusste ich nur grob was das hier für ein Haus war und mir nicht wirklich sicher war, was hinter den verschlossenen Türen alles geschah. Doch war ich mir sicher, das ich es wahrscheinlich schneller erfahren würde als mir lieb war. Ich sprang von dem Bett und begab mich in das angrenzende Bad, um mich erstmal ausgiebig zu waschen. Seitdem ich hier war, hatte ich noch kein einziges Mal die Außenwelt gesehen. Ab und zu erhaschte ich einen Blick durchs Fenster, doch blickte man direkt an das nächste Gebäude und ich hatte das Gefühl, als wenn hier niemals die Sonne scheinen würde. Zumindestens konnte ich keine Sonnenstrahlen ausmachen.

Als ich gewaschen und auch fertig angezogen aus dem Bad kam, öffnete sich meine Zimmertür und ich schreckte erst kurz zurück und entfernte mich ein Stück. Doch als ich die Gestalt Sinas sah, entspannte ich mich ziemlich schnell wieder. Erleichtert atmete ich aus, während sie lächelnd die Tür schloss.
"Und? Gut geschlafen?" Kam sie fragend auf mich zu.
"Eher weniger." Gab ich kurz und knapp von mir.
"Heute....wirst du mich den ganzen Tag begleiten und Eindrücke sammeln, was alles auf dich zukommen wird. Auch die Sachen, wenn du erwachsen bist."
Frustriert setzte ich mich aufs Bett, schloss die Augen und atmete tief durch.
"Ich weiß das wird hart für dich. Doch denke an meine Worte. Wenn du tust was man von dir verlangt, wird dir nichts geschehen."
Ich bestätigte sie bloß mit einem leichten Nicken.
"Gut, dann komm."
Sie ging zur Tür und ich erhob mich schwerfällig, um ihr zu folgen. Mit einem letzten aufmunternden Lächeln in meine Richtung, öffnete sie die Tür und trat auf den Flur hinaus. Ich schloss die Tür hinter mir und folgte ihr unsicher.

Sie führte mich wieder in den großen Hauptraum und zeigte mir dort erstmal ausgiebig, wo ich was zu finden hatte. Ich sollte erst einmal nur beobachten und je mehr Zeit verging, umso nervöser wurde ich, da ich wusste, dass ich irgendwann selber aktiv werden sollte. Und so war es dann auch. Ich sollte anfangen einigen Gästen ihre Getränke zu bringen. Ich war nervös und hatte Angst etwas falsch zu machen. Oder gar jemanden damit zu überschütten, da meine Hände so stark zitterten. Tjia, und es kam wie es kommen musste. Meine Angst wurde Realität und ich hatte einem Kerl das Getränk einmal komplett über die Hose gegossen.

"Bist du nicht mehr ganz dicht?!"
Sprang dieser außer sich auf.
"Sieh dir diesen Mist an!"
Er packte mich grob am Arm, was verdammt weh tat, und zog mich mit Gewalt weiter zu sich. Sina ging natürlich sofort dazwischen und versuchte ihn zu beruhigen. Doch der Kerl gab sich damit nicht zufrieden und wollte eine Gegenleistung als Wiedergutmachung.
"Es tut mir wirklich leid. Sie hat das nicht mit Absicht gemacht. Sie ist erst seit Gestern hier und lernt noch."
Sina versuchte mich zu verteidigen, woraufhin der Kerl mich wieder los ließ.
"Ist das so? Und du bist wohl für sie zuständig? Dann wirst du es an ihrer Stelle wieder gut machen, meine Süße." Dieses Mal zog er Sina nahe zu sich.
"Und die Kleine wird uns Gesellschaft leisten."
Sina sah mich jetzt schon mit einem entschuldigen Blick an, wo ich mich fragte wofür dieser war. Doch lange auf die Antwort warten musste ich nicht. Kurze Zeit später fanden wir uns in einem kleinen Raum wieder, mit einem großen Bett. Während ich wie traumatisiert auf einem Stuhl in der Ecke saß, musste ich mit ansehen wie dieser widerliche Kerl über Sina herfiel. Das war also die Sache, die man über sich ergehen lassen musste, wenn man alt genug war und genügend Erfahrung hier gesammelt hatte. Nach diesem Anblick wollte ich nun umso mehr von diesem schrecklichen Ort weg. Und ich würde es auf jeden Fall versuchen. Egal ob ich dabei ums Leben kommen würde, oder nicht.

Monate vergingen und immer und immer wieder musste ich mir diesen Anblick antun, wie die Männer über die Frauen herfielen. Ich wollte nicht mehr. Ich war schon paar Male am überlegen gewesen, mir einfach das Leben zu nehmen, damit ich mir diese Schmach nicht mehr antun musste. Doch das war nicht das, was ich eigentlich wollte. Ich wollte leben. Daher musste ich von hier fort. Durch meine ganzen Fehler die ich die letzten Monate gemacht hatte, war mein Körper bereits übersät mit dunklen Flecken, was hier wohl als Bestrafung galt. Immer wieder lag ich mit Schmerzen abends im Bett und flehte darum, dass diese wieder schnell verschwinden würden. Irgendwann konnte ich genug Vertrauen gewinnen, das ich mich frei bewegen konnte, ohne das gleich jemand ein Auge auf mich hatte. Ich nutze daher den Moment der Unachtsamkeit und ergriff die Flucht. Ich war ein Glück noch so klein, dass der Türsteher mich nicht bemerken konnte. Als ich endlich aus dem Haus war, zögerte ich kurz und blickte hinauf, wo ich eigentlich den Himmel erwartet hatte. Doch ich starrte bloß gegen eine Decke aus Stein. Die gesamte Stadt, in der ich mich befand, wurde in einer riesigen Höhle errichtet. Mein Vater erzählte mir mal von einer Stadt, die sich im Untergrund befinden sollte. Das musste hier dieser Untergrund sein. Doch Zeit für weitere Gedankengänge hatte ich nicht mehr. Denn es wurden einige auf mich aufmerksam und nahmen die Verfolgung auf. Wie eine Besessene rannte ich durch die Straßen und machte den Fehler, in eine kleine Gasse ab zu biegen, die sich leider als Sackgasse herausstellte. Wie ein Tier in der Falle drückte ich mich gegen die kalte Wand, während einer von den Aufpasser mir immer dichter kam. Ich sank mittlerweile vor Angst auf die Knie, kniff die Augen zusammen und legte schützend meine Arme um mich. Doch als die Schritte verstummten, traute ich einen Blick dorthin und schaute bloß in ein paar starre Augen, woraufhin der Kerl, der mir eben noch an den Kragen wollte, leblos zu Boden ging.



Wings of Freedom - Broken SoulsOù les histoires vivent. Découvrez maintenant