Kapitel 16 - Blumen und Wassermagie

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„Wollen die hier etwa übernachten?", flüsterte ich und wechselte zum wiederholten Mal meine Position. Mein rechter Fuß war eingeschlafen und kribbelte wie ein Haufen Ameisen.

„Hoffentlich zertrampeln die uns nicht das Gegengift", knurrte meine Freundin, strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr und sah aus, als würde sie die Gruppe mit ihrem Blick in Luft auflösen wollen. Da kam mir eine Idee.

„Wenn sie nicht verschwinden wollen, dann müssen wir eben dafür sorgen."

Elara drehte den Kopf und blickte mich mit gerunzelter Stirn an. Dann glätteten sich die Falten und ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen.

„Du hast recht. Und ich weiß auch schon wie."

Es kostete uns viel Kraft und Konzentration, unsere Magie so gezielt einzusetzen, dass den Menschen aus unerklärlichen Gründen plötzlich die Hüte wegflogen, Wind ihre Gesichter streifte, obwohl die Bäume ringsherum völlig unbewegt dastanden. Stumme Wächter im schwindenden Licht des Tages. Mit Befriedigung nahmen wir die aufkeimende Unruhe wahr, die sich in der Gruppe auszubreiten begann. Misstrauische Blicke wurden getauscht, Stimmen erhoben und hektische Bewegungen gemacht. Der Mann, der vorhin noch Blumen erklärt hatte, wedelte jetzt fahrig mit den Armen, als versuche er, irgendetwas zu verjagen. Ich kicherte, ließ einen Windstoß auf ihn los und beobachtete, wie er herumwirbelte. Langsam aber sicher wurde es den Leuten zu unheimlich und jemand drängte darauf, zu gehen.

„Na endlich", wisperte Elara neben mir, lächelte zufrieden und ließ ihren Arm sinken. Im Halbdunkeln funkelten ihre grünen Augen wie die eines Tieres. Tatsächlich schlossen sich immer mehr dem ersten an und nach wenigen Minuten lag die Lichtung wie ausgestorben vor uns, während das Trampeln der Gruppe in der Ferne verhallte.

Zu unserem nächsten Missfallen war es nun aber so dunkel, dass man keine Blüte von der anderen unterscheiden konnte.

„Zur Hölle nochmal!", fluchte Elara, ließ ihren Rucksack mitten auf der Lichtung zu Boden fallen und legte den Kopf in den Nacken. Ich fühlte mich ähnlich hilflos, denn während wir hier im Dunkeln saßen, verstrich die wertvolle Lebenszeit unserer Direktorin.

„Es bringt nichts", seufzte ich, legte meiner Freundin eine Hand auf die Schulter und legte mich schließlich hin. Lustlos knabberte ich an einem dieser Müsliriegel, starrte hinauf in den Himmel und betrachtete die Sterne. Funkelnd schmückten sie das Firmament. So unendlich weit entfernt, aber jede Nacht zu sehen. Das sanfte Rauschen der Wasserfälle beruhigte meine angespannten Nerven und irgendwann dämmerte ich weg. Ich konnte nicht behaupten, gut geschlafen zu haben, aber doch besser als letzte Nacht. Als ich am nächsten Morgen also die Augen aufschlug, mich aufsetzte und streckte, blieb mein müder Blick zu allererst an den Wasserfällen hängen. Glitzernd stürzte das kristallklare Wasser über die etwa fünf Meter hohe Felskante und verband sich an deren Fuß mit dem See, dessen Oberfläche sich leicht kräuselte. Und dann entdeckte ich Elara. Irgendwie war sie auf die Felskante geklettert und suchte das Gras nach der kleinen, besonderen Blume ab, die Mrs. Williams das Leben retten sollte. Mir stockte der Atem, als meine Freundin sich auf dem nass glänzenden Gestein fortbewegte, wegrutschte, aber rasch wieder fing.

„Sei bloß vorsichtig", murmelte ich, stand auf und begann ebenfalls, nach der Blume zu suchen. Immer wieder schweifte mein Blick zu Elara, die inzwischen die Höchste Stelle erreicht hatte. Hochkonzentriert tastete sie mit dem Fuß nach Halt und in dem Moment sah ich das Unheil kommen.

„Pass auf!", rief ich, mein Pulsschlag verdoppelte sich, ich hielt die Luft an. Der Stein unter Elaras Fuß gab nach und schlug spritzend auf der Wasseroberfläche auf. Sie verlor das Gleichgewicht, ihre Finger rutschten ab und sie fiel. Vor Schreck waren meine Glieder wie gelähmt, während mein Gehirn mich anbrüllte, ich solle gefälligst meine Magie einsetzen. Doch bevor ich dazu kam, wurde Elaras Fall von Wasser aufgehalten? Ich blinzelte hastig, doch das war keine Einbildung. Sie schwebte tatsächlich auf einer Fontäne aus Wasser – einer magischen Fontäne. Aber wie war das möglich? Keiner von uns beiden besaß Wasserkräfte.

Academy for Elementarys - Wasser und LuftWhere stories live. Discover now