Kapitel 10 - Superkalifragilistikexpialigetisch am Allerwertesten

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Ich wollte toben, heulen und Elara mit Vorwürfen überhäufen, aber ich bekam einfach keinen Ton heraus. Ein drohender Mathetest, Strafarbeiten im Büro der Direktorin und gefühlt den ganzen Körper voller Mückenstiche – ich war erledigt. Und das schon morgens um sieben.

„Helen, mach den Mund zu, du bist kein Karpfen", meinte Elara spöttisch und ich registrierte so nebenbei, dass sie gerade Mary Poppins zitiert hatte.

„Aber ich bin superkalifragilistikexpialigetisch am Allerwertesten – nur, um das mal klar zu stellen", schnappte ich.

Meine beste Freundin sah mich einen Moment lang an, ihre Mundwinkel zuckten verdächtig, dann prustete sie ungehalten los und ich verstand nicht, was an dieser Situation so witzig sein sollte. Sie würde vielleicht kein Problem mit dem Test haben, aber ich schon. Sie war Mrs. Williams Standpauken gewöhnt. Ich war es nicht!

„Das ist nicht lustig", fuhr ich sie harsch an und stemmte die Hände in die Hüften.

„Du hättest dein Gesicht sehen sollen", kicherte Elara, während sie versuchte, sich wieder einzukriegen.

„Argh", schnaubte ich, warf in verzweifeltem Ärger die Arme in die Luft und marschierte an meiner Freundin vorbei ins Bad. Ein paar Hände kaltes Wasser und in frischen Anziehsachen später fühlte ich mich einigermaßen in der Lage, zu verstehen, was wir uns da eingebrockt hatten.

„Verdammter Mist", fluchte ich, warf hektisch Hefte und Stifte in meine Tasche, bevor ich mir mein Mathebuch krallte, um mich wenigstens daran zu erinnern, was wir gerade behandelten. Es bestand zumindest eine kleine Chance, dass ich mir einige Formeln merken konnte.

„Nicht panisch werden", meinte Elara in dem aussichtslosen Versuch, mich zu beruhigen.

„Ich bin nicht panisch!", rief ich und schon meine Tonlage ließ das Gegenteil deutlich werden. „Okay ... ich bin vielleicht ein bisschen panisch, aber das ist allein deine Schuld. Ich werde diesen Mathetest verhauen und dann kann ich meine Note vergessen. Warum mussten wir auch unbedingt im Wald übernachten?"

„Helen." Elara legte ihre Hand leicht auf meinen Arm und sah mich aus ihren grünen Augen an. „Es tut mir leid, dass du meinetwegen jetzt auch Ärger mit Mrs. Williams hast."

Ich atmete tief durch und erwiderte ihren Blick fest. „Ist schon gut. Wie gesagt ... ich bin freiwillig mitgekommen und hatte eine nette Nacht mit ein paar Mücken und meiner besten Freundin."

Elara lächelte scheu, doch ich merkte, dass sie sich wirklich Vorwürfe machte. Das hatte ich auch noch nicht erlebt. Meine Freundin nahm so ziemlich alles mit stoischer Gelassenheit hin und zeigte selten, was sie wirklich fühlte. Ich kannte sie aber inzwischen lange genug, um zu wissen, wie sie tickte und wann sie etwas beschäftigte.

„Im Ernst, Elara", bekräftigte ich und drückte ihre Hand.

„Dann wird ich jetzt dafür sorgen, dass du den Mathetest bestehst." Ihre Augen funkelten tatendurstig und ich fragte mich, wie sie das bewerkstelligen wollte. Wir hatten gleich in der ersten Stunde Mathe und bis dahin waren es nur noch gut anderthalb Stunden. Doch meine Freundin hatte nicht zu viel versprochen. Während des Frühstücks, auf dem Weg durch die Flure und selbst als Mrs. Williams schon vor uns stand, erklärte sie mir jede Formel und jeden Rechenweg. Mir schwirrte der Kopf und war nicht sicher, ob das wirklich schlau gewesen war.

Die Direktorin legte die Blätter vor uns auf den Tisch und ihre Miene verriet rein gar nicht, dass sie uns heute früh in unserem Zimmer überrascht hatte.

„Ihr könnt anfangen", meinte sie, als sie wieder am Lehrertisch angekommen war und ich fing an, die Aufgaben zu lesen. Mein Mut sank mit jedem Wort, doch der Ehrgeiz in mir, zu beweisen, dass ich das konnte, bewirkte, dass ich mich tatsächlich an Elaras Erklärungen entlanghangeln konnte. Am Ende hatte ich fast jede Aufgabe gelöst – zumindest hatte ich etwas hingeschrieben, das in meinen Augen Sinn ergab. Mit klopfendem Herzen legte ich meinen Stift beiseite und gab den Test ab. Jetzt hieß es Abwarten und Tee trinken.

Academy for Elementarys - Wasser und LuftWhere stories live. Discover now