Kapitel 9 - Eine Nacht im Wald und ihre Folgen

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Das Leben an der Akademie ging wieder seinen geordneten Gang. Unterricht und Hausaufgaben sollten uns von unserer Freizeit befreien und die heißen Temperaturen machten uns allen zu schaffen. Nun ja, fast allen. Cassie war das blühende Leben und schien die Hitze sehr zu genießen, während ich schwitze, wenn ich nur den kleinen Finger bewegte.

Elara war wieder dazu übergegangen, Mrs. Williams zu provozieren und ich versuchte wie immer, sie davon abzuhalten. Oft jedoch erfolglos. Leider.

Innerhalb von einer Woche schaffte sie es, drei Mal ins Büro zitiert zu werden und jedes Mal kehrte sie mit unlesbarer Miene zurück.

„Elara, wie lange willst du das noch durchziehen?", wollte ich eines Nachmittags wissen und löste meinen Blick vom Buch der nordischen Mythologie.

Meine Freundin betrachtete gelangweilt den angefangenen Aufsatz vor ihrer Nase und zuckte mit den Schultern.

Ich seufzte resigniert. Jedes Mal, wenn ich sie auf das Thema ansprach, blockte sie ab oder ignorierte mich einfach. Damit stellte sie meine Geduld auf eine harte Probe, doch sie war meine beste Freundin und ich beschloss, ihr ihren Freiraum zu lassen. Immerhin war die Direktorin nicht mein Problem sondern ihres.

Bis zu dem Abend, an dem wir ausgestreckt auf ihrem Bett lagen und ich mich fühlte, als befände ich mich in einer Sauna.

„Ich hasse diese Hitze", ächzte ich und pustete mir mithilfe meiner Magie einen Windhauch ins Gesicht.

Draußen dämmerte es bereits und das Fenster stand sperrangelweit offen, doch von Abkühlung keine Spur. Was hier fehlte war ein ordentliches Gewitter.

„Kein Wunder", erwiderte Elara. „Dieses Gebäude speichert die Wärme wie ein Schwamm Wasser aufsaugt."

„Wie soll ich denn so schlafen?", jammerte ich.

„Dann lass uns woanders schlafen", schlug meiner Freundin vor und ich runzelte die Stirn.

„Woanders? Ich glaube nicht, dass es hier irgendwo kälter ist."

„Wie wäre es mit dem Wald?"

„Bist du verrückt?"

Die Worte waren mir herausgerutscht, ehe ich es verhindern konnte und ich setzte mich auf.

„Du willst im Wald übernachten? Du weißt, dass das verboten ist, oder?"

Elara nickte. „Aber was soll schon passieren? Dort haben wir frische Luft und unsere Ruhe."

„Hier haben wir auch unsere Ruhe", konterte ich, während alle Stimmen in mir gegen diese verrückte Idee protestierten.

„Stell dir doch einmal vor", sagte meine Freundin. „Blätter rascheln, Sternenlicht funkelt durch die Baumkronen, Grillenzirpen, sanfter Wind, der über deine Haut streicht." Sie verlieh ihrer Stimme einen rauen Tonfall und ich spürte wie mein Widerstand sich langsam legte.

„Was soll das werden? Eine romantische Nacht für zwei?" Das bisschen Sarkasmus konnte mich leider auch nicht mehr retten, denn Elara hatte mich überzeugt.

„Ja, so in etwa." Sie war mir einen verruchten Blick zu und lachte.

„Du bist doch verrückt", murmelte ich.

Wenige Minuten später schlichen wir uns durch die leeren Gänge der Akademie ins Freie. Kein Lehrer hielt uns auf und nicht einmal Schüler begegneten uns.

Im dämmrigen Licht huschten wir über den Campus auf die ausladenden Ahornbäume zu, die den Waldrand markierten und verschwanden zwischen den Stämmen.

Academy for Elementarys - Wasser und LuftWhere stories live. Discover now