5.6 ♛ Kate

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Es fühlt sich an wie ein Déjà-vu, als mir der Officer den Kopf nach unten drückt und mich auf die Rückbank des Polizeiautos schiebt. Meine Arme sind hinter dem Rücken zusammengehalten. Das harte Eisen der Handschellen drückt unbarmherzig in meine Gelenkknochen. Ich darf jetzt nur nich daran denken, dass mein roségoldener Tiffany-Armreif durch das billige Metall schonungslos zerkratzt wird.

Als ich schließlich einen orangen Overall trage und in eine Zelle zusammen mit fünf anderen Jugendstraftäterinnen gesteckt werde, frage ich mich, weshalb ich das hier eigentlich gemacht habe. Warum bin ich Josephine in dem kleinen Reserve-Auto meiner Eltern gefolgt?

Ich meine, Josephine ist doch verrückt. Sie hat das gesamte Moshannon Manor in die Luft gejagt und somit alle Beweise zerstört, die wir gegen den Chester's Clan in der Hand hatten. Das ist wirklich nicht typisch Josephine. Sie ist sonst so vernünftig, so intelligent und sie hat Beweise immer geliebt. Verdammt, sie war so viel besser im Detektiv-Spielen als ich.

Ich wage es kaum in die krassen Gesichter meiner Zellenkumpaninen zu blicken. Sie sehen allesamt so aus, als hätten sie ein dunkles Inneres. Ich dagegen bin die verwöhnte Millionärstochter, die hier vermutlich keinen Tag überleben wird. Ich weiß, dass mein Vater mich da rausholen kann — die Frage ist nur wann.

Und die nächste Frage, die ich mir stelle ist, was ich machen werde, wenn ich hier raus bin. Denn ich weiß jetzt, dass wir unser Leben nicht so weiterführen können. Wir müssen aus Greyforks verschwinden. Das Schuljahr ist bald zu Ende und ich bin müde von dieser Stadt. Müde vom Chester's Clan und Eckstein.

In der ersten Nacht hier mache ich kein Auge zu, sondern starre im Stockbett, das ich mir mit einer Schwarzhaarigen-Gothic-Braut teile, gegen die Decke. Wasser tropft etwas langsamer als im Sekundentakt aus einem Riss im grauen Beton. Wahrscheinlich regnet es draußen. Aber wer weiß das hier schon. Es gibt keine Fenster.

Am nächsten Morgen stelle ich fest, dass das Essen ungenießbar ist. Aber das hat auch einen Vorteil. Ich habe beschlossen, diesen Gefängnisaufenthalt doch zu was Gutem zu machen. Er wird mein persönlicher Weg zur Bikinifigur, die mir beim Anblick dessen, was vor mir auf dem Plastiktabletts liegt, gar nicht mehr schwerfällt.

Etwas später ist Besuchszeit. Anders wie Josephine nach ihrer Verhaftung, darf ich sogar am selben Tisch mit meinen Besuchern reden.

»Hey, Kate!« Josephine und Candice fallen mir herzhaft in die Arme.

Wir setzen uns alle gemeinsam an den kleinen runden Tisch und lächeln uns an.

Um uns herum befinden noch weitere Tische mit anderen Gefangenen und Besuchern.

»Erzählt mir, was ist in der freien Welt geschehen?«, frage ich und blicke in ihre freudestrahlenden Gesichter.

Als ihr Grinsen noch breiter wird und sie mir keine Antwort geben, bin ich tatsächlich etwas verwirrt. Es muss was Außerordentliches geschehen sein. »Leute, was ist passiert? Ich platz hier gleich vor Neugierde.«

»Liam hat das Gespräch zwischen den Mitgliedern des Clans aufgenommen und Nick hat der Polizei seine Beweisfotos des Moshannon Manor gezeigt«, berichtet Candice aufgeregt. »Alles zusammen hat zur Festnahme aller Mitglieder des Clans geführt.«

»Naja, beinahe alle«, korrigiert sie Josephine. »Mary haben sie noch nicht gefunden.«

Ich stelle mir kurz vor, wie Mary auf der Flucht in den Wäldern von Chester Hill umherschleicht und sich vor allem ekelt was kriecht und mehr als vier Beine hat. Sie werden sie bald finden, das weiß ich.

»Das ist so klasse, Leute!«, betone ich dann. Denn das ist es wirklich. Auch wenn sie Mary noch nicht haben, sind diese Neuigkeiten besser als in meinen schönsten Träumen.

Greyforks | Staffel 2 || SerieWhere stories live. Discover now