Dreiundzwanzig

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Meine Schwester schafft es immer den Parkplatz zu finden, der am weitesten von dem Ort entfernt ist, wo man hin möchte. Ich versuche mich deswegen nicht zu beklagen, was mir aber ziemlich schwer fällt. Da Kim meine Schwester ist, sage ich meist das was ich denke, ohne lange darüber nachzudenken.

„Ich glaube die Ausstellung wird echt schön sein", sagt Kim und lächelt mich an.

Sie hakt sich bei mir unter und wir gehen los. Ich glaube sie ist froh mal Ruhe von ihren drei nervigen Kindern zu haben. Kleinkinder können echt anstrengend sein. Meiner Meinung nach viel anstrengender als Jugendliche. Klein Kids muss man ständig im Auge behalten und aufpassen, dass sie nichts anfassen, was sie nicht betatschen sollen und so viel mehr. Ich bin beinahe verrückt geworden, als ich mal ein Wochenende auf die drei Rabauken aufgepasst habe.

„Mal sehen", erwidere ich.

Kunstausstellungen sind so eine Sache für sich. Manchmal sind die Bilder wirklich ausdrucksstark, faszinierend und toll gemalt und dann gibt es diese Bilder bei denen man nicht sagen kann, was der Künstler sich dabei gedacht hat. Andere Kunstwerke sind verstörend, total langweilig oder schlecht gemacht.

Kim macht das ohnehin nur, weil sie der Meinung ist, dass ich etwas Abwechslung in meinem Leben brauche. Sie ist der Meinung, dass ich mich viel zu sehr auf meine Arbeit konzentriere und kaum noch etwas anderes mache. Das mag stimmen, aber ich habe gar keine Lust irgendwas in meiner Freizeit zu machen. So lange ich beschäftigt bin, kann es auch Schulkram sein.

„Und wie geht es dir?", will meine große Schwester von mir wissen.

„Super", sage ich.

Ich mustere Kim, die trotz der vielen Arbeit mit ihren Kindern und allem, perfekt aussieht. Meine Schwester ist schlank, hat lange braune Haare und ist toll geschminkt. Es ist ihr wichtig immer gut auszusehen. Man kann sie getrost als ein wenig eitel bezeichnen.

„Wirklich, Annalena. Ich kenne dich lange genug, um zu wissen, dass es dir nicht super geht", meint sie ernst.

„Dann eben gut. Es passt schon."

„Na gut", murmelt sie, da sie keine Lust auf eine Diskussion mit mir zu haben scheint.

Ich habe keinerlei Lust mit meiner Schwester über meine gescheitete Beziehung zu sprechen. Auch nicht darüber, dass Leslie mich ignoriert und Helen ebenso. Ich habe Kim schon viel zu oft die Ohren voll gejammert. Irgendwann reicht es mit dem jammern. An einem Punkt habe ich gemerkt, dass es nichts bringt in Selbstmitleid zu versinken. Ich muss einfach weiter machen und abwarten, was passieren wird. Vielleicht passiert auch gar nichts.

„Was machen die Kinder?", frage ich Kim um das Thema zu wechseln.

„Lass uns einmal nicht über die Kinder sprechen. Die können heute Abend mit Lukas machen, was sie wollen", sagt sie.

„Wie du willst", nuschele ich. „Wie bist du überhaupt auf die Ausstellung gekommen? Du interessierst dich doch nicht besonders für Kunst."

„Eine Freundin von mir kennt die Künstlerin und hat mir diese Ausstellung empfohlen. Ich dachte dabei sofort an dich und daran, dass wir schon lange nichts mehr zusammen gemacht haben", erzählt sie.

„Okay", erwidere ich.

Wir laufen die Straße entlang und in das schicke Gebäude. Schon im Eingangsbereich hängen Bilder an der Wand. Ich lasse meinen Blick durch den großen Ausstellungsraum wandern. Ich mag es mir immer erst einmal einen groben Überblick zu verschaffen, bevor ich mir die Kunstwerke einzeln anschaue.

„Wow", bringe ich hervor, auch wenn ich mir noch keins der Werke wirklich aus der Nähe betrachtet habe.

Schon nach dem ersten kleinen Blick haben mich die Bilder in ihren Bann gezogen. Die Farben, die miteinander kombiniert wurden, die Zeichnungen. Eine perfekte Komposition.

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