Zwanzig

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„Ich glaube ich muss dir was erzählen, dass ich dir schon hätte längst sagen soll", nuschele ich und wage es dabei nicht Helen anzusehen.

Wenn ich ihr in die Augen schaue, dann mache ich wieder einen Rückzieher. Ich kann nicht länger mit dieser fetten Lüge zwischen uns leben. Es ist nicht fair von mir Helen das zu verschweigen. Mit jedem Tag fühle ich mich deswegen schlechter.

„Was denn?", will sie wissen.

Ich höre eine wenig Unsicherheit aus ihrer Stimme heraus, was ich ihr nicht übel nehmen kann. Wenn ein Gespräch schon so anfängt, kann es kaum gut enden.

„Die Schule an der ich unterrichte ist meine alte Schule", beginne ich meine Beichte und sehe an Helen vorbei.

„Das wusste ich schon. Ich habe es selbst herausgefunden", meint Helen und nimmt meine Hand. „Ich hätte mir nur gewünscht, dass du es mir von Anfang an gesagt hättest."

Langsam rücke ich ein Stück von ihr weg. Wie kann ich ihre Hand halten, wenn ich dabei bin ihr zu erzählen, dass ich sie betrogen habe? Das kann ich nicht.

„Das ist aber nicht alles, Helen. Das ist die Schule an der ich mich das erste Mal in eine Frau verliebt habe. Ich habe dir mal davon erzählt. Sie heißt Leslie Baltes und sie ist immer noch an der Schule", rede ich weiter.

Mir fällt es so sehr diese Worte auszusprechen, obwohl der wirklich schwierige Teil doch erst kommt. Vielleicht sollte ich einfach aufhören zu reden und für eine Weile irgendwo untertauchen, aber das führt zu nichts.

„Und?", fragt Helen nach.

„Naja..also..", stammele ich nervös herum und komme mir dabei total dumm vor. „Als wir in London waren, hat sie mir gesagt, dass sie mich damals schon mochte und dann hat sie mich geküsst und ich habe...", mein Stimme bricht.

Ich kann den Satz kaum zu Ende bringen. Tränen laufen über meine Wangen und Helen sieht mich schockiert an. Enttäuschung spiegelt sich in ihren wunderschönen Augen.

„Du hast den Kuss erwidert, oder? Deswegen bist du die ganze Zeit schon so komisch...", stellt sie entsetzt fest.

Ich schaffe es nicht zu antworten, also nicke ich lediglich. Ich fühle mich gerade richtige beschissen, obwohl es das nicht annähernd beschreibt.

„Ist da noch mehr passiert?", will Helen wissen.

Sie klingt total verzweifelt, aber auch ein wenig wütend. Sie hat wohl alles recht dazu sauer auf mich zu sein. Ich wäre es an ihrer Stelle auch.

„Wir haben miteinander geschlafen. Es tut mir leid. Ich hätte es niemals so weit kommen lassen sollen", sage ich ehrlich.

„Was?", murmelt Helen.

Es ist klar, dass sie mit sich selbst redet und nicht noch einmal hören möchte, was ich gerade gesagt habe.

„Es tut mir leid Helen. Es ist einfach passiert."

„Ich will deine Ausreden nicht hören. Es ist passiert und du hast es mir verschwiegen. Ich glaube es nicht", schreit sie schon beinahe und springt vom Sofa auf.

„Helen", bringe ich hervor. „Ich wollte das nicht. Ich wollte dich nie verletzen."

„Das hast du aber", wirft sie mir an den Kopf. „Ich habe dir vertraut, Annalena. Ich habe nicht nachgefragt, wieso du mir nicht erzählt hast, dass du an deiner alten Schule unterrichtest, aber wie es aussieht habe ich jetzt meine Antwort und ich kann es kaum glauben!"

Schuldig sehe ich weg und kaue auf meine Unterlippe herum. Ich weiß, dass ich es nicht ungeschehen machen kann. Die Sache zwischen Leslie und mir ist passiert.

„Liebst du sie denn noch?", will Helen nach einer Weile wissen.

„Ich weiß es nicht", antworte ich ehrlich.

Im Moment bin ich mir meiner Gefühle einfach nicht sicher. Ich weiß gar nichts mehr. Es ist als hätte ich die Kontrolle verloren. Ich verstehe mich selbst nicht mehr. Als würden meine Gefühle eine andere Sprache sprechen, die ich nicht kann.

„Verdammt", flüstert sie und dreht sich um.

Sie verschwindet in unser Schlafzimmer. Ich folge ihr hastig und sehe, wie sie ein paar Sachen in eine Reisetasche stopft.

„Du musst nicht gehen", sage ich leise.

„Doch muss ich. Ich kann im Moment nicht mit dir in einem Raum sein. Ich kann nicht hier sein", meint sie und wischt sie ihre Tränen aus dem Gesicht. „Ich ertrage es nicht dich anzusehen."

„Oh", bringe ich hervor.

Die Worte haben genau dort hingetroffen, wo sie es sollten. Wie Messer in mein Herz. Ich habe es nicht anders verdient.

Ich habe keine Ahnung, was ich tun kann, um Helen am gehen zu hindern. Wahrscheinlich kann ich nichts tun. Wie es aussieht verliere ich sie gerade und damit kann ich nicht umgehen.

„Ich brauche einfach eine Pause von dir. Von uns", höre ich sie sagen.

Ich antworte nicht, sondern stehe einfach nur da und sehe sie an. Wenn ich ihr doch nur klar machen könnte, wie leid es mir tut. Als Helen fertig mit packen ist, drängt sie sich an mir vorbei aus dem Zimmer und verlässt die Wohnung.

Es ist meine Schuld. Alles ist meine verdammte Schuld. Ich habe es vermasselt. Ich habe alles kaputt gemacht. Ich habe Helen verloren. Total fertig lasse ich mich auf den Boden sinken und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. Wie konnte ich ihr das nur antun? Bevor wir hier hergekommen sind, lief es super zwischen uns. Alles war perfekt und ich habe es ruiniert. Tränen laufen unaufhaltsam über meine Wangen.

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