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Katy kommt langsam wieder zu Bewusstsein als wir losfahren.

'Was ist passiert? Wo sind wir?' fragt sie nur und schützt ihre blaue Augen vor der Sonne.

'Wir wollten dein Auto stehlen, dann hast du uns aber entdeckt und Matilda hat dir ihren Rucksack über die Birne gezogen. Jetzt mussten wir dich halt mitnehmen.' antwortet Liam und Katy sitzt sofort kerzengerade auf dem Rückbank. Sie will schon nach ihrem Handy greifen, welches dort liegt, aber Matilda ist schneller und wirft es kurzerhand aus dem fahrenden Auto.

Nach einer kurzen Diskussion haben wir auch sie von unserem kleinen Plan überzeugen können. Ich sehe es Liam an, dass er sich freut, denn er hat ständig dieses dumme Gewinner-Grinsen auf den Lippen, als hätte sie seinen Heiratsantrag gerade angenommen.

Wir fahren ziemlich lange und halten einmal für den Mittag an einer Raststätte, an der es sogar einen kleinen Bankautomaten gibt. Ich steure gleich auf diesen zu und hebe mehrere hundert Euro von meinem Sparkonto ab. Unser Essen und das Benzin bezahlt sich schliesslich nicht von selbst. Die Mädchen verschwinden im Badezimmer. Ich bin mir sicher, Matilda hat Katy einiges zu erklären.

Liam geht mit seinem Geld für uns alle einen Kaffee holen. Er braucht Energie, da er momentan der Einzige ist, der wirklich imstande ist zu fahren. Katy ist zwar wohlauf, aber ich kann verstehen dass sie sich das Autofahren noch nicht ganz zutraut.

Nach der kurzen Pause geht es auch schon weiter. Wir wollen heute noch die Grenze erreichen, und wir müssen noch für eine Nacht ein Motel finden, sonst müssen wir im Auto übernachten. Das ist nicht wirklich schlimm, aber ein richtiges Bett ist immer besser.

Verzweifelt stöbert Matilda durch ihr Handy und gibt immer wieder Kommentare ab, wie: Zu teuer, zu weit weg, oder zu verlodert.

Da unser Budget knapper als gedacht ist, beschliessen wir einfach, auf dem Weg ein paar Kissen und Wolldecken zu kaufen, und im Auto die Nacht zu verbringen. Man muss auch einige Opfer bringen können, schliesslich brauchen wir das Geld für Kleider und Essen. Das ist eindeutig wichtiger als ein bequemes Doppelbett in einem beheizten Hotelzimmer mit Fernseher. Obwohl, jetzt wo ich es mir nochmal überlege wäre es schon ein echter Luxus. Beim nächsten Bankautomaten muss ich eindeutig mehr Geld abheben. In meinen hintersten Gedanken fängt mein jüngeres Ich kläglich an zu heulen, denn ich habe dieses Geld seit langer Zeit angehortet und mir geschworen, dass ich es nur in einer Notlage brauchen werde oder um mir ein Auto zu kaufen. Aber genau gesehen ist das hier ja ein Notfall und och pfeife mal auf den jüngeren Joel.

Ich hätte nie gedacht, dass Autofahren so viel Spass machen kann, aber mit den richtigen Leuten ist es ziemlich amüsant. Ich bin überrascht von Katys rebellischen Verhalten, und Liam grinst von einem Ohr zum anderen, wenn sie miteinander sprechen. Matilda und ich schauen uns dann nur wissend an. Ich kann mir vorstellen dass es für sie im Auto noch schwerer ist, einer Konversation zu folgen, schliesslich kann der Fahrer nicht die ganze Zeit nach hinten schauen. Ich sitze ein wenig unbequem im Sitz, um die Konversation mit mir wenigstens ein bisschen einfacher zu machen. Trotzdem versteht sie relativ gut um was es geht, auch wenn Liam spricht und wir einfach die Antworten geben.

Nicht weit entfernt von der Raststätte findet Matilda auf meinem Handy ein Möbelhaus, was gleich unsere zweite Station ist. Liam verschwindet kurz nach dem Eintreten mit Katy und sagt, sie würden schon mal die vier billigsten Kissen suchen, worauf ich Matilda wieder diesen Blick zuwerfe. Wir machen uns auf den Weg zu den Wolldecken. Die meisten sind ziemlich kratzig und simpel, aber nach ein paar Minuten finden wir richtig grosse Kuscheldecken in verschiedenen Farben. Wir nehmen gleich vier mit: Gelb für Matilda, Grün für Katy, blau für mich und rot für Liam. Ich muss lachen, als meine Shoppingpartnerin in den Einkaufswagen zu den Decken setzt, und kutschiere sie durch die Gänge des Möbelhauses. In der Lampenabteilung finde ich auch noch von eine diesen Lichterketten, die anstatt von normalen Lichtchen aus farbigen Mini-Lampions bestehen. Da sie ziemlich günstig ist und keine Steckdose braucht, werfe ich eine Packung zu Matilda und den Decken in den  Einkaufswagen.

Vor der Kasse warten bereits Liam und Katy auf uns, beide mit einem weissen Kissen unter den Armen.

Als Liam die Lichterkette sieht, sieht er mich böse an. 'Und du hast mir an der Raststätte gesagt du hättest nicht genug Geld für die Zeitschrift!' und ich schüttle nur den Kopf.

Als Katy Matilda aus dem Einkaufswagen hilft, wispere ich ihm verstohlen zu, dass es vor seiner bald-Freundin wohl nicht so gut ankommen würde, wenn er neben ihr in einem Playboy blättert. Sein Vorschlag, für sie ein Bravo-Girl mitzunehmen, musste ich auch ablehnen. Der Typ hatte echt keine Ahnung. Das einzige Mädchen in seinem Leben ist seine kleine Schwester, die von Matilda Italienischunterricht bekommt. Ob sie wohl ohne ihren grossen Bruder auskommt, frage ich mich und fühle mich schon wieder ein wenig schuldig. Ich habe mit meinem überstürzten Plan alle drei hier aus ihrer normalen Umfeld gerissen, und ich weiss dass sie dafür ziemlichen Ärger bekommen werden. Für Liam und den Chipmunk gibt es sicherlich Hausarrest und ein paar Strafarbeiten, Katy wird wohl ihre Arbeit verlieren. Obwohl, ich erinnere mich daran, dass sie die Nichte von Ann ist. Für sie wird die Strafe wohl am mildesten ausfallen. Ich möchte gar nicht daran denken, was alles passieren wird wenn wir wieder nach Hause kommen, und beschliesse, mir jetzt keine Sorgen mehr zu machen.

Liam checkt jetzt endlich, warum ich ihm die Notlüge mit dem Geld vorgehalten habe und zwinkert mir verschwörerisch zu, und sagt irgendetwas von wahrer Bruder. Der Typ hat manchmal echt einen an der Waffel, und ich bin wirklich froh dass die Mädchen noch dabei sind. Erstens klebt er dann ständig an Katy, und zweitens könnte niemals zu viel Zeit alleine mit diesem Idiot verbringen. Der kapiert aber auch wirklich gar nichts.

Die Mädchen steuern nach dem Einkauf wieder aufs Klo zu, was ich nicht verstehe. Die haben echt eine ziemlich schwache Blase.

Auf der Autobahn gibt Liam richtig Gas, worauf hin Katy nicht ganz so erfreut aufschreckt und ihn ein bisschen anschreit. Aber er lässt sich nicht beirren und geniesst die Aufmerksamkeit, die sie ihm schenkt.

Er lässt die Fenster herunter, und der Wind streift durch unsere Haare. Ich schaue nach hinten, und sehe wie Matilda einfach nur lächelt, und Katy Liam immer noch ein bisschen böse anschaut. Ich kann spüren, wie glücklich Matilda ist und das überträgt sich auch auf meinen Körper. Und in diesem kurzen Moment, während wir alle vier einfach nur die Musik geniessen und der Sonne folgen, bin ich zum ersten Mal in meinem Leben rundum glücklich und habe keine Probleme.

matilda Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt