6. Kapitel

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Sofort rasten wir hinauf in die Küche, nur um einen George anzutreffen, der wie ein kleines Kind um den Tisch herumhüpfte.
„Was ist denn mit dir los?", fragte Lockwood und George hielt in seiner dämlichen Nummer inne.
„Ihr glaubt nicht, was ich im Archiv gefunden habe!"
Lockwood stöhnte: „Lass mich raten. Irgendwas Interessantes zum Fittes Mausoleum?"
George sah ihn verwirrt an: „Hä? Nein, dazu hab ich rein Garnichts gefunden. Aber dafür etwas sehr spannendes zu unseren neuen Fall!"
Lockwood schnaufte und lies sich auf seinen Sessel fallen: „Na, dann schieß los!"
George war nicht mehr zu bremsen. Er erzählte uns, dass es vor 20 Jahren in dem Haus einen Massenmord gab, bei dem 6 Personen ums Leben gekommen waren. Der Mörder wurde festgenommen und sitzt heute noch im Knast. Das Anwesen wurde weitervererbt, doch niemand in der Familie wollte darin wohnen. Bis auf die letzte Generation, die uns ja arrangiert hatte.
Ich konnte mich jedoch nicht so recht auf Georges Vortrag konzentrieren. Gedankenverloren starrte ich auf eine Zeichnung am weißen Tuch. Es sollte wohl einen Hund darstellen, sah aber eher so aus wie eine Klopapierrolle mit Hörnern (vermutlich von George). Was jedoch wichtiger war, war die Frage, ob Lockwood mich gerade wirklich küssen wollte. Ich meine, nicht dass ich etwas dagegen hätte, nein, eher in Gegenteil. Ich mochte Lockwood, aber mir wurde erst jetzt bewusst, dass ich ihn SEHR mochte. Mir war jedoch nicht klar, dass er die gleichen Gefühle für mich empfand. Oder tat er das vielleicht gar nicht und ich hatte das im Keller einfach falsch gedeutet. Vielleicht war auf meiner Schulter einfach nur ein Fussel gewesen und er wollte ihn wegschnipsen. Oder...
„... oder Lucy? LUCY!", riss mich George aus meinem Gedankengang.
„W-was?", fragte ich zerstreut.
Lockwood sah mich mit einem undefinierbaren Blick an: „George vermutet, dass wir heuten auf einem Wiedergänger stoßen werden. Wir sollten vorsichtig sein!"
„Äh, ja. Okay."
George sah abwechselnd mich und Lockwood an.
„Ist mit euch irgendwas?"
Sofort riss ich meinem Blick von Lockwood los und sah George an.
„Nein!"; rief ich rasch, „Alles bestens! Ich geh dann mal hoch und mach mich für den Auftrag fertig. Schnell drehte ich mich um, damit sie meinen hochroten Kopf nicht sahen und stürmte aus dem Zimmer. Zwei Schritte vor meiner Tür hielt mich jemand an der Schulter zurück. Als ich mich umdrehte, blickte ich direkt in Lockwoods dunkle Augen. Oh mein Gott, wie schnell war er bitte? Mein Herz fing sofort an schneller zu schlage und ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss.
„He, wegen Vorhin, ich..."
„Kein Problem, Lockwood!", unterbrach ich ihn, „Hör zu! Ich muss mich jetzt echt fertigmachen, sonst kommen wir zu spät und ich glaube nicht, dass du das willst, also..."
Ich befreite mich aus seinem Griff und ließ ihn mit einem verdatterten Ausdruck auf dem Gesicht stehen.
Als ich die Tür hinter mir schloss, lehnte ich meine Stirn an die Wand und atmete einmal tief durch. Ich hatte mich also nicht getäuscht! Trotzdem ärgerte ich mich, dass ich ihn nicht ausreden gelassen hatte.
„Och Mäuschen, was hast du denn?", ertönte eine Stimme in meinem Kopf.
Ich drehte mich um und starrte den Schädel an. Na super! Der hatte mir gerade noch gefehlt.
„Gar nichts!"
„Du weißt, dass du mir nichts vormachen kannst!"
Die Geisterfratze sah mich eine Weile an, bis ich mich genervt umdrehte.
„Ha! Ich weiß schon um wen es geht! Es geht um deinen Locky, stimmt's oder hab ich recht?"
Ich gab keine Antwort.
„Keine Sorge, Schätzchen! Ich glaub, er mag dich auch!"
Ich drehte mich abrupt um und betätigte den Schließmechanismus. Trotzdem sah ich genau, wie er mir wissend in die Augen sah. Der Schädel gab mir noch ein wichtigtuerisches Lächeln, dann verpuffte er.

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Den restlichen Tag verbrachten wir damit, alle Vorkehrungen zu treffen. Lockwood und ich waren ungewöhnlich still und gingen uns bestmöglich aus dem Weg. Das fiel George natürlich sofort auf.
Als ich gerade ins Wohnzimmer gehen wollte, sah ich, wie George Lockwood am Kragen packte und zu sich zog. Sofort blieb ich stehen und lauschte.
„Was ist da zwischen euch vorgefallen? Ich seh doch, dass ihr euch aus dem Weg geht!", zischte George.
„Gar. Nichts", stöhnte Lockwood und rieb sich den Hals, „Es war alles wie immer. Könntest du mich jetzt bitte loslassen bevor du mir die Luft abschneidest? Das wäre wirklich sehr freundlich!"
Mit zusammengekniffenen Augen ließ George ihn los und ich kam ins Zimmer. Als Lockwood mich sah grinste er mich, zum ersten Mal seit dem Mittag, wieder an.
„Bereit?"
„Na klar!"
„Gut!"; er drehte sich zu George um, „Ruf bitte ein Taxi! Wir fahren los!"

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Im Taxi selbst sagten wir nicht viel. Aber, nun ja. Wir waren ja auch auf den Weg zu einem heimgesuchten Haus. Lockwood saß, wie immer, vorne und George und ich hatten uns auf die Rückbank mit den Taschen gequetscht.
Als wir bei der Villa ankamen, bezahlten wir den Taxifahrer und begutachteten das Haus. Den Schädel hatte ich zu Hause gelassen. Seit dem Morgen redete er nur noch davon, wie er Lockwood und mich verkuppeln konnte.
Lockwood stand da, die Hände in die Hüften gestemmt, und betrachtete das Haus.
Nach einer Weile sagte er: „Okay, ich würde sagen wir gehen einfach rein und treffen alle möglichen Vorsichtsmaßnamen!"
George und ich nickten und gemeinsam traten wir über die Türschwelle.

Lockwood & Co  Das Geheimnis von Penelope FittesWhere stories live. Discover now