4.Kapitel

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Mit Schrecken beobachtete ich, wie Lockwood die Augen verdrehte und auf die Knie fiel. Ich wollte aufspringen und zu ihm laufen, doch ich konnte mich im Moment nicht rühren. Am anderen Ende des Raumes sah ich George, dem der Schreck, vermutlich genauso wie mir, ins Gesicht geschrieben stand. Überrascht zog der Angreifer Lockwood den Degen aus dem Bauch. Ich zuckte zusammen als Lockwood aufstöhnte. Ich dachte schon, er würde nun komplett umkippen, doch zu meiner großen Überraschung hob er den Kopf und sah den Mann mit abgrundtiefen Hass an.
Sein Gegner beugte sich mit einem leichten Schmunzeln zu Lockwood hinunter und sprach mit leiser Stimmen, die aber trotzdem noch jeder hören konnte:
„Wow, damit hat jetzt, glaub ich, keiner gerechnet! Sehr heldenhaft aber dennoch lebensmüde von dir!"
Er beugte sich noch weiter vor:
„Das muss man heutzutage Liebe nennen..."
Ich hörte wie George hinter mir den Atem einzog. Lockwood blickte den Mann immer noch mit puren Zorn an
„... Trotzdem sollte ich das Mädchen töten, und nicht dich!" Mit diesen Worten drehte er sich zu mir um und kam näher. Ich zog den Atem ein. Oh nein!!
Er kam immer näher...
Noch drei Schritte..., noch zwei...
„Du lässt sie schön in Ruhe!!"
Eine gepresste, aber dennoch kräftige Stimme ertönte und ich blickte überrascht auf. Lockwood hatte sich aufgerichtet, eine Hand presste er auf seine Wunde, mit der anderen umklammerte er seinen Degen. Mein Angreifer kräuselte die Lippen:
„Schön, schön. Du bist ein Kämpfer. Das muss man dir lassen! Ich hätte mich nach diesem Schlag kaum noch auf den Beinen halten können!"
Sofort drehte er sich um und ging auf Lockwood los. Mit einem schnellen Schlag schlug er nach ihm. Lockwood wich, für seinen Charakter untypisch, wenig elegant aus. Der Degen schlug mit einem lauten Klirren auf dem Boden auf. Der Mann reagierte sofort. Er hob den Degen und stach abermals nach Lockwood. Dieser wich wieder zur Seite. Dieses Schauspiel wurde noch ein paar Mal wiederholt, dann wurde es Lockwoods Angreifer zu blöd. Mit einer raschen Bewegung schlug er Lockwood den Degen aus der Hand und trat ihn mit voller Wucht gegen seine Wunde. Lockwood verzog vor Schmerz das Gesicht und fiel abermals auf die Knie. Der Mann lächelte, hob den Degen und verpasste Lockwood noch eine Schramme an der Brust. Er musste sich nun mit einer Hand am Boden abstützen um nicht umzukippen, sah seinen Angreifer aber immer noch mit herausfordernden Augen an. Sein Gegner schmunzelte und steckte seinen Degen weg.
„Hm, das sollte dir eine Lehre sein! Ralf, Shaw, wir gehen! Ein Toter reicht!"
Als er bemerkte, dass seine zwei Helfer bewusstlos am Boden lagen, schnaufte er verächtlich, ging auf sie zu und trat ihnen hart in den Bauch. Als hätten sie nur darauf gewartet, schlugen sie fast sofort die Augen auf und hievten sich hoch. Gemeinsam schlürften sie aus dem Raum.
Endlich konnte ich mich wieder bewegen. Ich sprang auf und lief zu Lockwood. Auch George kroch auf ihn zu.
„Oh mein Gott, Lockwood!" sagte ich, als ich sah, dass er die Augen geschlossen hatte.
Doch als er meine Stimme hörte, schlug er sie auf:
„Hey Süße"
„A-aber d-du hast d-doch eine t-t-tödliche Wunde a-abbekommen!"
Ich war den Tränen nahe und meine Hände wollten einfach nicht mehr aufhören zu zittern.
„Tja, ich bin härter im Nehmen als du denkst", sagte er leise und zog seinen Mantel zurück.
Ich konnte seine Wunden sehen und staunte. Die Stichwunde blutete zwar stark, war aber nicht tief. Mehr Sorgen bereiteten mir seine anderen zwei, riesigen Kratzer.
„Oh mein Gott...", sagte ich noch einmal.
Nun war auch George angekommen und starrte Lockwood starr vor Entsetzen an,
„Hey, Leute? Was habt ihr denn? Mir geht's gut!" Man konnte hören, dass Lockwood krampfhaft versuchte, sich den Schmerz nicht anmerken zu lassen. Das gab mir den Rest.
Ich brach in Tränen aus.
„Anthony Lockwood! Spinnst du jetzt komplett? Wir dachten alle, du würdest sterben! Das war töricht, lebensmüden und verdammt noch einmal total mutig von dir! Du hast mir das Leben gerettet! Danke!", die letzten Worte hauchte ich nur noch. Und von diesem Moment war mir egal, ob George was sah, oder nicht. Dieser Tag hatte an meinen Nerven gezerrt und ich konnte nicht mehr klar denken.
Also beugte ich mich ohne zu zögern vor und küsste Lockwood. George riss überrascht die Augen auf und murmelte: „Ich ruf dann mal einen Krankenwagen..."
Ich hörte Schritte, die langsam verklungen und löste mich von Lockwood, der mich mit seinem 1000-Gigawatt-Lächeln angrinste.
„Damit hat er jetzt nicht gerechnet!"
Ich grinste zurück: „Nein, nicht wirklich! Komm, wir sollten dich hier rausbringen! Es wäre nicht gut für die Agentur, wenn man dich verletzt im Fittes Mausoleum findet!"
Ich half ihm auf und bot ihm meine Schulter an. Dankbar lehnte er sich an mich und gemeinsam humpelten wir zur Tür.
Erst jetzt bemerkte ich Kipps, der uns mit offenem Mund anstarrte, und Holly, die noch immer ohnmächtig am Boden lag.
„Hilfst du bitte Holly und bringst sie nach oben?"; fragte ich ihn.
Er nickte (immer noch mit offenem Mund) und schleppte sich zu Holly.
Die Reaktionen meiner Kollegen waren mir egal. Im Moment war ich nur glücklich, dass wir alle lebend aus dieser Sache rausgekommen waren.

Lockwood & Co  Das Geheimnis von Penelope FittesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt