20.Kapitel

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Atemlos starrte ich die verschlossene Tür an. Wir befanden uns auf der einen Seite der Tür, in Sicherheit, Kipps und Holly waren zusammen mit Raziel eingesperrt.
Das durfte doch nicht wahr sein!
Da dachte ich, wir hätten wieder eine Chance zum Überleben und dann passierte sowas!
Gefährlich ruhig drehte ich mich zum Geist des Schädels um. „Warum hast du sie mich nicht holen lassen?!", zischte ich ihn an.
Der Schädel hatte tatsächlich allen Ernstes noch den Mut, Ruhig mit den Schultern zu zucken: „Wenn du jetzt hineingelaufen wärst, hätte ich Raziel nicht länger zurückhalten können. Du hättest es so oder so nicht geschafft und wärst schlussendlich mit ihnen gefangen gewesen. Daraufhin hätte dein Freund versucht mich mit bloßen Händen zu erwürgen und darauf hatte ich wirklich keine Lust..."
Lockwood zog eine Augenbraue hoch, blieb aber still.
„...Und außerdem brauchst du dir keine Sorgen zu machen, denn ich habe Raziel das Genick gebrochen. Das tötet einen Geist zwar nicht, setzt ihn aber für eine Weile außer Gefecht. Ich halte zwar nicht viel von Kipps, aber ich glaube, zusammen mit Holly ist er hoffentlich schlau genug und verriegelt den Deckel vom Glas wieder. Zack, das Problem ist gelöst und Raziel ist wieder weggesperrt!"
Es waren jetzt nicht die besten Worte, die ich mir erhofft hatte, aber es klang nicht so schlecht. Ich hoffte, dass Kipps wirklich schnell genug war.
Ich seufzte und exakt in diesem Moment schaltete sich mein Gehirn wieder ein: Lockwood und George konnten den Schädel verstehen! Ich wandte mich den Geist zu und ließ sein Kommentar bezüglich Lockwood wie immer unkommentiert. Es gab ein paar sehr wichtige Fragen zu klären:
„Warum können Lockwood und George dich hören und wie, bitteschön, hast du es geschafft aus dem Glas herauszukommen?"
Er grinste mich an: „Ich dachte schon, du fragst nie!"
Es folgte ein Räuspern und dann begann der Schädel seine Geschichte:
„Als du und Locky am Abend nicht mehr zurückgekommen seid, wusste ich, dass etwas geschehen war. Da du so rücksichtsvoll warst und in der Eile meinen Riegel offengelassen hast, hab ich meine Chance natürlich sofort genutzt und bin wie ein kleiner Wirbelsturm durch das Glas gesaust, bis es schließlich über die Kante gerutscht ist. Der Deckel brach einen Spalt breit auf und ich war frei! Zuerst dachte ich natürlich darüber nach, abzuhauen, doch dann fiel mir ein, dass ihr mit einer 101-prozentigen Wahrscheinlichkeit bei Marissa seid. Und mit der hatte ich noch ein Hühnchen zu rupfen! Also sauste ich zur Zentrale. Ich sag's euch: Die Bude war wie ausgestorben! Dann sagte mir mein klarer Verstand, dass sie euch vermutlich zum Mausoleum gebracht hat. Daraufhin bin dahingeflogen, hab ein paar Sicherheitsmaßnahmen überwunden, Raziel besiegt und nun stehe ich hier und quatsche mit euch."
Er lächelte mich breit an.
„Und um auf deine erste Frage zurückzukommen: Deine Freunde können mich hören, weil das Geisterglas meine Kräfte geschwächt hat und nur du mich durch dein empfindliches Gehör verstanden hast. Aber nun bin ich frei und in der Blüte meiner Zeit! Zur Erklärung: Normalerweise kann jeder einen Typ-3 Geist verstehen, der auch nur ansatzweise irgendwie anfällig für Übernatürliches sind. Ein weiteres Privileg unserer Art!"
Er verstummte.
Eigentlich hätte ich was sagen sollen, doch ich hatte keine Ahnung was, also blieb ich still. Stattdessen meldete sich Lockwood zu Wort:
„Ich hätte nie gedacht, dass ich das jemals zu einem Geist sagen würde... aber danke! Du hast uns heute alle das Leben gerettet!"
Der Schädel machte ein sprachloses Gesicht: „Woah! Ein 'Danke' von dir hätte ich mir nicht mal zu träumen erlaubt! Aber gern geschehen!"
Er begann wieder zu grinsen. Lockwood trat einen Schritt an ihn heran.
„Bild dir ja nichts darauf ein! Das muss nicht gleich bedeuten, dass wir Freunde sind!"
„Ach, das wir nicht mehr so lange dauern, jetzt, wo wir offen miteinander reden können! Ich freu mich schon, dir alles zu erzählen, was Lucy so sagt, wenn sie denkt, sie ist allein. Das gefällt dir sicher!"
Lockwood schaute ihn argwöhnisch an.
„Ein Beispiel davon wäre, wie sie..."
„Und in diesem Moment ist eure Konversation beendet!" Ich drängte mich zwischen die beiden und warf dem Schädel einen warnenden Blick zu. Hinter mir ertönte ein Räuspern.
„So sehr ich einen Plausch mit einem Typ-3 Geist schätze und auch weil ich eigentlich der Letzte bin, der so unterbricht, haben wir trotzdem jetzt keine Zeit dafür!"
Ich drehte mich zu George um, der mit verschränkten Armen an einer Wand lehnte und der Rest folgte meinem Beispiel. Lockwood stellte sich neben ihn: „George hat Recht!"
Seine Augen funkelten bedrohlich:
„Es wird Zeit, dass Penelope merkt, mit wem sie sich angelegt hat!"

Lockwood & Co  Das Geheimnis von Penelope FittesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt