The letter

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Als ich am nächsten Tag aufwachte war ER das erste an das ich dachte. Der Joker. Wieder kreiste er in meinem Kopf herum. War das gestern ein Traum? Aber dafür war es zu real oder? Wollte ich dass es ein Traum war? Was auch immer es war, ich sollte mich nicht darum kümmern. Selbst wenn er mich fragen würde, ob ich bei ihm mitmachen wollte.... warum hätte er mich das fragen sollen? Oder warum hatte er es gemacht? Die Gedanken beruhigten sich nicht, erst im Auto, neben Bruce, wurden sie wieder still und ich lauschte stumm dem Motor. „Alles in Ordnung Kelsey? Du siehst müde aus", bemerkte Bruce. Das stimmte, ich konnte gestern lange nicht einschlafen. „Ja, ja ich habe nur letzte Nacht nicht sonderlich viel geschlafen", antwortete ich daher nur mit einem kleinen Lächeln in seine Richtung, damit er sich keine Sorgen machte. Er tat es eh, aber ich versuchte es damit ein wenig zu lindern. „Ist es wegen des Überfalls?", fragte er weiter. „Ich weiß nicht... ich denke schon, ja... aber es ist schon ok...", sagte ich überlegend, ganz unrecht hatte er nicht, der Überfall war sowohl ein Auslöser für vieles gewesen und gleichzeitig war es eines der vielen Dinge, die mir schon passiert sind. Ja, ich dachte meine Eltern und früheren Freunde. Vielleicht auch ein paar verdrängte Geschichten. „Ok, aber sag Bescheid, wenn du Hilfe brauchst oder reden möchtest, ja?" Er war so süß. Er kümmerte und sorgte sich immer um mich. „Mach ich... danke", sagte ich lächelnd. „Immer."

Kurze Zeit später waren wir bei der Schule angekommen. Madison und Janson konnte ich nirgends sehen, deshalb lief ich geradewegs Richtung Spind. Inzwischen war mein Kopf wieder freier von den Gedanken und tausenden an Fragen, doch lange sollte diese Pause nicht mehr dauern. Ich öffnete meinen Spind wie jeden Morgen und ein Briefumschlag fiel auf den Boden. Ich war verwirrt, wer sollte mir einen Brief schreiben? Ihn in den Spind zu stecken war kein Problem, man konnte Papier einfach durch den Spalt, unter der Tür, stecken, aber... warum? Ich hob ihn langsam auf. „Kelsey" stand in schöner Handschrift darauf, das bedeutete die Person hatte sich nicht im Spind geirrt. Ich beschloss ihn erst im Klassenzimmer zu öffnen, irgendwie hatte ich Angst er könnte von Kyle sein. Aber wenn er wirklich so etwas extra für mich machen sollte, wie einen Liebesbrief schreiben, vielleicht sollte ich ihm eine Chance geben... aber vielleicht war er ja gar nicht von ihm. Endlich kam ich am Klassenzimmer an, gleich würde ich ihn öffnen können. „Hallo", begrüßten mich Janson und Madison, während ich mich setzte. „Hi", gab ich zurück bevor ich mein Mäppchen hervorkramte. Danach rückte ich ein wenig mit dem Stuhl zurück, um den Briefumschlag zu öffnen. Ich nahm ihn vor mich und hielt kurz inne, ehe ich ihn schließlich öffnete und den Brief hinauszog. „Wenn deine Antwort ja heißt, komm Mittwochabend zur Ecke Sunstreet. Du wirst mich finden. –J" stand in derselben Schönschrift darauf. Mein Herz machte einen kleinen Aussetzer und schlug anschließend doppelt so schnell wie normal weiter. Ich las ihn nochmal. Und nochmal. „J" konnte nur eine Person meinen, aber das war unmöglich. „Wenn deine Antwort ja heißt"... ich konnte mich noch an jeden einzelnen von Jokers Sätzen erinnern, er meinte wohl die Frage, ob ich seine Partnerin werden wollte. Also kriminelle Kampfpartnerin. Glaubte ich zu mindestens, sonst hätte er es wohl nicht einfach so gesagt oder vorschlagen... oder? Ich starrte auf den Zettel. Er konnte nur von ihm kommen, aber warum sollte er das tun? Warum sollte er mich das fragen? Warum sollte er das wollen? Ich war wieder in derselben Denkspirale wie gestern Abend und heute Morgen... und eigentlich schon die ganzen letzten Tage. Der Joker machte etwas mit mir und es ging alles so schnell, dass ich kaum Gelegenheit hatte meine Gedanken zu ordnen. „Was ist das?", fragte Madison und holte mich wieder zurück in die Realität. „Lag in meinem Spind." „Ein Liebesbrief?", fragte Madison neugierig weiter und grinste mich an, doch ich antwortete nur „Nein..." was einen fragenden Ausdruck in ihrem Gesicht hinterließ. Ich gab ihr den Brief. „Wer ist „J"? Kennst du den?" „Ähm, nein... keine Ahnung", log ich, es wäre wohl keine gute Idee gewesen ihr die Wahrheit zu sagen. Mir fiel gerade auf, dass ich mich eigentlich alleine durch das Verschweigen des Vorfalls strafbar machte... und ich realisierte erst in diesem Moment so richtig, dass damit feststand, dass das Zusammentreffen auf dem Dach gestern kein Traum gewesen war. „Was ist das? Was steht da?", fragte nun auch Janson und Madison gab ihm den Brief. Er las ihn kurz durch, „Das klingt so, als ob du schon wissen solltest worauf die Person, wer auch immer es ist, hinaus will... geh da besser nicht hin", meinte Janson mit dem Blick zu mir. „Ne, auf keinen Fall. Wer weiß wer das ist!", riet nun auch Madison. Ich hörte ihnen zu, war aber selbst in Gedanken, „Mittwochabend ist nicht so ne genaue Uhrzeit...", dachte ich, scheinbar laut, denn Madison wurde sofort hellhörig, „Du gehst da nicht hin, Kelsey!", sagte sie schon etwas lauter. „Nein, nein... nein, ich hab nur laut gedacht, ich geh nicht, mach dir keine Sorgen...", murmelte ich. Ich hatte nicht vor hin zu gehen, das war verrückt. Warum sollte ich mein Leben für einen kriminellen Psychopathen aufgeben? „Gut!", betonte nun Madison, als sie sich scheinbar sicher war, dass ich es ernst meinte. Trotzdem konnte ich meinen Blick nicht davon abwenden. ER hatte es geschrieben, ER. Das war so, als hätte man Post von einem Promi bekommen... nur sehr viel skurriler... Erst als Frau Porter zur Tür hinein kam, steckte ich den Zettel in meine Jackentasche.

Der Schultag verging verhältnismäßig schnell und schon bald befand ich mich wieder in der Bahn nach Hause. Ich liebte es in der Bahn Musik zu hören und dabei die, mir jetzt schon fast nicht mehr fremde, Stadt zu beobachten. All die unglücklichen Menschen, die sich durch die Mengen quetschten und all die Leute in ihren Autos, die die Ampeln anhupten und –schrien.

Kurze Zeit später betrat ich endlich wieder mein Zimmer und ließ zuerst meine Schultasche auf den Boden fallen. Bruce war noch nicht da und ich setzte mich aus Reflex erstmal an meinen Schreibtisch. Natürlich viel mir als erstes der Zettel wieder ein, den ich tatsächlich über den Schultag erfolgreich verdrängt hatte. Jetzt holte ich ihn wieder aus der Tasche meiner Jacke, die hinter mir über meiner Stuhllehne hing. Ich entfaltete ihn nochmal, um ihn erneut zu lesen. Ich weiß nicht was ich erwartet hatte, aber natürlich standen dort noch immer dieselben, verwirrenden Worte wie vorhin. Ich zerknüllte ihn und warf ihn auf die andere Seite meines Schreibtisches. Ich wusste nicht, warum ich ihn nicht in den Papierkorb warf, aber dort wo er nun lag war er auch gut aufgehoben. Ich würde wie ein normaler Mensch reagieren, dachte ich, ich würde den Zettel vernichten und nie wieder an diesen Clown denken. Ich erwischte mich, wie ich die ganze Zeit auf den Zettel gestarrt hatte und lief einfach schnell zu meinem Bett, wo ich auch verharrte und schließlich einschlief, bis Bruce mich weckte. Er klopfte an meine Tür. „Kelsey? Ich wollte nur sagen, dass ich da bin und dass Alfred Essen für uns gekocht hat, falls du Hunger hast", rief er von draußen. Erst jetzt merkte ich, dass es bereits 17 Uhr war und ich seit der Schule nichts mehr gegessen hatte. „Ähm ja, ich komme." „Ok gut", rief Bruce, bevor sich seine Schritte wieder von der Tür entfernten. Ich fuhr mir mit der Hand durch mein Gesicht und lief schließlich runter zum Esszimmer. An die Größe von allem hatte ich mich inzwischen gewöhnt. Ich setzte mich gegenüber von Bruce und gleich darauf kam auch schon Alfred, der zwei Teller auf seinen Händen balancierte. „Chili sin Carne, guten Appetit!", sagte Alfred während er uns die Teller hinstellte. Wir bedankten uns und fingen an zu essen. Bruce sah immer noch übermüdet aus... genau wie ich. Diese Stadt schien auf die Dauer wohl jeden wahnsinnig zu machen. 

Driving into madness (Gotham ff - german)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt