Trauer

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Rose

''Rose, willst du mir nicht endlich erzählen, was passiert ist?'' Taylor legt behutsam einen Arm um meine Schulter. Ich blicke aus dem Fenster. Es ist bereits drei Tage her, seit ich Nicolas, dass letzte Mal gesehen habe. Taylor kommt jeden Tag in mein Zimmer, bringt mir etwas zu Essen, weil ich ansonsten schon längst verhungert wäre. ''Du musst zur Schule, Kleine.'' Das sagt er mir seit zwei Tagen, doch ich kann nicht. Ich schlinge meine Arme, um die Beine und wiege mich vor und zurück. ''I-ich kann nicht.'' Eine Träne lief mir über die Wange. Er gibt mir einen Kuss auf die Wange und geht. Allein. Ich will mit niemandem sprechen, niemanden sehen und einfach allein sein. Ich sitze seit zwei Tagen in den gleichen Shorts und dem selben langweiligen roten T-shirt in meinem Bett. Meine Haare stehen in alle Richtungen und jedesmal, wenn ich die Augen schliesse, sehe ich seine Augen. Graue, kalte Augen. Wie kann man so etwas tun? Ohne ihn könnte ich noch laufen. Nur weil mich diese Notärzte aus dem Wagen ziehen mussten, hat sich meine Wirbelsäule verkrümmt. Hätte er schneller reagiert, hätten sie mehr Zeit gehabt mich behutsam aus dem Wagen zu ziehen. Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich schluchzen musste. Mein T-shirt ist zum gefühlten hundertsten Mal von Tränen durchtrennt. Ping! Ich habe eine SMS bekommen. Nicolas. Seit zwei Tagen habe ich 135 Nachrichten von ihm bekommen und keine beantwortet. Ebenfalls 46 Anrufe, nie zurückgerufen. 

Bitte sprich mit mir. Warum kommst du nicht in die Schule? Vermisse Dich. xoxo

Ich liebe ihn auch. Doch ich darf, dass nicht. Sein Vater wäre dann mein Schwiegervater und ich könnte niemals auch nur eine Sekunde mit ihm unter einem Dach verbringen. Weihnachten, Ostern, Geburtstage und vieles mehr. Niemals.

Nicolas

Achtundvierzig Stunden. Seit achtundvierzig Stunden habe ich Ihre strahlenden Augen nicht mehr gesehen. Was ist passiert? Kennt sie meinen Vater? Er sagt, er kennt sie nich. Soll ich ihm glauben? Ich schreibe ihr mindestens jede Stunde eine Nachricht, sie beantwortet sie nicht. Ich vermisse sie. ''Wo ist Sie?'' Eliza steht wütend vor mir. ''Ich weiss es nicht. Habe ich schon mal gesagt. Sie reagiert auf keine meiner Nachrichten.'' ''Super, auf meine nämlich auch nicht.'' Sie schnaubt. ''Was ist wenn ihr etwas passiert ist?'' Ich habe ihr nie gesagt, was vorgefallen ist. ''Das glaub ich nicht.'' ''Wieso bist du dir da so sicher?'' Bevor ich etwas erwidern konnte, wurde ich an die Wand gedrückt. ''Was zur Hölle hast du mit meiner Schwester getan?'' Taylor. Seine Finger krallen sich in meine Schulter. ''Nichts! Ehrlich, ich weiss selbst nicht was los ist!'' Schrie ich ihn an. ''Seit zwei Tagen geht sie nicht mehr aus ihrem Zimmer. Sie isst nichts, sie redet fast nichts und seit zwei Tagen sind Ihre Vorhänge zugezogen.'' Mist. Was ist bloß geschehen? ''Was?'' Er sieht mich verwundert an. ''Du weisst echt nicht was los ist, oder?'' ''Nein, sag ich doch.'' Ich erzähle den beiden von der Sache mit meinem Vater, als Taylor in eine Art Schockstarre fiel. Was ist den jetzt los. Zum ersten Mal erkenne ich die Ähnlichkeiten zwischen ihm und Rose. Er reibt zwei Finger an seiner Nase und runzelt die Stirn. ''Hast du ein Bild von deinem Vater? Wieso? Ich nehme mein Handy und zeige ihm ein altes Foto von meinem Dad. ''Das passt.'' Er sieht mir direkt in die Augen. ''Was passt? Was ist hier los'' Schreie ich. ''Dein Vater ist Schuld daran, dass Rose im Rollstuhl sitzt.'' Spieh er förmlich aus. Bam! Wie ein Schlag ins Gesicht, obwohl mir das jetzt lieber wäre. Deshalb hat sie in Monster genannt. Ich ramme meine Faust in den Spind. Blut Läuft langsam zwischen meinen Fingerknöcheln hindurch. Dieses Arschloch! Er ist einfach weitergefahren, wer tut so was? ''Woher weisst du, dass er es ist?'' frage ich wütend. ''Ich konnte ihn nicht sehen, aber Rose war für einen Moment noch bei Bewusstsein. Er ist an Ihr vorbei gefahren und sie hat mir nur gesagt, dass sie diese grauen Augen niemals vergessen wird.'' Scheisse. ''Ich muss mit ihr reden.'' Ich wollte zum Ausgang rennen, da hielten mich zwei starke Hände fest. ''Sie will mit niemandem reden. Sie will dich nicht sehen.'' ''Ich muss. Ich liebe Sie. Ohne Sie fehlt mir der Grund, warum ich mein Leben mit meinem Vater noch aushalte.'' Er sieht mich an. ''Komm.'' Ich umarme Eliza schnell, welche sagt ich soll ihr einen Gruss ausrichten. Taylor öffnet die Haustür. ''Sie ist oben.'' Ich nicke und gehe in ihr Zimmer. Ich klopfe leise, aber ich höre sie nicht. Langsam öffne ich die Tür und muss mich erst an die Dunkelheit gewöhnen. ''Rose.'' Sage ich langsam. Ich höre ein leises Schluchzen. Ich gehe auf sie zu und berühre sanft Ihre Wange. Sie schlägt abrupt meine Hand weg und fängt an zu schreien. ''Nein, nicht!'' ''Rose, es ist alles gut.'' Ich ziehe sie in eine Umarmung, welche sie erwidert. Gott sei Dank. Sie krallt sich an meinem T-shirt fest und und weint und weint und weint. Als keine Tränen mehr kommen, legt sie sich hin. ''Bleibst du bei mir?'' Mein Herz macht einen Satz. ''Ich liebe dich.'' Flüstere ich in ihr Ohr. Ich ziehe sie in eine Umarmung und wir schlafen beide ruhig ein. Obwohl wir noch nicht einmal Mittag haben.

Einen Stern für Dich und MichWhere stories live. Discover now