Die Anziehungskraft zweier Magnete

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Nach und nach lockert sich die Stimmung wieder etwas. Der Film ist aber auch einfach zu gut. Ich feier den Drehbuchautor noch heute, der das alles zu Blatt gebracht hat. Es sollte auch in der Realität eine Fernsehsendung, wie die nackte Wahrheit geben. Eine Sendung, in der den ganzen Romantikern dort draußen endlich einmal gesagt wird, dass es so etwas, wie die wahre Liebe, überhaupt nicht gibt. Dieser Schwachsinn ist doch einfach nur eine Erfindung der Medienwelt, der Führungspersonen und der Industriegiganten. Man mag es zwar nicht glauben, aber das sind genau diejenigen, die davon profitieren. Die Medien, mit ihren scheiß Liebesfilmen und Büchern mit Happy Ends, die im echten Leben sowieso nie passieren werden, die Führungspersonen, die dadurch die Menschen klein halten, da sie sich ein Leben lang darauf fixieren, den richtigen Partner zu finden und nicht auf die wirklichen Probleme in der Welt schauen und die Industriegiganten, die mit Datingportalen, Schönheitsoperationen, Medikamenten, dem Valentinstag und was weiß ich Geld machen, da jeder unbedingt seine eigene, große Liebe finden will. Und dafür muss man ja perfekt aussehen und sich gut verkaufen. Es wird ja auch alles immer schön geredet. Wer von diesen langweiligen, verweichlichten Menschen träumt denn nicht davon, bedingungslos geliebt zu werden und das sein Leben lang? Doch die harte Realität zeigt, dass es die wahre Liebe nicht gibt und auch niemals geben wird. Da ist nichts mit Seelenverwandtschaft und für immer und ewig glücklich sein, bis dass der Tod einen scheidet. Die grausame Wahrheit lautet, dass alle einfach nur ihre Bedürfnisse befriedigen wollen. Sie schlafen miteinander, die finanzielle Lage sieht besser aus, wenn man zu zweit ist, man kann seine Blutlinie erhalten und man stirbt nicht allein. Alles berechenbar. Da hat der Film voll und ganz recht. Nur der Schluss ist richtig scheiße. Warum muss die Hauptperson am Ende auch immer ihren Standpunkt ändern und eine Frau für's Leben finden? Das zerstört alles! Die Menschen sind unverbesserlich.

Gerade fliegen die Hauptpersonen im Heißluftballon in den Abendhimmel und küssen sich hingebungsvoll, was mich genervt die Augen verdrehen lässt, als das kleine Rumpelstilzchen neben mir mit gerunzelter Stirn aufstöhnt:

"Ahhh! Diese ganzen Happy Ends nerven mich sowas von! Als ob am Ende der Typ immer seine Traumfrau bekommt und die Frau ihren Traummann. Sie überstehen die große Krise und raufen sich wieder zusammen. Es ist doch immer das Gleiche. Können sie sich nicht einmal etwas Neues einfallen lassen?"

"Oh ja! Als ob alles immer gut ausgehen würde. So ist das Leben nunmal nicht", stimme ich inbrünstig zu.

"Jaha... aber weißt du, was mich an der ganzen Sache noch viel mehr nervt? Die Filme hören immer genau dann auf, wenn sie den Mann für's Leben gefunden hat oder er die Frau. Aber was geschieht danach? Das verraten sie uns nie. Womöglich wird ihr Traumprinz schon morgen von einem Auto überfahren, erkrankt an einer unheilbaren Krankheit oder wird dank seines Jobs ans andere Ende der Welt versetzt. Womöglich leben sie sich auch auseinander, aber nein, so etwas bekommen wir nicht mit. An der spannendsten Stelle hört es auf", regt sich Amely auf. Sie ist irgendwie süß, wenn sie wütend ist. Dann ist da dieses entschlossene Funkeln in ihren grünen Augen und diese steile Falte auf ihrer Stirn.

"Da gebe ich dir voll und ganz recht. Vielleicht spielt er das alles ja auch nur vor, um sie ins Bett zu bekommen? Vielleicht hat er währenddessen haufenweise Affären und sie trennen sich schon kurz darauf?", schlage ich vor.

"Genau deshalb liebe ich auch Krimis so sehr. Da gibt es knallharte Fakten, die man analysieren kann und dann war es das auch schon. Wenn der Fall abgeschlossen ist, ist die Story zu Ende. Außerdem lügen Fakten nicht, sie sprechen für sich. Und dass man in einen Krimi unbedingt noch eine Liebesgeschichte einbauen muss, verstehe ich sowieso nicht. Das passt überhaupt nicht", nickt das kleine Rumpelstilzchen eifrig. Schon seltsam, wie gut wir uns auf einmal verstehen. Beinahe erschreckend.

"Ja, du sagst es. Krimis sind in der Hinsicht zumindest einigermaßen ehrlich, wobei niemals jeder Fall von der Polizei gelöst wird. Da lügen sie uns auch an."

Faceless - Ewige Verdammnis Where stories live. Discover now