17. unerhoffter Besuch

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Acht Uhr morgen.

Fast dreizehn Stunden Schlaf.

Diese hatte ich mir wohl auch verdient nachdem ich die vorherigen Tage nie mehr als vier Stunden am Stück geschlafen hatte.
Zu wissen nun endlich in Sicherheit zu sein, half mir sichtlich dabei zu entspannen und mich ein für alle mal so richtig auszuruhen.

Vor allem nachdem Aimee und ich gestern noch mehrere Stunden über alles gesprochen hatten. Auch wenn ich den Polizisten gegenüber ziemlich schweigsam gewesen war, ließ ich bei meiner besten Freundin kein einziges Detail aus.
Sie wusste nun von Allem Bescheid.

Wir hatten sogar so lange einfach nur geredet, dass ich mich längst nicht mehr daran erinnerte wann ich überhaupt eingeschlafen war.
Doch an der zerwühlten Decke und dem zusammengedrückten Kissen neben mir, konnte ich mir denken, dass Aimee die Nacht bei mir verbracht hatte. Trotzdem war sie im ganzen Zimmer nirgends zu sehen.

Ich lag jetzt bestimmt seit fast einer Stunde einfach nur in diesem Bett und starrte an die dunkelgraue Decke. Das war wahrscheinlich die einzige Decke die ich jemals gesehen hatte, die nicht weiß war.

Es gelang mir viel schwerer als erhofft alle Ereignisse zu verarbeiten, wodurch ich alle Informationen die ich am Vortag aufgenommen hatte, nochmal überdachte.

Aimee hatte mir davon erzählt, dass sogar ein paar Reporter auf meinen Fall aufmerksam wurden, als die Polizei began daran zu arbeiten.
Was mir ganz und garnicht recht war.
Ich wollte alles am besten nur vergessen und so etwas war mir dabei eine ziemliche Last.

Wenigstens gestand sie mir, dass ihre Eltern diese Aufmerksamkeit nutzten, um noch mehr Werbung für ihre Polizeischule zu machen.

Sollten sie doch.
Wenn sie sich dadurch besser fühlten.

Immer noch müde streckte ich mich quer über das Bett und fischte nach dem kleinen Zeitungsauschnitt, den Aimee gestern noch für mich rausgesucht hatte. Meine Augen überflogen jedes einzelne Wort, bis ich an dem interessantestens Absatz angekommen war.
Anscheinend sah mein herzallerliebster Onkel es als nötig, sich bei dieser Geschichte einzumischen und hielt deswegen ein kleines Interview mit einer Zeitung.
Wirklich reizend wie er sich dabei von seiner besten Seite zeigte.

Sie können sich nicht vorstellen wie sehr mich das verschwinden meiner Nichte betrifft.
Sie ist mein ein und alles. Ich wünschte nur sie würde nicht so schnell jedem vertrauen. Aber so ist unsere Samantha eben nunmal.

Obwohl mein Blick bereits zum vierten Mal über diesen Text schweifte, kam mir jede einzelne Silbe vor wie aus einem lächerlichen Skript.
Ich wusste, dass er sich selbst nur gut darstellen wollte.
Und außer, dass mich der Gedanke ihn wieder zu sehen reizte, ließ ich dieses Theater einfach an mir vorbeiziehen.

Der Zeitungsauschnitt fiel aus meinen Händen und schwebte langsam bis zum Boden, als mit einem Ruck die Zimmertür aufgerissen wurde und Aimee hysterisch in den Raum kam. Sie rauschte am Bett vorbei, als wäre ich garnicht anwesend, und stürmte auf das Fenster zu. Im nächsten Moment riss sie bereits die Vorgänge beiseite und späte durch das Glas.

"Diese Mistkerle", zischte sie und beugte sich dabei weit über die Fensterbank.

"Was ist los?"

Verwirrt rutschte ich von der Matratze und ließ meine Füße auf den Teppich gleiten. Als ich aufstand um zu ihr zu gehen, spürte ich wie meine enge Jeans und der dicke Pullover von gestern ziemlich verrutscht an meinem Körper lagen.
Noch bevor ich überhaupt bei Aimee angekommen war, fing der Boden unter mir an leise zu vibrieren und ein lautes Hämmern gegen die Haustür erreichte meine Ohren.

"Wer ist da unten?", fragte ich planlos, doch sobald ich neben meiner besten Freundin stand, steckte ich meinen Kopf einfach selbst durch die Vorhänge und erblickte direkt im Vorgarten der Andrews zwei viel zu bekannte Gesichter.
Auch wenn ich mich eigentlich fragte wieso sie frei herumlaufen durften und wie sie wissen konnten, dass ich hier war, überkam mich eine Welle von Erleichterung, dass nur die zwei ertragbaren Männer des Trios anwesend waren.

Um ehrlich zu sein schüchterte mich ihr Aufenthalt viel weniger ein, als es eigentlich sollte.
So wie die beiden dort vor der Tür gammelten, wirkten sie auch weniger wie Kriminelle.

Caleb war damit beschäftigt genervt auf seinem Handydisplay herumzutippen, wärend sein Gesicht fast komplett von einem Kaputzenhoodie verdeckte wurde. Er wirkte gestresst und ruhig, und das im selben Moment. Auf jeden Fall eine seltsame Kombination.
Sein Kumpel Gabriel hingegen klopfte in einem wirklich nervigen Rythmus gegen die Haustür und an seinem Ausdruck allein war mir klar, dass er nicht eher damit aufhören würde, bevor ihm jemand diese verdammte Tür öffnete.

"Ich rufe die Polizei."

"Nein."

Ich nahm Aimee das Telefon weg, das sie gerade aus ihrer Hosentasche kramte und blickte sie bittend an.

"Ich kläre das. Sie sehen nicht so aus als hätten sie böse Absichten", erklärte ich ihr und sah noch ein Mal aus dem Fenster um sicher zu gehen, dass sie noch vor der Haustür standen, bevor ich schnell aus dem Zimmer ging. Ich wurde zwar an meinem Handgelenk von Aimee festgehalten, jedoch zog ich sie einfach mit mir mit anstatt daran zu denken, stehen zu bleiben.

"Was wenn sie dir was antun?" ,flüsterte Aimee gestresst und ließ mich langsam los, als wir im Fluur zum stehen kamen.

"Das wird nicht passieren. Sonst wären sie schließlich nicht auf freiem Fuß."

Seufzend griff ich nach der Türklinke, zögerte einen Moment, und öffnete dann mit solch einem Schwung die Tür, dass es mich selbst fast ein paar Schritte zurück versetzte.

In Gabriels Blick mischte sich Verzweiflung mit Erleichterung als er mich sah. Jedoch war etwas darin ganz deutlich zu erkennen.
Hoffnung.
Auch Caleb hob seinen Kopf und musterte mich neugierig, wobei sich ein leichtes Grinsen auf seine Lippen schlich und er mir grüßend zunickte. Danach nahm er meine beste Freundin deutlich unter die Lupe, was sie sichtlich unwohl werden ließ.

Mein ganzer Körper füllte sich mit einer bekannten Kälte, je länger ich die Beiden vor mir beobachtete. Ich fühlte mich wieder in dieses Haus zurück gesetzt.
Die schlaflosen Nächte.
Die geplanten Tage.
Und die unerträglich langweiligen Stunden in diesem grässlichen Zimmer.

Als wäre alles nur ein einziger Alptraum gewesen und die eigentliche Arbeit würde jetzt erst beginnen.

Vielleicht lag ich mit dieser Vermutung garnicht so falsch.

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Das erste Kapitel meiner LESENACHT

Noch nicht so aufregend, aber wie ihr merkt wird es in den nächsten Kapiteln um einiges interessanter her gehen ^^

Wieso sind Caleb und Gabriel wohl plötzlich vor Aimees Haus?

Das nächste Kapitel kommt in etwa einer Stunde
(Sorry wenn es zu Verspätungen  kommt)

lg ines

♡♡♡

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