nine

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Jetzt habe ich ca. zwanzig Minuten, um mir zu überlegen, ob ich eine Bad Mom bin, oder eine gute Angestellte. Schalte ich meinen Kopf aus, oder kann ich morgen auch noch ohne schlechtes Gewissen in den Spiegel schauen?

Ich schaue starr aus dem Fenster; bin hin und her gerissen und das Schlimmste ist, dass ich gleich mit ihm in ein Zimmer gehen muss, was die Entscheidung bei Weitem nicht einfach macht.

Seine Hand auf meinem Schenkel reißt mich aus meinen Gedanken. Ich will ihn nicht wegstoßen, also greife ich seine Hand und lächele ihn aufrichtig an. »Und? Habe ich meinen Job gut gemacht?«, frage ich in der Hoffnung, die Situation zu retten.

Er runzelt kurz seine Stirn und antwortet nach einer kurzen Denkpause, »Du warst perfekt«, und führt meine Hand an seine Lippen und küsst meine Finger.

Auf einmal trifft mich eine Erkenntnis wie ein Blitz. Ich entreiße ihm meine Hand und bin kurz vor einer Panikattacke. »Sadie, was ist los?«, fragt er verwundert. »Geht's dir nicht gut?«

»Weißt du eigentlich was du angerichtet hast?«, frage ich entsetzt und streiche meinen Hals hoch und runter, weil ich das Gefühl habe, als würde ich ersticken.

»Was meinst du? Ich war doch eigentlich recht anständig?«, fragt er verwundert und legt seine Stirn in Falten.
»Alle werden denken, ich habe hier jetzt die Beine breit gemacht und das, obwohl ich gerade mal ein paar Tage in der Firma bin. Nur weil ich jetzt vor deiner Ex-Affäre deine Freundin gespielt habe!«

Er braucht einen Augenblick, bis auch bei ihm der Groschen fällt. »Jetzt dreh mal nicht durch«, sagt er nach einem Moment, »wir finden schon eine Lösung«, antwortet er ruhig. Zu ruhig für meinen Geschmack.
»Cole! Irgendwie glaub ich, du siehst den Ernst der Lage nicht«, sage ich jetzt aufgebrachter und forme meine Augen zu Schlitzen.

»Du tust ja grade so, als wenn ich ein Monster wäre«, murmelt er beleidigt und umklammert das Lenkrad.
»Das hat doch mit dir gar nichts zu tun! Die werden denken, ich bin eine Schlampe. Die wissen doch nicht, dass wir uns schon lange kennen. Und dazu denken sie dann wegen deiner Verflossenen, dass ich mich dir hier auf Geschäftsreise an den Hals geworfen habe!«, antworte ich und fahre mir nervös über mein Gesicht.

Einen Moment Schweigen.

»Die werden mich hassen, bevor ich überhaupt richtig angefangen habe. Verdammt Cole! Warum hab ich zugestimmt?!«, fluche ich plötzlich und boxe gegen seine Schulter.

»Ich glaube, du übertreibst«, murmelt er und schaut mich von der Seite an, doch damit macht er mich nur noch wahnsinniger.
»Ich übertreibe nicht! Guck dir doch mal die Fakten an. Du, der gutaussehende Junggeselle, bist mit der Neuen auf Geschäftsreise und danach kommen wir beide gleich als Paar zurück?! Überleg doch mal selbst! Was würdest du denken?«

Seine Lippen formen sich zu einem Schmunzeln und er leckt sich gedankenverloren über die Lippen. Er scheint wirklich gerade ein spannendes Kopfkino zu haben und ich kann es nicht fassen. Wieder boxe ich gegen seine Schulter.
»Cole!«, sage ich laut und er schaut mich entschuldigend an.
»Sadie, was ist denn jetzt so schlimm daran?«, kichert er.

Typisch, dass Männer es nicht so schlimm sehen. Ich sehe das schon problematisch. Wie stehe ich denn da, wenn er sich mittags wieder mit einer in seinem Büro vergnügt und das einer von den anderen Angestellten mitbekommt? Die denken dann, ich bin auch so und schon bin ich unten durch.

Cole parkt den Wagen vor dem Hotel. Ich bin stinksauer - und das über mich selbst. Ich ärgere mich, dass ich ihm zugestimmt habe; dass ich mich habe küssen lassen - und dass ich es genossen habe! Sehr genossen sogar. Und das nur weil er sich diese Frau vom Hals halten wollte, was ich immer noch nicht ganz verstehen kann. Sonst war er auch kein Kostverächter.

LOVE RECOVEREDМесто, где живут истории. Откройте их для себя