four

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Die Fahrt dauert bei weitem nicht so lange, als wenn ich mit Bus oder Bahn gefahren wäre. Nach fünfundzwanzig Minuten hält er vor meiner Wohnung.

»Soll ich warten?«, fragt er vorsichtig. »Nein, quatsch, komm mit rein. Auch wenn meine, keinesfalls mit deiner Wohnung vergleichbar ist«, erwidere ich lächelnd und wir steigen aus.

Meine Wohnung hat nur zweieinhalb Zimmer und ich habe sie bereits möbliert gemietet. So habe ich ein paar Sorgen weniger, die ich mir bereiten muss. Dennoch ist sie recht modern eingerichtet. Hellbraun und beige gestrichene Wände, offene Küche, eine gemütliche Ledercouch und ein paar Regale und Kommoden. Leider nur ein Duschbad, aber man kann nicht alles haben. Meine Küche ist offen zum Wohnbereich und ebenfalls recht modern eingerichtet.

»Fühle dich wie zu Hause, ich beeile mich.« Und schon verschwinde ich in meinem Schlafzimmer. Ich schlüpfe schnell in eine kurze schwarze Hose, eine weiße Bluse und Krempel die Ärmel hoch, da es recht warm heute ist. Dann husche ich rüber ins Bad und tusche meine Wimpern und benutze etwas Gloss.

Noch einmal die Haare bürsten und lockern und ich bin fertig. Gehe ja schließlich nur frühstücken. Mit Cole. Aber warum sollte ich mich auch aufbrezeln? So bin ich nicht. Ich bin nicht der Typ Frau, der nie ungeschminkt aus dem Haus geht. Ich mag meine Sommersprossen und die dürfen auch alle sehen.

Als ich ins Wohnzimmer komme, steht er mit den Händen in den Hosentaschen am Küchenfenster und schaut auf die Straße. Meine Wohnung ist im Hochparterre, man bekommt gut mit, was so auf der Straße passiert.

»Wir können«, rufe ich ihm zu, während ich in meine Superstars schlüpfe. Er dreht sich zur mir und kommt zur Tür. 

»Du siehst gut aus«, sagt er mit einem Lächeln, das bis zu seinen Augen reicht. 

»Danke, du aber auch«, murmele ich irritiert, bekomme sicher rosa Wangen, greife noch meine Tasche und meine Schlüssel und wir fahren los.

In einem wirklich netten Diner bestelle ich mir Käsetoast und natürlich Koffein in Form von einem riesigen Latte und Cole bestellt sich einen Bagel und verschiedene Aufstriche. Ich beiße bereits in mein Toast, während er sich immer noch seinen Bagel bestreicht. Ich kann nicht aufhören ihm dabei zuzusehen.

»Sadie? Hey, geht's dir nicht gut?«, spricht er leise. 

»Dein Bagel...«, sage ich zu mir selbst. 

»Ja ich weiß, ich bin nicht normal, aber so liebe ich es, die Dinger zu essen.« Ich kann es nicht fassen.

»Ich kenne jemanden, der isst seinen Bagel auch am liebsten so. Und es muss so. Unten muss Erdnussbutter, in der Mitte eine Scheibe Käse und die obere Hälfte muss mit Nutella bestrichen sein.« Während ich spreche, beißt er genüsslich in seinen Bagel.

»Derjenige hat Geschmack, musst du mir bei Gelegenheit einmal vorstellen«, sagt er zwischen Kauen und Schlucken und verwirrt mich noch mehr. 

»N-nein, das geht nicht. Er ist nicht in New York«, nuschle ich leise und widme mich fast geistesabwesend meinem Toast.

Wir haben mittlerweile gegessen und trinken noch gemütlich unseren Kaffee, als er ziemlich nachdenklich zu sein scheint. »Sadie, ich habe das damals nicht freiwillig getan«, fängt er plötzlich an zu erzählen und jetzt wird mir klar, warum er frühstücken wollte. Er wird ernster und seine Grübchen sind kaum noch sichtbar.

»Meine Eltern haben mich damals extrem unter Druck gesetzt. Wenn ich nicht hierher gegangen wäre und studiert hätte, hätten sie mich hängen lassen. Sie hatten alles bereits in die Wege geleitet und da ich mich sowieso für diesen Weg entschieden hatte, habe ich mitgemacht. Und meinen Onkel hast du gestern ja kennengelernt. Ich hab mir vieles in den letzten Jahren gefallen lassen müssen. Und dazu zählte auch das Verlassen von Detroit«. Er holt tief Luft und redet weiter. »Sadie, ganz ehrlich - ich habe dich die ganzen Jahre nie vergessen. Verstehst du?«

LOVE RECOVEREDWhere stories live. Discover now