Kapitel 14

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"Du holst dir noch den Tod, wenn du weiterhin in der Kälte hier rumsitzt." Kann Mike mich nicht einfach in ruhe lassen?

"Na und? Dann sterb ich halt, hab eh nichts zu verlieren. Sei doch froh wenn du mich los bist." Ich schaue ihn protzig an, aber er bleibt neber mir sitzen und verzieht keine Miene.

"Ich bleib solange hier sitzen, bis du mitkommst und wenns so weit kommen muss erfriere ich halt auch." Er starrt stur auf den Boden und zieht seine Beine zu sich, um etwas Wärme zu erzeugen. Schweigend sitzen wir nebeneinander, während ich über mein Leben nachdenke und Mike dauernd neue Sitzpositionen sucht, um sich warm zu halten. Irgendwann wird er schon noch aufgeben. Die Temperaturen sinken immer weiter nach unten und die Sonne verschwindet langsam über dem Horizont.

"Können wir jetzt endlich zurück?", fragt der zitternde und total durchnässte Mike. Ich nicke kurz, woraufhin er mich glücklich anschaut und aufspringt. Ich strecke meine kalten Hände nach oben, die er sofort ergreift, um mich nach oben zu ziehen. Als wir den Friedhof verlassen, verschwindet die Sonne hinter dem Wald und der Regen schwächt allmählich etwas ab. Frierend kommen wir bei Mikes Schwester an.

"Kannst du mir bitte später mal erklären was hier los ist?", fragt Lea Mike und lässt uns ins Haus. Er nickt mit dem Kopf und wir gehen in sein Zimmer.

"Geh erst mal warm duschen.", sagt Mike und drückt mir eine Jeans und einen rosa Kapuzenpullover in die Hand." Dass lasse ich mir nicht zweimal sagen und renne ins Bad. Nachdem ich geduscht habe, geht es mir wieder etwas besser und ich ziehe die Klamotten an. Wieso ausgerechnet ein rosa Pulli? Wenn ich den in der Schule anziehe, werde ich bestimmt von allen als schwul beleidigt, obwohl sowas ist eigentlich garkeine Beleidigung. Ich ziehe den Kapuzenpullover an und gehe wieder zurück in Mikes Zimmer. Mike redet unten mit seiner Schwester, weshalb ich alleine in dem Raum bin. Ich lege mich auf das Bett und kuchel mich in der Bettdecke ein.

Mir darf es eigentlich nicht gut gehen, geht es mir wieder durch den Kopf. Ich habe nichts verdient, wegen mir ist meine Schwester tot. Jetzt hab ich niemandem mehr, meine Mutter lebt nicht mehr, meinen Vater kenne ich nicht und meine Schwester ist wegen mir gestorben. Ich könnte vielleicht einen kompletten Neustart probieren. Neues Land, neue Freunde, neue Identität und die Vergangenheit so gut es geht vergessen. So einfach kann ich aber nicht vergessen was passiert ist, außerdem würde Mike mich nicht einfach so gehen lassen und Geld hab ich auch keins.

Mike kommt wieder ins Zimmer und an seinen nassen Haaren kann ich erkennen, dass er auch geduscht hat. Er setzt sich neber mir aufs Bett und betrachtet mich nachdenklich.

"Dass tut mir echt leid wegen deiner Schwester."

"Du musst jetzt nicht so tun als ob du Mitleid hättest. Bestimmt bist du genauso ein kranker Psycho wie dein Vater.", antworte ich kalt, aber bereue meine Worte im nächsten Moment wieder.

"Wenn du meinst.", sagt er enttäuscht.

"Wieso haben deine Eltern eigentlich einen anderen Nachnamen als du? Wurdest du adoptiert?", fragt er plötzlich.

"Woher weißt du dass?" Ich schaue ihn ungläubig an.

"Hat Mark herausgefunden, ein guter Freund von mir." Was geht Mikes Freund sowas eigentlich an?

"Darüber möchte ich mit dir nicht reden." Ich habe bist jetzt noch niemandem erzählt, dass ich adoptiert wurde.

"Es tut vielleicht gut mit jemandem darüber zu reden." Ich zucke unsicher mit den Schultern. Aber warum nicht? Ich hab eh nichts zu verlieren. Nach ein paar Minuten, in denen ich über die vor und Nachteile nachgedacht habe, wenn ich es Mike erzähle, fange ich schließlich an.

"Meine Mutter ist damals an Krebs erkrankt. Von außen her war mit ihr alles in Ordnung, aber innerlich wurde sie von dem Krebs aufgefressen. Ich konnte damals nur zusehen wie es ihr immer schlechter ging. Eines Tages kam dann die Nachricht, dass sie verstorben ist. Ich war zu dieser Zeit 12 Jahre alt und musste ins Kinderheim, da ich sonst keine Familie hatte. Nach einem Jahr wurde ich dann adoptiert. Anfangs hab ich mich gefreut endlich wieder eine Familie zu haben, aber es stellte sich heraus, dass ich von meinen Adoptiveltern nur adoptiert wurde, damit sie vor ihren Geschäftspartnern als liebevolle Eltern darstehen, die einem Kind ohne Familie eine neu geschenkt haben. Durch mich haben sie mehr Geschäftspartner bekommen und deshalb haben sie dann noch Lina, meine Adoptivschwester adoptiert. Sie waren fast durchgehend auf Geschäftsreisen und deshalb habe ich meine Schwester fast komplett alleine aufgezogen. Sie war für mich sozusagen wie ein eigenes Kind, aber jetzt ist sie tot." Ich merke wie mir wieder Tränen in die Augen steigen und versuche sie zurückzuhalten, um vor Mike nicht schwach zu wirken.

"Und dein Vater?", fragt er nach.

"Den kenn ich nicht."

"Willst du nicht wissen wer er ist?" Ich schüttel den Kopf, denn wieso sollte ich plötzlich mit ihm Kontakt aufnehmen? All die Jahre hat es ihn ja auch nicht interessiert wie es mir geht.

"Wieso ist deine Mutter dann hier begraben?"

"Weil wir früher in diesem Ort gewohnt haben."

Der Sohn des Entführers//BxB//abgeschlossen Where stories live. Discover now