Kapitel 36 | Es kommt vom Herzen

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EINE STIMME DRANG DURCH meinen Kopf. Es war dieselbe, immer und immer wieder und obwohl sie mir so bekannt vorkam, konnte ich sie nicht erkennen. Sie wurde immer lauter, panischer, schien fast zu schreien. Ich blinzelte, pochender Schmerz breitete sich in mir aus. Dann schnappte ich nach Luft.

Weit riss ich die Augen auf und zuckte hoch. Mein Blick ging nach rechts und links durch das Zimmer, das ich im ersten Moment gar nicht wiedererkannte. Arian hatte innegehalten und starrte mich an.

Ich rieb mir den Schädel und blickte an mir herab. Ich steckte in einem quietschgelben Kleid, das halb offen war. Für einen Moment wusste ich gar nicht, warum ich es trug, dann überschwemmten mich die Erinnerungen wie eine peitschende Welle. Der Grusel-Gang, Tyrons List, Courtney, ein Plan B und Dale. Und meine Atemprobleme. Kaum kam mir diese Sache wieder in den Sinn, fühlte ich mich so, als würde ich wieder keine Luft kriegen. Ich schnappte voller Panik nach Sauerstoff, aber er schien nicht in meine Lungen dringen zu wollen.

Arian war sofort bei mir. Ohne zu zögern, drückte er mir das Asthma-Gerät, das ich als kleines Kind immer gebraucht hatte, in die Hand. Ich nahm es zitternd an und inhalierte mehrmals. Als ich das Gefühl hatte, mich wieder zu beruhigen, lehnte ich den Kopf zurück und schloss die Augen. »Was ist passiert?«, fragte ich vollkommen ausgelaugt und ohne Kraft in den Armen.

Arian seufzte. »Du bist umgekippt und musstest Mund-zu-Mund-beatmet werden, weil du nicht mehr geatmet hast. Du warst kurz sogar wach, bist dann aber aus purer Erschöpfung eingeschlafen. Deine Eltern haben dich abgeholt und dein altes Asthma-Gerät wieder rausgekramt.«

Gott, ich wollte mir gar nicht vorstellen, was für Sorgen sich meine Eltern gemacht haben mussten. »Ich wusste gar nicht, dass sie es noch haben«, murmelte ich in mein Kissen und versuchte die Kopfschmerzen zu verdrängen. Ich dachte immer, ich wäre vollständig von meinen Atemproblemen geheilt. Anscheinend hatte ich mich getäuscht. Das war ein Schlag in die Magengrube.

»Was ist mit Dale?«, fragte ich heiser und öffnete die Augen.

Arian schüttelte seinen Kopf. »Keine Ahnung. Ihn hat niemand mehr gesehen, nachdem er die Wahrheit herausgefunden hat.«

Ein dumpfer Schmerz breitete sich in mir aus. Das überraschte mich nicht. Ich hatte ihn verletzt. Er würde mich wahrscheinlich nie wiedersehen wollen.

»Hey«, flüsterte Arian, als ich zu zittern begann, »alles wird wieder gut.« Er kam zu mir unter die Decke und nahm meinen Kopf auf seine Brust. »Er wird dir verzeihen. Und wenn nicht, dann ist er blöd. Es gibt tausend Kerle wie er.«

Ich kniff die Augen zusammen. »Ich will aber Dale«, flüsterte ich und versuchte die Tränen zu unterdrücken.

Arian fuhr mir über das Haar. »Es gibt sicherlich auch andere Kerle, die Dale heißen.«

Vielleicht, aber es gibt nur einen Dale Wilson.

»Du bist so scheiß gemein«, meinte ich bitter und klammerte mich trotz dessen fester an ihn.

Arian strich mir über den Kopf. »Ich bin nicht gemein. Gemein wäre ich, wenn ich dir sagen würde, dass Courtney dich wiederbelebt hat.«

Ich riss die Augen auf und starrte ihn an. »Sie hat was?«, fragte ich fassungslos.

Arian wischte mir eine Träne aus dem Gesicht. »Ob du es glaubst oder nicht, dieses Baywatch-Kostüm hat wie die Faust aufs Auge gepasst. Sie hat dir das Leben gerettet. Als sie gesehen hat, wie du da am Boden lagst, hatte sie furchtbare Schuldgefühle. Sie hat dich Mund-zu-Mund beatmet und gleichzeitig sinniert, dass sie nie wieder gemein zu dir ist, wenn du bloß wieder aufwachen würdest.«

Fooling the Bad BoyWhere stories live. Discover now