Kapitel 25 | Kleine Schritte, Branwyn

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ES WAR EINE FOLTER, den Mädels beim Fußballspielen zuzuschauen, aber nicht selbst auf dem Feld stehen zu dürfen. Ich saß mit vor der Brust verschränkten Armen auf der Tribüne und verfolgte das Training meines Teams. Carrie wollte mich als Unterstützung des Teamgeistes hier haben, aber wer unterstützte mich und meine Verletzung? Es kostete mich unheimliche Willenskraft, nicht aufs Feld zu stürmen und mitzuspielen.

»Schneller!«, schrie ich einer meiner Teamkolleginnen zu, die dem Ball hinterherjagte.

Sie versagte. Der Ball rollte ins Aus. Ich biss die Zähne zusammen und versuchte nicht den Verstand zu verlieren, während ich den Mädchen beim Versagen zusah. Wenn ich die Sache so betrachtete, dann war es kein Wunder, dass wir gegen Ophelia und ihr Pack verloren hatten. Unsere Abwehr schwächelte, im Sturm war das Verhältnis unausgewogen und wenn ich mich nicht irrte, hatte unsere Torhüterin eine verzögerte Reaktionszeit.

Ich seufzte auf und legte den Kopf in die Hände. Das war alles meine Schuld. Hätte ich mir diese Verletzung nicht zugezogen, hätten wir gewonnen. Es war nur meine Schuld, dass wir als Verlierer hervorgegangen waren.

»Branwyn, alles ok?«, fragte Carrie mich, als das Team eine kleine Trinkpause einlegte.

Ich brummte. »Nichts ist ok. Wir kommen im Cup nicht mehr ins Finale, unsere Abwehr ist schwach und ich will verdammt nochmal auch aufs Feld!«

Carrie ließ sich neben mich auf die Tribüne sacken. »Hey, du Miesepeter, versau doch nicht meine Laune«, gab sie von sich und schlug mir gegen die Schulter.

Ich verzog das Gesicht. »Sorry, ich hasse es, zu verlieren.«

Carrie lachte auf. »Oh, das brauchst du mir nicht sagen. Das steht dir jedes Spiel ins Gesicht geschrieben.«

Sie wandte sich mir zu und lächelte mich sanft an. »Branwyn, beim Fußball geht es aber nicht nur ums Gewinnen. Es geht um den Teamgeist und um die Freude, gemeinsam etwas zu schaffen.«

Ich hob die Augenbrauen. Das war eine Sache, die ich überhaupt nicht so sah. »Natürlich geht es ums Gewinnen«, erwiderte ich fest überzeugt, »es geht immer darum.«

Vor allem, wenn ich meine Streiche spielte. Besonders an Halloween und immer, wenn ich versuchte irgendetwas in meinem Leben gebacken zu kriegen. Das Leben war wie ein Spiel. Es gab Gewinner und Verlierer. Ich für meinen Teil wollte zu den Gewinnern gehören.

Carrie zog die Augenbrauen zusammen. Sie lehnte sich zu mir vor und legte die Hand auf meinen Rücken. »Wer hat dir denn das eingetrichtert?«, fragte sie irritiert. »Es geht nicht darum, ob du auf dem ersten oder letzten Platz stehst. Wenn du Fußball spielst, steht der Spaß – die Leidenschaft – an erster Stelle. Und natürlich dein Team. Ich weiß, die Niederlage gegen Ophelias Truppe und deine Verletzung müssen ein harter Rückschlag für dich sein, aber solange du aufstehst und weiterkämpfst, ist nichts verloren. Vielleicht scheidet die Andrew-Jackson-Highschool doch noch aus. Vielleicht haben wir noch eine Chance. Vielleicht kommen wir doch ins Finale.« Sie lächelte. »Und wenn nicht, dann schaffen wir es ganz sicherlich nächstes Jahr.«

Das waren mir zu viele Vielleichts. Wenn ich diese Verletzung nicht hätte, würde ich all diese Vielleichts in Tatsachen verwandeln. Ich würde dafür sorgen, dass wir gewannen. Egal, was Carrie sagte, für mich gab es keine andere Option als zu gewinnen. Egal wie sehr ich mich bemühte, ich konnte mir ihre Worte einfach nicht zu Herzen nehmen.

Ich erhob mich von meinem Platz. »Tut mir leid, Carrie«, gab ich trocken von mir, »für dich geht's um den Spaß. Für mich ums Gewinnen. Ich kann nicht auf nächstes Jahr warten.«

Carrie lief mir nach. »Hey«, rief sie und holte mich ein, »du hast mir immer noch nicht erzählt, was los ist. Seit Wochen bedrückt dich etwas. Willst du nicht mit mir darüber reden?«

Fooling the Bad BoyWhere stories live. Discover now