III🌸

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Jungkook

Als ich am nächsten Tag mit Jimin in den Bus stieg, suchte ich diesen bereits nach Taehyung ab. Nicht, um mich dann zu ihm zu setzen, und ein Gespräch anzufangen, vielmehr um mich von dem Typen fernzuhalten.

Er war komisch und schwärmte mir viel zu viel von diesen ekelhaften Kirschblüten. Sobald er mich sähe, würde er sowieso wieder zu mir kommen und mich zuquatschen und das konnte ich mir echt sparen. Als ich den Braunhaarigen mit den dunkelgrünen Strähnchen aber nirgends entdeckte, atmete ich erleichtert auf und liess mich neben Jimin auf den freien Platz fallen. 

Heute ging es mir immerhin schon wesentlich besser, ohne den grauenhaften Kater vom Alkohol. Dennoch war ich müde, wie immer, und schloss deshalb mit einem leisen Seufzen die Augen, um mir noch etwas Ruhe zu gönnen, bevor die erste Vorlesung startete. 

"Ich brauche einen Tee", murmelte ich nach nur wenigen Minuten leise in Jimins Richtung und hörte dessen amüsiertes Lachen. "Nicht eher Kaffee? Der hat Koffein, aber Tee eher weniger."

Ehe ich ihm zum wiederholten Male erklären konnte, dass ich Kaffee immer noch nicht mochte, tat das jemand anders für mich. "Aber er mag doch keinen Kaffee!", sagte eine mir bekannte, tiefe Stimme amüsiert. Auf der Stelle schlug ich die Augen auf und starrte in ein paar dunkelbrauner, die zufrieden auf mich herabfunkelnden.

"Nicht schon wieder", murmelte ich leise und wandte nur den Kopf ab, ohne ihm etwas zu sagen. Er musste wohl eine Haltestelle nach uns einsteigen, wieso hatte ich daran nicht gedacht? Er hatte ja gestern auch gefragt, ob der Platz frei war, das musste er direkt nach dem Einsteigen getan haben. 

"Woher weisst du das?", schaltete Jimin sich überrascht in die doch etwas einseitige Unterhaltung ein. Gut, Jimin, das machst du super so, übernimm du die Konversation für mich, ich bin nicht in der Stimmung, mich mit den ach so tollen Kirschblüten zulabern zu lassen. 

Jimin war ein toller bester Freund.

Aus den Augenwinkeln verfolgte ich mit, wie Taehyung mit den Schultern zuckte und den Griff fester um die Haltestange neben meinem Platz schloss, da er wohl oder übel stehen musste. "Er hat es mir erzählt", erklärte Taehyung, "Gestern früh."

"Du hast mir gar nicht erzählt, dass du 'nen neuen Freund gefunden hast, Jungkook", wandte Jimin sich an mich und während ich genervt  "Er ist kein neuer Freund!", stöhnte, ging der Ältere gar nicht darauf ein, sondern streckte nur Taehyung seine Hand hin. "Ich bin Jimin!"

"Taehyung, freut mich. Und du heisst also Jungkook." Der letzte Satz war wohl an mich gerichtet. "Sieht so aus, hm", machte ich nur halblaut und massierte meine Schläfe, "Was willst du?"

"Begrüsst man so seine Freunde?", grinste der Braunhaarige amüsiert daraufhin und ich hob eine Augenbraue und sah ihn wieder direkt an, zum zweiten und hoffentlich auch zum letzten Mal heute. "Wie schon gesagt - wir sind keine Freunde. Du bist bloss irgendein Irrer, der sich dachte, er spricht wildfremde Leute im Bus an und schwärmt von den Kirschblüten!"

Meine Worte schienen ihn nicht im geringsten zu kränken, vielmehr wurde sein Grinsen nur noch breiter und unverschämt frech wirkte es nun ebenfalls. "Du hast mit Jungkook über Kirschblüten gesprochen? Dünnes Eis", lachte Jimin heiter, woraufhin er einen Stoss in die Seite mit meinem Ellbogen kassierte. Was plauderte er einfach über mein Leben mit irgendeinem Kerl, den er keine zehn Minuten kannte?! 

Jimin war ein schlechter bester Freund.

"Habe ich gemerkt, er scheint Frühling nicht zu mögen", bemerkte der Braunhaarige mit den grünen Strähnchen, als ich beschloss, dass es reichte und mich wieder ins Gespräch einklinkte: "Frühling, was ist schon so toll an dieser Jahreszeit?! Jetzt mal ehrlich: Frühling, alles erwacht zum Leben - Igitt. 

Keiner erfreut sich je etwas sterbendem, an etwas totem. Dabei ist nichts schöner mit anzusehen, als die fallenden Blätter, die in einem unkontrollierbaren Tanz ihr Leben aushauchen, ihren letzten Atemzug tun, indem sie sanft zu Boden fallen. 

Keiner sieht diese Schönheit, die der Tod mit sich bringen kann. Keiner sieht die Ästhetik, die wunderschönen Farben. Nichts stirbt schöner als der Herbst, aber keiner sieht es und wenn, dann freut sich niemand daran. Alle lieben immer nur den Frühling. Wieso? Nur weil da wieder alles zum Leben erwacht? Wieso erkennt niemand, wie hübsch der Tod sein kann - die Menschen sind blind für versteckte Schönheit", regte ich mich vielleicht etwas zu doll auf, aber jetzt war ich schon in Rage, "Sie sehen nur das, was direkt vor ihren Augen ist und sich auch klar davor abspielt. Sie sind zu blind und zu faul, um das versteckte zu erkennen, zwischen den Zeilen zu lesen und auch den Dingen, die sie fürchten und meist traurig machen, eine Chance zu geben."

Nun war es ruhig zwischen uns. Man hörte nur das Gemurmel der restlichen Mitfahrer und das tiefe Brummen des Motors, nachdem ich ausgesprochen hatte. Tief ausatmend packte ich den Riemen meines Rucksacks und stand auf. "Wir müssen hier raus", informierte ich Jimin mit monotoner Stimme und schulterte den Rucksack. Der Bus kam zum Stillstand und die Türen öffneten sich mit einem leisen Zischen. "Schönen Tag noch", wünschte ich Taehyung kurz angebunden und drückte mich bereits an ihm vorbei, als sich eine Hand um mein Handgelenk schloss und mich zum Stehen brachte. 

"Ich muss hier raus", wiederholte ich nur einmal mehr und warf dem Braunhaarigen einen kalten Blick über die Schulter zu. Doch er machte sich überhaupt nichts daraus.

Ein sanftes Lächeln lag auf seinen rötlichen Lippen und kurz bevor er mich endlich gehen liess, sagte er nur halblaut, mit dunkler Stimme: "Ich denke, ich verstehe, was du meinst."

Cherry Blossoms [Vkook]Where stories live. Discover now