Kapitel 11

1.6K 101 8
                                    

Rote, grelle Flammen leckten an den Wänden und zerfrassen die Geschäfte, die im Einkaufszentrum standen. Wenn man etwas erkennen konnte, dann war es nur schwarze Asche. Es gab keine Möglichkeit, dieses Gebäude zu retten. Das Einzige, was man tun konnte, war es, zu verhindern, dass die Flammen noch weitere Opfer fanden.

Der Ausgang, der zum Dach führte, wo Casper sein musste, war mit Feuer verdeckt. Sie versperrten mir jeden Zutritt. Einen Feuerlöscher hatte ich nicht. Ich stand für eine Weile da und starrte auf die Flammen. Nach ein paar verstrichene Sekunden blieb mir nichts anderes übrig als meine schwachen Kräfte zu nutzen.

So etwas hatte ich noch nie in meinem Leben gemacht. Noch nie hatte ich mit Feuer gespielt. Noch nie hatte ich mit Feuer gezaubert, oder wie man das nennt. Das Feuer war immer zu stark gewesen. Immer zu heiss, dass ich schon meine Finger verbrannte, bevor ich etwas tat.

Das Haus zu retten war wirklich eine dumme Idee von mir, aber die Flammen hatten schon einen Kreis um mich errichtet und ein Entkommen schien hoffnungslos.

Mit aller Kraft begann ich mich auf meine Hände zu konzentrieren. Die Kraft prickelte auf meiner Handoberfläche und spürte sich wunderbar an. Zufrieden lächelte ich auf meine Hände. Noch nie hatte ich solche Kraft gespürt. Es musste wohl das Adrenalin gewesen sein.

Der nächste Schritt war, meine Konzentration auf die Flammen auszuüben. Meine Hände streckten sich nach vorne. Die Hitze versuchte ich so gut wie möglich zu ignorieren. Von Zeit zu Zeit wurde das Feuer schwächer und die Flammen legten sich langsam auf den Boden, bis sie ganz erloschen waren. Der Weg zum Ausgang war frei. Von der Ferne hörte man Rufe von der Feuerwehr. Es hörte sich so an, als wären sie geschockt darüber, dass die Flammen erloschen waren. Sie waren nicht die Einzigen.

Ich sah Casper alleine in der Ecke, sein Gesicht in seinen Händen verborgen. Meine Schritte waren wegen des Durcheinanders auf der Strasse kaum zu hören, weswegen Casper aufschreckte, als ich mich neben ihm Platz nahm.

"Was machst du denn hier?", seine Augen waren rot, seine Stimme kratzig.

"Ich wollte hierher kommen, bevor du wirklich den Verstand verlierst, aber anscheinend bin ich zu spät."

Ein bitteres Lachen kam aus ihm. Ein Kopfschütteln folgte darauf. "Ich bin nicht verrückt, sondern mache das, was ich will."

Ich runzelte die Stirn. Hatte ich das richtig gehört? Er wollte das alles?

"Was, du willst das? Hast du dir den Kopf gestossen, als du über den Stuhl gestolpert bist?" Angestrengt suchte ich nach einer Lösung für Casper's Verhalten, fand aber keine.

"Nein, Schlampe.", er hatte es nur geflüstert, aber ich hörte es trotzdem.

"Warum bin ich jetzt auf einmal eine Schlampe?"

"Frag doch Adrian. Er sieht dich doch auch so, oder?"

Meine Hand verdeckte meinen Mund in Schock. Er hatte es gesehen. Er war es, der uns beobachtet hatte.

"Deswegen hast du das Feuer gelegt? Aus Wut?"

Er zuckte und sagte mit trockener Stimme: "Ich wollte mal was Neues ausprobieren. Ich war es leid, den Netten und Guten zu spielen. Deshalb spiele ich den anstrengenden Jungen, der nur Blödsinn im Kopf hat. Ich bin es wirklich leid, gut zu sein!", das Letzte hatte er fast geschrien.

"Und würdest du Leute töten? Ich dachte, als Engel sei das strengstens verboten."

Im Nu war er auf den Beinen, sein Gesichtsausdruck verriet Terror. "Ich habe jemanden getötet?" Er wollte in das Einkaufszentrum hinein, doch ich stoppte ihn noch in letzter Sekunde.

"Nein, du hast niemanden getötet. Alle sind heil draussen. Meine Frage war jedoch, würdest du wirklich Menschen töten?"

Er schüttelte den Kopf: "Nein, würde ich nicht. Am Schluss bin ich geboren, um diese Menschen hier zu schützen, nicht verletzten. Ich würde lieber weiterhin der Warmherzige sein als jemanden zu verletzen. Ausser dich, du bist eine Ausnahme." Spielerisch boxte er mir auf den Arm.

"Autsch.", ich rieb mir die Stelle, wo er mich getroffen hatte. Er hingegen lachte nur, dummer kleiner Junge...

"Hast du dich je gewundert, warum ich so bin, wie ich bin?", ich wollte, dass er es endlich wusste. Ich hatte es niemandem jemals gesagt. Nicht mal Adrian oder Jessy wussten davon.

"Saphira, was ist?", er hörte auf, zu lachen und sein Gesicht wurde mit besorgter Miene verdeckt.

"Setzen wir uns lieber wieder hin.", was wir auch machten. Als ich den kalten Boden unter mir spürte ,begann ich meine Geschichte zu erzählen: "Ich hatte eins eine kleine Schwester. Sie sah so aus wie ich, nur eine jüngere Version. Wir beiden lebten sehr einfach in einem schmalen Haus, in der Nähe dieser Stadt. Wir waren Weisen, unsere Eltern hatten wir vor langer Zeit durch einen Hausbrand verloren. Keine von uns erinnerte sich an sie. Ich war diejenige, die auf sie Tag für Tag aufpasste. Wir waren glücklich, hatten nette und helfende Nachbarn. Wir waren selber gut. Meine Schwester brachte immer das Gute aus mir heraus. Ich selbst wollte nie so sein, wie ich jetzt bin. Der Abend, an dem sie getötet wurde, werde ich nie vergessen. Ein Einbrecher dachte, in dem Haus hätte es etwas Wertvolles. Als er nichts fand, nahm er meine Schwester und verschleppte sie. Damals wusste ich nicht, dass ich Kräfte besass und schaute nur hilflos zu, wie sie um ihr Leben schrie, während er mir eine Knarre ins Gesicht richtete. Nach drei Wochen fand man ihre Leiche in einem Bach. Der Dreckskerl hatte sie, nach dem er sie misshandelt hatte, im Bach ertränkt." Casper hörte die ganze Rede konzentriert an.

"Deswegen bist du so, wie du bist.", murmelte er.

"Ich bin so geworden, weil ich meine Schwester verloren habe, ja. Durch dies habe ich beschlossen, dass Menschen grausam und erbarmungslos sind. So bin ich halt so geworden, um diese Rasse endgültig zu vernichten."

"Hast du dir aber nie überlegt, dass nicht alle so sind? Dass es gute Menschen gibt?"

Daran hatte ich wirklich nicht gedacht, aber wer ist den schon gut heutzutage?

Er sprach weiter: "Lia ist das netteste Mädchen, das ich je gesehen habe. Stefan ist der gefühlsamste Mensch, der je die Erde betreten hatte."

"Meinst du Lia aus dem Schachklub und Stefan aus dem Basketball-Team?"

"Ja, denk doch nach, auch der boshafteste Mensch auf dieser Erde hat etwas Gutes in sich:"

"Und der liebevollste Mensch auf dieser Erde hat dunkle Geheimnisse.", ergänzte ich.

"Vielleicht schon. Wir beide haben etwas Gutes und Schlechtes in uns. Siehst du, wir sind ähnlicher als du denkst!"

Er hatte auf einer Art Recht.

"Das Problem ist, auf welcher Seite stehe ich?"

"Das musst du selbst herausfinden. Ich nehme dich schon auf meine Seite, solange du nicht mehr mit dem Adrian herumknutschst.", er zwinkerte mir zu, bevor die Feuerwehr aufs Dach stürmte und uns verdutzt ansah. Wir wurden hinausgeführt und beim Vorbeilaufen bei den Polizisten schaute mich einer komisch an, dann wandte er seinen Blick ab. Er musste wohl mich gesehen haben, bevor ich ins Gebäude eintritt.

"Und, bist du bereit Adrian aufzuhalten?", fragte Casper, als wir vor meiner Wohnungstür standen. Einen Moment lang dachte ich die Sache gründlich nach, bevor ich lächelte.

"Sicher bin ich dabei! Nur noch eine Frage."

"Und die wäre?"

"Woher wusstest du, dass ich das Feuer bei den Black's entfachtete?"

"Weisst du Saphira, ich hab ein spezielles Talent.", er schmunzelte und kam näher an mich heran.

"Und das wäre?"

"Ich kann mich gut verstecken. Wenn ich will, dann werde ich unsichtbar." Dieses Talent konnten wir gegen Adrian sicher verwenden.

Wenn man vom Teufel spricht...Where stories live. Discover now