Kapitel 10

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"Ist er endlich weg?" Adrian kam fragend zu mir, setzte sich hin und schaute mich mit fragendem Blick an. Meine Antwort war kurz und knapp, ein Nicken. Erleichtert hörte ich ihn neben mir seufzen. Interessiert begann er, mein Gesicht zu studieren. Seine Augen waren eindringlich und schwarz, schwarz wie die Nacht. Genau wie meine. Diese mystöriösen Augen wanderten von meinen Augen hinunter zu meinen Händen, die ich nervös knetete, dann wieder zurück zu meinem geröteten Gesicht.

"Was?", er antwortete nicht gleich und wurde selbst nevös. Warum wurden wir beide plötzlich so nervös?

"Ich kann es noch immer kaum fassen, dass du ihn wirklich geküsst hast. Ich hatte mir immer ausgemalt, wie ihr euch treffen würdet. Ich hatte mir vorgestellt, dass du ihn auf der Stelle umbringen würdest oder etwas Ähnliches. Aber küssen?...", Adrian schüttelte den Kopf.

Spielerisch schlug ich ihm auf den Arm. "Mach es noch dramatischer! Es war nur ein Kuss, verdammt. Nur ein Kuss mit einem heissen Jungen, mehr nicht." er hob eine Augenbraue hoch.

"Heiss?"

"Ja, was denn sonst?"

In den nächsten Sekunden verging alles sehr schnell. Adrian nahm mein Gesicht zwischen seinen und drückte seine Lippen auf meine. Geschockt blieb ich still und liess ihn mein Gesicht wild abknutschen. Als er mich losliess, um Luft in seine Lunge zu pumpen, sah er mich erwartungsvoll an.

"Und, wer ist jetzt heisser?"

Ich konnte es nicht fassen. Deswegen die Knutscherei? Die Freundschaft war anscheinend völlig dahin, dachte ich zumindest.

"Adrian, wird das hier Folgen auf unsere Freundschaft haben?"

"Du Dummerchen, natürlich nicht! Können wir uns nicht mal ein bisschen Spass gönnen?" Diese Idee liess mich über die Folgen nachdenken. Mit einem Schulterzucken entschied ich mich, schnell stürzte ich mich auf Adrian. Die Küsserei war wild...

Das Komische war es, dass ich mich die ganze Zeit lang beobachtet fühlte. Als würde mir jemand in meinen Rücken Löcher bohren. Aus diesem Grund löste ich mich nach einer Zeit von Adrian und schaute nach hinten. Dort war niemand zu sehen.

"Ich fühle mich langsam wie eine Schlampe.", flüsterte ich leise in Adrian's Ohr. Meine Gedanken flogen zurück zu Casper, den ich vor wenigen Minuten auch geküsst hatte. Er hingegen lachte nur und flüsterte zurück: "Gut so, dann hast du etwas Richtiges gemacht." Er drückte mir einen weiteren Kuss auf die Lippen und stand auf.

"Ich muss jetzt gehen. Sag mir Bescheid, wenn du wieder einmal etwas Lustiges unternehmen willst.", ein Zwinkern kam von ihm, bevor er verschwand. Mein Mund wollte sich öffnen und ihn fragen, wie ich ihm Bescheid sagen sollte, doch er war schon weg. Nachdenklich legte ich meine Finger auf meine Lippen. Bei der Berührung bekam ich einen heftigen Schmerz zu spüren. Erst dann realisierte ich, dass die Wunde an meiner Lippe geplatzt war und sie wieder blutete. Fluchend suchte ich nach einem Taschentuch, fand eines und tupfte es vorsichtig über die angeschwollene Lippe.

Mein Zuhause war nicht mehr dasselbe. Zuerst dachte ich, dass ich irgendwo anders gelandet war, jedoch sah ich auf dem kleinen Tischchen das Bild von meiner Schwester und mir. Ein Keuchen verliess mein Mund. Was war hier geschehen? Trümmerteile von meinem Bett lag zerstreut auf meinem Teppichboden. Das Fenster vor meinem Bett war eingeschlagen. Auf meinem Schmucktischchen war alles zerwühlt und zerstört. War es ein Einbrecher? Das war das Erste, was mir einfiel. Ein leises Schluchzen konnte man vom Wohnzimmer hören, was mich erfrieren liess. Jessy? Ruckartig öffnete ich die Tür und hastete ins Wohnzimmer. Es sah genauso aus wie mein Zimmer. Vieles war zerbrochen oder lag achtlos am Boden. Mit gespitzten Ohren folgte ich Schritt für Schritt den Weg zur weinenden Person. In der Ecke kauerte eine Gestalt. Tränen liefen ihr übers Gesicht und die Augen waren gerötet. Es war tatsächlich Jessy! Schleunigst eilte ich mich zu ihr.

"Was ist hier passiert?", fragte ich besorgt.

Sie schüttelte nur den Kopf und weinte weiter. Ich kniete mich neben ihr und hielt ihr Kinn so, dass sie mich aus verweinten Augen sah. Ernst sah ich sie an. "Jessy! Sag mir, was hier passiert ist!"

"C-Casper:", kam ein Stottern aus ihr.

Casper? Was hatte Casper mit dem hier alles zu tun? Ich liess Jessy bei sich so liegen und eilte zur Tür. Draussen auf der Stasse war es schlimmer als drinnen! Menschen schrien und flüchteten, als wäre es der Weltuntergang. Ein paar Blocks weiter brannte ein Haus. Sachte tippte ich eine Frau, die gerade vor mir stand, um die Lage genauer zu erfahren. Doch die Frau schaute mir ins Gesicht und rannte schreiend davon.

Menschen...

Die Massen von Menschen drückten mich in die entgegengesetzte Richtung. Mit jedem anstrengenden Schritt, den ich nahm, konnte ich die Lage besser einschätzen. Das Gebäude war ein Einkaufszentrum, das gerade brannte. Mein Lieblings- Einkaufszentrum, wenn ich hinzufügen dürfte. Feuerwehrleute und Polizisten grenzten das Haus ein und versuchten das Feuer in Schach zu halten. Reporter versuchten aus den Polizisten Informationen herauszuquetschen, doch die blieben stur. Sie sagten nur, dass das Feuer nicht von selbst entstanden war.

Wieder kam die Frage: War es Casper? Wenn er die Ursache von der Verwüstung meiner und Jessy's Wohnung war, dann war er das höchstwarscheinlich auch. Aber wie kann ein Engel zu so etwas fähig sein?

Eine Silhouette wurde plötzlich auf dem Dach des Gebäudes sichtbar. Es war zu hundert Prozent Casper. Die Locken konnte ich von weitem erkennen.

Meine einzige Erklärung für das Ganze war; Casper wusste nicht, was er tat. Und der nächste absurde Gedanke blieb nicht lange verschont:

Ich musste ihn retten.

Und mein Einkaufszentrum.

Ich winkte mit meiner Hand, Casper schien sie jedoch nicht zu sehen. Wie auch? In dem Durcheinander konnte ich mich kaum selbst bewegen. Vergebens stiess ich die panischen Leuten aus dem Weg. Mühsam bahnte ich mir einen Weg zu der Absperrung. Der Polizist, der dort bedrohlich stand, sah mich mit wütenden Augen an.

War wohl nicht sein Tag heute.

Irgendwie musste ich in das brennende Gebäude hinein. Meine Augen hingen plötzlich an der Hintertür des Einkaufszentrums. Niemand stand oder schaute in diese Richtung.  Ich nutzte diese Gelegenheit und schlich zu der grauen Tür. Meine Hand fasste die Türklinke und drückte sie langsam nach unten. Mit einem Quietschen liess die alte Tür nach. Aus dem gegenüberliegendem Raum kam qualmender Rauch. Hustend öffnete ich die Tür und stand mitten in den Flammen.

Wenn man vom Teufel spricht...Όπου ζουν οι ιστορίες. Ανακάλυψε τώρα