I🌸

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Jungkook

Müde lehnte ich meinen Kopf gegen die kühle Fensterscheibe des Busses und schloss die Augen. Mein Schädel brummte unerträglich und ich hatte keine Tablette mehr Zuhause gehabt, um die Schmerzen zu lindern, weswegen ich die volle Wucht jetzt ertragen durfte.

Kam davon, wenn man sich betrank, weil der beste Freund einen auf die Party seines Freundes schleppte. Aber hey, das war es mir wert gewesen. Irgendwie halt, zumindest.

Ein tiefes Seufzen entkam meinen Lippen und genoss die kühle Temperatur der Scheibe an meinem Kopf, denn es wirkte gegen das Pochen in meinem Kopf an. Ich fühlte mich schrecklich. Wieso musste es auch Montag sein? Wieso war ich nur am Sonntag feiern gegangen? Ach ja, stimmt, Geburtstagsparty. Hatte ich beinahe schon wieder vergessen, bei dem schrecklichen Kater, den ich hier gerade hatte.

Mit einer Hand massierte ich lahm meine Schläfe, bevor ich meine Augen etwas öffnete, um zu sehen, bei welcher Haltestelle wir uns schon befanden. Zu meinem Glück war meine aber noch weit entfernt und ich liess meine Augen wieder zufallen. 

Wie sollte ich heute nur die Vorlesung überleben? Ich mochte Sporttherapie, keine Frage, aber bei einem Kater noch ein Studium zu absolvieren war echt das allerletzte - aber ich war ja auch selber schuld. Was geht man auch feiern, wenn man am nächsten Tag nicht total fertig im Bett liegen kann?

Abermals seufzte ich leise und spielte bereits mit dem Gedanken, die Vorlesung einfach zu schwänzen und an der letzten Haltestelle mit dem nächsten Bus wieder zurück zum Campus zu fahren. Aber ich konnte den Gedanken kaum zu Ende bringen, als mich eine tiefe Stimme bei meinen Überlegungen unterbrach: "Entschuldige, ist der Platz neben dir noch frei?"

Verwirrt schlug ich die Augen auf und blickte ratlos die hochgewachsene, schlanke Gestalt an, die neben mir stand und mich mit einem sanften Lächeln bedachte. 

Nein, Mann, der leere Platz neben mir ist für meine schlechte Laune, verzieh dich.

"Ja, klar", murrte ich leise und nahm langsam meinen Rucksack von dem freien Platz, bevor ich ihn auf meinem Schoss abstellte. Mit einem leisen Danke setzte der junge Mann sich neben mich, hielt seinen Coffee-to-go-Becher fest in der Hand und wandte den Blick zum Fenster hinaus. Ich folgte seinem Blick, doch anstatt hinaus zu sehen, schloss ich nur wieder meine Augen und versuchte den Schmerz in meinem Kopf zu verdrängen.

Ich brauchte ein Aspirin. Jetzt. Dringend.

"Du siehst müde aus", hörte ich die tiefe Stimme eine weiteres Mal. Diesmal klang sie etwas amüsiert, doch ich brachte nicht die Energie auf, mich darüber aufzuregen, sondern brummte einfach nur zur Antwort. Konnte er nicht sehen, dass ich nicht in der Stimmung für ein Gespräch war? Ich hätte einfach sagen müssen, dass der Platz besetzt ist, dann hätte ich jetzt weiterhin meine Ruhe.

Vollidiot.

"Kaffee hilft mir da immer gut", plauderte ebendieser dann munter weiter. "Ach echt", murmelte ich leise. Wo hatte ich ihn bitte nach seiner Meinung gefragt? Konnte er nicht einfach die Klappe halten, so wie jeder Fremde, der sich neben mich setzte? Ich wollte nicht reden, besonders nicht, wenn mein Kopf so heftig dröhnte, nach der ganzen Ladung Alkohol gestern, die ich in mich reingekippt hatte.

Ein Wunder, dass ich noch nicht gekotzt hatte. Vermutlich hatte ich mich einfach nur daran gewöhnt, bei den vielen Katern, die ich schon gehabt hatte. Studentenleben halt. Auch dieser Kater würde vorübergehen. 

Hoffentlich schnell, denn lange machte ich diese Schmerzen nicht mehr mit.

Aspirin, wo bleibst du? Ich musste Jimin um eine Tablette bitten, der Kerl hatte mich ja auch erst auf die Party geschleppt. (Nicht, dass ich nicht auch ohne ihn gegangen wäre, Hoseok war vielleicht Jimins fester Freund, aber damit war er auch mein Freund und wenn er schon eine Geburtstagsfete schmiss, war es ja wohl eine Pflicht, als Freund dort aufzukreuzen und zu trinken - trotzdem hatte Jimin mich gebeten, bevor Hoseok mich einladen konnte.)

"Am besten du holst dir nach der Busfahrt erstmal eine Tasse voll davon", riet der Typ mir und der einzige Grund, weshalb ich die Augen nun nicht verdrehte war, weil ich sie geschlossen hatte. "Ich mag keinen Kaffee", gab ich von mir und das war nicht einmal gelogen. Ich mochte Kaffee wirklich nicht so besonders. Tee war mir viel lieber. Es ging nichts über einen leckeren Apfel-Zimt Tee.

"Du magst keinen Kaffee?", hakte der Fremde überrascht nach, schien nicht glauben zu können, was er gerade gehört hatte. Mit einem Seufzen nahm ich den Typen wieder ins Blickfeld und warf ihm einen Blick aus kleinen Augen zu. "Ja", antwortete ich vielleicht eine Spur zu harsch, "Was dagegen?"

"Keinen Kaffee zu mögen, ist wie wenn man keine Kirschblüten mag", gab er bekannt und zog irritiert seine Augenbrauen zusammen. Ich nahm mir die Zeit, ihn genauer zu mustern und musste über seine Worte leicht grinsen. Wie passend. 

Er hatte dunkelbraune Haare, in deren Pony sich einzelne, grüne Strähnen wiederfanden. Es sah komisch aus und trotzdem irgendwie gut, auf jeden Fall war es aber irritierend. Wer färbte seine Haare so komisch? Er, ganz offensichtlich. Er war schlank und hatte warme, leuchtende, braune Augen, rötliche Lippen, die gerade zu einer gerade zu einem kleinen Schmollmund verzogen waren, als würde er meinen Geschmack nicht akzeptieren wollen.

"Ich mag auch keine Kirschblüten." 

Seine Augen weiteten sich. Das hatte er offensichtlich nicht erwartet. Er sah mich tatsächlich so an, als hätte ich komplett den Verstand verloren. Was war denn schon so schlimm daran, Kaffee und Kirschblüten nicht zu mögen? Kaffee war nicht sonderlich lecker, ob mit Zucker oder nicht, Schwarz oder mit ganz viel Milch und Kirschblüten waren dämlich. So kitschig und alle Weiber fuhren auf die dämlichen Dinger ab, mein Gott, wieso machten alle so ein Drama um diese Blüten? 

Warum keine Blüten eines Apfelbaumes? Die waren genauso dämlich, aber nein, die Kirschblüten. Wow. Tolle Sache, diese Kirschblüten. 

Nicht.

"Wow, was magst du überhaupt?", fragte er mich dann offen, woraufhin ich mit den Schultern zuckte. "Tee?" Ich liess die Aussage wie eine Frage klingen und richtete mich nun langsam auf, "Blätter im Herbst?"

Ein kleines Lachen drang aus seiner Kehle an mein Ohr, warm und tief, voller Vergnügen, aber leise, sodass das Brummen des Motores es beinahe übertönte. Ich zog fragend eine Augenbraue hoch. Meine Kopfschmerzen waren für den Moment in den Hintergrund gerückt, ich wollte wissen, was er so lustig fand.

"Das ist ja mal gegensätzlich", fügte er an sein kleines Lachen an und sah mich mit einem amüsierten Funkeln in den Augen an. Diese Worte verwirrten mich. "Warum?", wollte ich daher wissen.

"Ich mag die Wiedergeburt der Natur - und du magst ihren Tod."

××××

Da bin ich, pünktlich zum Frühlingsanfang und wie versprochen, habe ich eine neue Geschichte mit im Gepäck😄
(Es war Mitte November, als ich dieses Kapitel geschrieben habe und eine Frühlingsstory wollte...)
Willkommen zu Cherry Blossoms! Es ist nur eine kleine Geschichte, bis jetzt mit 19 Kapiteln, aber ich bin noch nicht ganz fertig😆😊
Viel Spass beim Lesen, ich hoffe, sie gefällt euch❤🌸

Cherry Blossoms [Vkook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt