Kapitel 10

6.5K 207 26
                                    

Schlagartig wurde die Tür aufgerissen und ich schaute in stechend blaue Augen. »Alles okay?«, fragte Damian sofort, rannte schon fast an mein Fenster und schaute hinaus. Mir war bewusst, dass der Rahmen ziemlich tief stand und jemand, der etwas sportlich war, konnte mit Leichtigkeit in mein Zimmer kommen. Deswegen schloss ich es meist in der Nacht. Erst recht, seitdem das mit Trey Sanders passierte und dieser auf dem Campus erschossen wurde. McCain schaute eilig heraus. Links. Recht. Links. Rechts. Als er bemerkte, dass ich allein war, entspannte er sich sichtlich und ich konnte an seinem linken Arm einen Verband erkennen. Das Blut wurde weggewischt und fein säuberlich lag eine Binde über seiner Haut.

Es schien mir, dass es sicherlich nicht zum ersten Mal passierte. Eigentlich war mir das schon klar gewesen, da er nicht einmal schrie, als er getroffen wurde. Auch wenn es nur ein Streifschuss war, hätte ich sicherlich wie ein Baby geheult. Ich war zwar nicht aus Zucker, doch das konnte man einfach nicht vergleichen.

Ein leichter Windstoß durchzog das Zimmer. Ich hingegen starrte auf die Wand gegenüber von mir. Natürlich wurde es frisch und auch die Gänsehaut auf meinen Oberarmen und Beinen zeigte, dass ich leicht fror, doch ich rieb mir nicht über die Haut, sondern wandte meine Augen von Damian ab und starrte weiterhin geradeaus. Was sollte das überhaupt werden? Weshalb stand er in meinem Zimmer? Um mir wieder auf den Senkel zu gehen? Mein Blick heftete sich weiter an die Raufasertapete und ich versuchte irgendwelche Symbole und Bilder hinter diesen kleinen Holzsplittern zu erkennen. Als Kind kratzte ich sie immer gerne ab.

Nur das Geräusch des Fensters, was geschlossen wurde, ließ mich dann wieder in die Gegenwart gleiten. »Alles okay mit dir?«, wurde ich gefragt und zugleich sah ich dann doch nach oben. Damian war längst nähergekommen und stand fast neben mir. »Was fragst du mich das denn? Ist dir das nicht sowieso scheißegal?« Meine Stimme war ruhig und klang jedoch extrem müde. Irgendwie wollte ich schlafen, doch es war komisch. Wenn ich nämlich die Lider zu machte, dann sah ich stetig die braunen Augen dieses Widerlings vor mir.  Möglicherweise sollte ich ja noch etwas trinken. Zumindest half das beim Schlafen. Das Ding war bloß, dass wir nichts mehr im Haus hatten. Also musste ich anderweitig auf andere Gedanken kommen.

Das geschah auch schon eine Minute später, da mein Handy begann zu vibrieren. Nichtsdestotrotz achtete ich nicht drauf. Meine Eltern oder meine Schwester, die waren es nicht. Es konnte nur einer sein. Nämlich Jason. Ein kurzer Schauer huschte über meinen Rücken, doch ich ignorierte das Geräusch geflissentlich. »Willst du nicht ran gehen?« Den Drang das zu tun, schob ich weg. »Es ist nicht wichtig«, antwortete ich nun etwas energischer. »Ach so? Es scheint aber wichtig zu sein, wenn dir jemand so auf den Kranz geht.« Nach dieser Aussage von Damian sprang ich nach oben, schnappte mir doch mein Handy und sah, dass die Nummer unterdrückt wurde. Es konnte somit nur Jason sein. 

Selbstverständlich nahm ich nicht ab. Ich wollte ihn nicht hören, sondern drückte dieses Arschloch weg und machte mein Telefon schlichtweg aus. »Lass mich raten. Dein Ex, was?« und ich blökte: »Das geht dich einen Scheiß an.« Warum fing er überhaupt damit an? Ein kurzer Schmerz durchzuckte mich, den ich die ganze Zeit von mir schob. Immerhin betrog mich dieser Blödmann und es kam nur durch seine Dummheit heraus. »Was hat er denn nun Schlimmes verbrochen?«, fragte McCain. »Es interessiert dich doch gar nicht. Er hat mich verarscht, falls du es wissen willst. Er hurt die ganze Zeit rum. Ich war einfach nur zu blind, um es zu sehen. Und? Willst du mir nun sagen, wie bescheuert ich bin? Das weiß ich selbst.« 

Damian blieb weiterhin auf seinem Fleck stehen, blickte mir allerdings geradewegs in die Augen. Ich konnte ihn so nicht einschätzen. Man sagt ja immer, dass die Augen der Spiegel der Seele sind, doch wenn, dann musste dieser Mann keine mehr besitzen, denn sein Blick war kalt. Unantastbar. Es fühlte es an, als baute er eine Mauer um sich herum auf. Sie war undurchdringbar, als hätte er keine Gefühle und bestand lediglich aus Stein.

Bad Temptation I - DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt