einundzwanzig

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Die Haare klebten an meiner Stirn. Der Schweiß lief an der Schläfe entlang. Ein kurzer Schüttelfrost überkam mich. Ein erneutes Klopfen direkt hinter mir ließ mich zusammenzucken. Mein Herz hämmerz

„Alles gut?" Obwohl seine Stimme so unglaublich sanft war, war trotz ein wenig Besorgnis herauszuerkennen. Ich antwortete nicht, konnte nicht sprechen, war zu sehr mit mir selbst beschäftigt.

„Rosie, ich schwöre dir, ich garantiere für nichts. Mach sofort die verdammte Tür auf oder ich breche sie ein!" Erst jetzt bemerkte ich, dass ich zitterte und mein Atem viel zu schnell ging, als er normal gehen müsste. Ich schloss die flatternden Augenlider und versuchte mich zu konzentrieren.

Okay, ich hatte keine andere Wahl. Ich musste wohl oder übel reden. Ich musste.

„A-alles gut." Das klang nicht gerade sehr glaubwürdig, da meine Stimme bebte. Im Schwindeln war ich noch nie wirklich gut. Schon als Kind ertappte mich mein Dad jedes Mal, nachdem ich behauptete, nur eine Eiskugel gegessen zu haben, obwohl ich zwei gegessen habe.

Mit klopfendem Herzen und schweißnassen Händen versuchte den in mir aufkommenden Würgreiz in mir zu unterdrücken. Es gelang mir nicht. Verdammt, fluchte ich innerlich und stieß mit der Faust gegen die weiße Tür. Mein Magen knotete sich unangenehm zusammen und mir war kotzübel.

Ehe ich mir noch mehr Gedanken machen konnte, kam schon der Schwall an Essen hoch. Ich kämpfte mit den Tränen und hustete. Ich verlor den Kampf. Wie oft ich schon einen Kampf verloren hatte..

Den mit mir, selbst wegen eines Muffins.

Plötzlich hörte ich auf zu denken, hörte kurzzeitig auf mir um dies und das Gedanken zu machen, schloss wie im Trance, wie in einem Traum, die Türe auf und sah ihm direkt ins Gesicht.

Seine Lippen wurden ungläubig geöffnet, doch kein Ton entwich ihnen. Die Augen weit aufgerissen. Die Augenbrauen zusammengezogen, eine steile Falte prägte seine makellos gebräunte Stirn. Der Schock schien ihm ins Gesicht geschrieben zu sein. Die Augen geweitet, er fuhr sich durch die Haare. Er sah zu Boden und hob sich die Hand vor den Mund. Vor Schock oder vor Ekel? Ich spekulierte auf die zweite Möglichkeit.

Ahnte er etwa etwas? Mit einem Mal wurde mir kalt. Eiskalt. Noch immer in einem unzurechnungsfähigem Zustand taumelte ich taub zum Spiegel, versucht nicht in mein Spiegelbild zu sehen und machte den Wasserhahn auf. Es klappte erst nach ein paar Versuchen, da meine Hand, nein, mein gesamter Körper so verdammt stark zitterte.

Plötzlich spürte ich etwas großes, weiches an meiner Schulter. Ich musste gewungenermaßen in den Spiegel sehen. Harrys Hand lag fest auf meiner Schulter, fest, umklammernd, wie ein Anker im Meer. „Alles wird gut." murmelte er immer wieder. Sein Kinn auf meinem Kopf abgestützt, bevor Harry sich vor beugte und mir einen kleinen Kuss auf den Scheitel gab.

Ekelte er sich nicht? Ich verstand ihn nicht. Wie konnte er nur so zuversichtlich sein so .. so positv und zuversichtlich sein? Nach all dem, was passiert war. Ich sah mich, das Essen hing mir in den Haaren, um den Mund herum verschmiert - wie bei einem Baby. Harry noch immer dicht an mir. Seine Nähe tat mir ein wenig gut. Die Tatsache nicht alleine zu sein. Lediglich seine Anwesenheit, ließ mich ein wenig, ein klein wenig zuversichtlicher denken.

Und dennoch fühlte ich mich wie ein kleines neugeborenes Baby, ich war praktisch eines. Harry formte die Lippen leicht, jedoch gefälschtes, zugezwungen Lächeln. Sein Anblick zerstörte mich so, wie meiner wahrscheinlich ihn. Wie er dort so stand. Voller Traurigkeit im Gesicht, trotz seinem Lächelns. Er, wie ein Vater. Ich, sein Kind, er mein Vater. Ich so hilflos wie ein Kleinkind, er wie ein verantwortungsvoller erwachsener, erfahrener Mann. Ich schloss verkrampft die Augen, konnte mich selbst nicht mehr sehen, wollte mich nicht sehen.

„H ... Harry, m-mir war so übel und da ich musste brechen. Der Kuchen ich glaube er war schlecht, verschimmelt vielleicht." Meine Stimme war noch brüchig wie altes Rost. Man merkte das ich log und ich hasste mich unglaublich dafür. Kurz sah ich ihm in die Augen. Sachte strich er mir mein Haar zurück das mir wirr und strähnig im Gesicht hing. Diese kleine Gestik ließ mich selbst in solch einer Ausnahmesituation lächeln. Keinesfalls ein gespieltes, gekünsteltes, gefaktes nein - ein wahres Lächeln. Harry riss mich sanft aus den Gedanken.

Sein Blick traf meinen. „Rose erzähl mir doch nichts. Was ist wirklich passiert?"

I hate it to be hungry #Wattys2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt