41 Guillermo

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Für einen kurzen Moment schloss Fill die Augen. Kühler Wind wehte aus dem offenem Fenster zu ihm herüber und er atmete tief ein. Im Geiste bereitete er sich auf das kommende Telefonat vor und drückte das Handy an sein Ohr. Endlich endete das Tuten am anderen Ende der Leitung und jemand räusperte sich.

Im seltensten Fall meldete sich Guillermo sofort mit Namen, aber das Räuspern war eindeutig genug.

„Hi Wichser", grüßte Fill ihn. Sofort spannte er sich vor Ärger an und seine Finger klammerten sich fest um sein Telefon.

„Fill." Die Stimme war ruhig und ein Hauch von Amüsement war herauszuhören, mehr nicht.

Fill holte tief Luft, ehe er seinen Dampf abließ. „Also, warum führst du dich so bescheuert auf wie ein Kindergartenkind, das man den Lutscher weggenommen hat? Wieso tust du auf Rache?"

Guillermo lachte. „Was?"

Die Leitung rauschte ein wenig, als spüre sie den Atlantik, der zwischen ihnen lag. Die fast 10.000 Kilometer waren auch der einzige Grund, weshalb Fill ihn noch nicht umgebracht hatte.

„Spuk es aus. Wo ist Felina?"

Wieder gab es als Antwort nur ein belustigtes Lachen, was Fill weiter zur Weißglut brachte. „Sag schon!"

„Woher soll ich wissen, wo sie ist? Du hättest auf sie aufpassen sollen, hab ich dir ja gesimst."

„Weil du wusstest, dass du sie am Tag drauf entführst!", brüllte Fill und wollte gerade noch weiter reden, als Guillermo ihn unterbrach und mit einen kühlen Ernst in der Stimme sagte: „Moment. Ich habe sie nicht entführt und ich weiß auch nicht, wo sie ist. Nicht mein Pech, dass ich die ganze Aktion nur lustig finde."

„Halte mich nicht für blöd! Wo ist sie?", zischte Fill. „Ich weiß, dass du an der Entführung beteiligt bist! Einer deiner Freunde hat sich dabei selbst erschossen, hast du das etwa nicht mitbekommen? Die Polizei hat ihn identifiziert. Pedro hast du ihn immer genannt, nicht wahr? Wieso sollte Pedro Felina entführen, wenn du nicht immer noch sauer auf mich wärst?"

„Denkst du, ich sei dafür verantwortlich, was Pedro in seiner Freizeit anstellt?", konterte Guillermo. Seine Stimme hatte einen unruhigen Ton angenommen, als würde ihn dieses Thema deutlich stören.

„Ja! Er hat Felina zu mir ins Hotel gebracht, nur damit du deinen Spaß haben kannst!" Fill fluchte und dachte an den Moment, als dieses kleine Mädchen auf einmal vor seiner Suite gestanden hatte. Mitten in der Nacht, im Rücken Mel und Drogen, aber vor ihm Felina mit diesem leichten Grinsen und einer Mission.

Guillermo gab es zu: „Das streite ich nicht ab."

„Und dann? Pedro und noch ein paar Freunde schnappen sich Felina, um jetzt ein krankes Spiel durchzuziehen? So scheiße hatte ich dich echt nicht eingeschätzt."

„Nett", kommentierte er nur gelassen, aber etwas in seinem Tonfall beunruhigte Fill. Irgendetwas stimmte nicht, denn normalerweise würde Guillermo jetzt bestimmt wieder belustigt sein.

„Sag mir, was du willst oder ich erzähle der Polizei und der Presse über deine Nebengeschäfte. Wie schnell hast du deine Lagerhallen leer geräumt?", drohte Fill.

„Hm, interessant."

„Interessant?"

„Du drohst mir, obwohl du dir so sicher bist, dass ich Felina habe? Weißt du, was das für deine kleine Tochter bedeutet?" Guillermo hielt kurz inne, als würde er schmunzeln. „Aber weißt du was, du bekommst deine Antworten, allerdings bin ich kein Fan vom Telefonieren. Lass uns bei Rudi treffen, in spätestens vierundzwanzig Stunden. Komm allein."

Wie Glaspapier im Scheinwerferlicht ✔Where stories live. Discover now