13 Ein Date?

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Zu Hause saß Felina schon am Esstisch und aß, während ihre Ma bereits das Geschirr vom Kochen abspülte. Rico ließ sich auf seinen Platz fallen und nahm sich seine Portion Nudeln.

„Wie war die Schule?", wollte seine Ma wissen.

„Wie immer."

Sie sprachen nicht weiter darüber, sondern verspeisen stillschweigend das Mittagessen. Felina rutschte unruhig auf ihrem Stuhl herum, aber er beachtete es nicht weiter.

„Ach, ja", brach ihre Ma irgendwann das Schweigen. „Rico, du passt heute Abend auf Felina auf, ja?"

Aha. „Wieso? Musst du arbeiten?"

„Äh, nein." Wurde sie gerade etwa rot?

Rico musterte sie aufmerksam. „Was dann?"

„Ich, äh." Sie stockte. Das war unheimlich, denn sonst verlor sie so schnell auch nicht ihre Sprache. Irgendetwas war faul und Rico hatte nur eine wage Vermutung. Er sprach sie aus.

„Hast du ein Date oder was?"

„Äh." Jetzt errötete sie wirklich und sah etwas verlegen weg, was die ganze Sache eindeutig machte. Sie hatte eins. Ein fucking Date. Seine Ma. Alter.

„Nein!", kreischte Felina da. „Das darfst du nicht!"

Verdutzt starrten beide die kleine an, die fast aufgesprungen wäre und sie jetzt panisch ansah. „Was ist mit Papa?"

„Papa?", wiederholte Rico fassungslos. „Nicht dein ernst, oder?"

„Doch!", rief sie laut. „Mama, was ist mit Papa? Du musst ihm eine Chance geben! Heute, heute kommt er wieder in die Stadt! Er liebt dich doch und ihr ... ihr gehört doch zusammen!"

„Nein, Schatz. Das stimmt nicht." Ihre Ma versuchte notgedrungen, ruhig zu bleiben, aber ihre Augen verrieten das gleiche, was Rico dachte: Wie kam sie auf diesen Blödsinn?

„Doch!" Felina klang dabei beinahe schon verzweifelt.

„Schatz, es tut mir leid, wirklich. Fill und ich, wir haben uns getrennt. Schon vor langer Zeit, und das bleibt auch so."

„Nein!", wiederholte Felina wütend und schlug mit der Gabel auf den Tisch, die laut scheppernd auf ihrem halbleeren Teller landete.

„Felina!" Die Ermahnung wirkte nicht. Sie sprang wütend auf und rannte in ihr Zimmer. Hinter ihr schlug die Tür zu. Dumpf hörte man noch Geräusche, dann wurde es still.

Rico wusste nicht, was er sagen sollte. Er hielt die Gabel in der Hand, auf der noch immer Nudeln lagen. Felinas Ausbruch hatte ihn überrascht und er wusste nicht, was er davon halten sollte, außer es als Blödsinn abzustempeln. Die Scheidung ihrer Eltern war definitiv eine gute Entscheidung gewesen. Nur hatte Felina davon absolut keine Ahnung, weil sie zu jung gewesen war.

Zurück zu den Fakten. Seine Ma hatte heute Abend ein Date.

„Ist er berühmt?", wollte er wissen und riss sie damit aus Gedanken, denn sie zuckte erschrocken auf. „Hm?"

„Dein Date. Ist er berühmt?"

„Nein, nein. Auch kein Alkoholiker, nicht drogensüchtig und auch nicht gewalttätig", plapperte sie los und zählte alle schlechten Eigenschaften von Fill auf, um sie zu widerlegen.

Rico atmete auf. „Okay."

„Okay?" Die Frage kam vorsichtig, als würde es seiner Ma viel bedeuten, wenn er jetzt zustimmen würde. Dabei wusste er doch gar nichts über diesen Kerl und er konnte immer noch genauso ein verantwortungsloses Arschloch wie sein Vater sein. Oder halt auch nicht. Keine Ahnung, ein gutes Gefühl hatte er nicht. Dafür kam ihm seine Ma zu nervös vor. „Mal sehen."

~ ~ ~

Felina war sauer und das würde sich nicht ändern, egal wie oft Mama vor ihrer Zimmertür auftauchte und versuchte, sich zu entschuldigen. Solange sie ihr Date nicht absagen würde, blieb Felina wütend.

Gegenüber Manki behielt sie aber lieber einen kühlen Kopf. Sie musste ihre Mission vorbereiten und blätterte aufgeregt durch die vielen Zeitschriften, die sie gestern auf dem Schulweg gekauft hatte.

Jeden Artikel über ihren Vater lernte sie fast auswendig, nur schrieben sie alle noch davon, dass er mit dieser Chelsea Hamilton Schluss gemacht hatte beziehungsweise darüber, dass er das alles live im Fernsehen getan hatte. Letzteres fanden sie wohl skandalöser.

Nur einmal zog ein Journalist die Möglichkeit in Betrachtung, das Mama der Grund für das Ende dieser Scheinbeziehung gewesen sein könnte.

Natürlich, weil Papa sie ja auch noch liebte.

Felina schaltete ihren CD-Player an, ließ die Musik laufen. Papa sang davon, wie leid es ihm tat. Wie sehr er sie vermisste. Sie wusste Bescheid, sie hatte die deutsche Übersetzung extra gegoogelt. Sie wusste, wovon er sang, und dass es sich nur um Mama handeln konnte.

Außerdem stand das auch so in manchen niveauvollen Kritiken, die Felina auch gelesen hatte. Über die Hälfte seiner Lieder gingen nur um Viktoria, die mysteriöse Ex, die auch als seine einzige wahre Liebe beschrieben wurde.

Da klingelte jemand unten an der Haustür und noch im selben Moment konnte sie Schritte hören und ihren Bruder, der vom Flur aus schrie: „Ey, Fee! Mach diese Scheißmusik aus!"

„Nein!", brüllte sie zurück.

Sie drückte Manki an ihre Brust und belauschte, was sich vor ihrer Zimmertür abspielte. Rico war wohl an die Sprechanlage gegangen, obwohl ihre Ma auch zu hören waren. Sie diskutierten etwas und dann brüllte Rico: „Du spinnst doch!"

Was war da los? Felina sprang auf und rannte zur Zimmertür, um mehr verstehen zu können, aber was war unnötig. Ihr großer Bruder war so wütend, dass er alles nur noch schrie.

„Der Flieder? Ernsthaft?" Er schnaubte. „Mein Mathelehrer? Du verarscht mich doch, dieser Cordhosen tragende Wichser?"

Wie Glaspapier im Scheinwerferlicht ✔Where stories live. Discover now