Late-night calls

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"Ich bin jetzt wirklich satt Mama" sagte ich zum wiederholten Male, doch trotzdem forderte sie mich auf noch mehr zu essen.
"Du hast doch schier nichts gegessen. Habe ich jetzt umsonst gekocht?"
"Nein, hast du nicht, aber ich habe eigentlich heute Mittag schon etwas gegessen und außerdem kann ich es ja auch noch morgen essen."
"Also ist das Essen in deiner Schulkantine besser geworden?" fragte nun mein Vater.
"Ich war nicht in der Schule essen. Jimin Hyung hat mich schon wieder eingeladen" sagte ich provokant. Ich konnte es immer noch nicht glauben, dass mein Vater so rational Jimin mit seinem Vater gleichstellte.
Es war einige Zeit still, in der nicht Mal Taeyeon etwas sagte, doch dann versuchte meine Mutter die von mir erzeugte Anspannung wieder aufzulösen.
"Wer will noch ein Eis? Selbstgemacht...Na gut selbstgemacht gekauft, aber immerhin."
Mein Vater stimmte als erstes zu, dann Taeyeon, bis dann auch ich einwilligte. Nachtisch passt irgendwie immer rein.
Während meine Mutter das Eis zubereitete, schielte ich auf die Uhr, die mein Vater am Handgelenk trug, da die die bei uns im Esszimmer stand stehen geblieben war und es bis jetzt noch niemand für notwendig gehalten hatte neue Batterien einzulegen.
"Es ist halb zehn. Hast du noch was vor?" bemerkte mein Vater meinen Blick.
"Nein eigentlich nicht, aber ich gehe morgen in die Abendschule und muss deswegen fit sein."
Da ich heute keine Zeit hatte etwas für die Schule zu machen, muss ich das morgen nachholen.
"Warum bist du heute nicht gegangen? Sind deine Noten so gut, das du es nicht nötig hast?"
Schule. Schule. Schule. Immer nur Schule. Das ist wirklich das Einzige was meine Eltern interessiert. Damit stehe ich aber nicht alleine da, immerhin kenne ich keine Eltern in meiner Stufe, die sich nicht für die Leistungen ihrer Kinder interessieren. Das ist einfach in den Köpfen der koreanischen Eltern, weshalb ich meinem Vater nicht mal mehr böse sein kann für solche Bemerkungen. Bin sie schließlich schon gewöhnt.
"Zur Zeit muss ich nicht so viel lernen, weil noch keine schwierigen Klassenarbeiten anstehen. Aber ich werde morgen beginnen für die nächsten Wochen vor zu lernen" ratterte ich den Satz runter, den ich in meinem Leben mindestens schon 1000 mal gesagt habe, jeweils mit kleinen Änderungen um nicht aufzufliegen.
"Das wollte ich hören. Ich weis ja dass du clever bist" lobte mich mein Vater. In diesem Moment kam meine Mutter mit dem Eis zurück und stellte uns jedem eine Portion vor die Nase. Ich wollte gerade anfangen zu essen, als ich merkte wie mein Handy kurz vibrierte. Da es meine Mutter allerdings hasste, wenn ich am Tisch auf mein Handy schaue, ignorierte ich es.
Dann begann ich zu essen und hörte halbherzig bei dem Gespräch meiner Eltern zu.
Nach dem zweiten Löffel Eis, vibrierte es allerdings erneut und nach dem dritten Löffel wieder. Dies ging dann so lange, bis mich meine Familie irritiert anblickte, da mein Handy gar nicht mehr aufhörte zu vibrieren vor lauter Nachrichten.
"Das hört sich ja nach etwas wichtigem an" kommentierte meine Mutter die Situation. Ich zuckte mit den Schultern und aß weiter, da mein Handy wieder still geworden war... für einen Moment.
"Also entweder du machst es jetzt aus oder du schaust jetzt endlich nach, wer da was von dir will" regte sich meine Mutter schon schier auf. Meine Reaktion darauf war, meine Mutter einfach anzustarren, da ich niemals damit gerechnet hätte, dass sie mir praktisch am Tisch erlaubt ans Handy zu gehen. Nach zehnsekündiger Starre vibrierte es wieder und ich griff schnell in meine Hosentasche, während meine Mutter irgendwas schrie. Recht verwirrt schwebten meine Finger über den Display, während ich abwechselnd zu meiner Mutter schaute, die schräg auf mein Handy schielte. Schnell öffnete ich KakaoTalk und ging auf den ersten Chat, der die Unruhe verursachte. Als ich dann allerdings, von meiner Mutter weg, auf den Bildschirm schaute, bekam ich schier einen Herzinfarkt und drückte mein Handy so schnell an meine Brust, dass ich das Gleichgewicht verlor und seitlich vom Stuhl flog. Jimin hatte mir Bilder gesendet, von denen ich nur zwei richtig gesehen hatte. Diese Zwei reichten allerdings aus, das mir die Röte in die Wange stieg.
Lieber Gott bitte, bitte mach das meine Mutter nichts gesehen hat, BITTE! Ich tue alles, ich geh ins Kloster.
"Ist der dritte Weltkrieg ausgebrochen oder..."
"Jungkook ist alles in Ordnung" unterbrach meine Mutter meinen Vater und stürmte zu mir, während Taeyeon nur lachte.
"Nein, ja es ist alles okay" drückte ich meine Mutter wieder von mir weg und richtete mich wieder auf. Bevor ich mich wieder setzte, machte ich allerdings mein Handy komplett aus.
"Was war denn los?" fragte nun auch meine Mutter. Da mir nicht einfiel, was ich antworten sollte, sagte ich einfach schnell...
"Nichts."
"So sah das aber nicht aus. Was waren das für Bilder und von wem waren sie?" fragte meine Mutter.
"Hausaufgaben" war meine Notfallantwort auf alles.
Verwirrte Blicke hafteten auf mir.
"Ich muss noch Hausaufgaben machen."
"Sagtest du nicht, du müsstest nichts mehr machen?"
"Nein, also doch. Aber ich hab's vergessen."
"Gut, aber was waren das dann soeben für Bilder? Ich hab dich genau gesehen, das dir da jemand irgendwelche Bilder gesendet hat und es sah nicht nach Hausaufgaben aus" beschwerte sich meine Mutter. Weis sie es?
Sie weis es. Fuuucc...das sag ich jetzt nicht.
"Liebling, lass dem Jungen doch etwas Privatsphäre. In seinem Alter will man seinen Eltern nicht alles erzählen, was man so treibt, vor allem wenn es das andere Geschlecht angeht. Stimmt's?" fragte mich mein Vater.
"Stimmt" schoss es aus mir heraus.
Der Blick meiner Mutter war verstört. Sie dachte wohl gerade darüber nach, dass ich...
"Schreibst du etwa mit einem Mädchen?" fragte sie und lies nicht locker.
Ich schielte kurz zu Taeyeon, die mich recht gleichgültig anblickte, bevor ich meiner Mutter zunickte.
"Ist sie deine Freundin?" ging es gerade so weiter.
"Nein, ich..." ich stehe nicht auf Mädchen "...bin nur mit ihr befreundet."
Ein allgemeines Nicken.
"Die heutige Jungend...alle sind sie nur befreundet" betonte meine Mutter die letzten beiden Worte.
Kurz kehrte Stille ein und wir aßen einfach weiter, bis mir die Atmosphäre allerdings zu unangenehm wurde, da mich meine Mutter mit ihren Blicke zu scannen versuchte, während mein Vater zu wissen glaubte, was ich da auf dem Handy hatte und mir immer wieder zu grinste, und dann noch meine Schwester, die mich teils bemitleidend anblickte, mir aber auch Zeichen gab, dass ich meinen Eltern alles gestehen sollte. Immer wenn sie ihren Mund öffnete blieb mein Herz kurz stehen, da ich dachte sie würde mich verraten, und als sie dann nur einen Löffel Eis nahm und den Mund wieder schloss fielen mir tausend Steinen vom Herz.
Das alles war zu viel. Auf meinen Löffel türmte ich das Eis um es dann auf einmal in mich rein zu schieben und aufzustehen, um mein benutztes Geschirr in die Küche zu stellen.
"Ich gehe Hausaufgaben machen" entschuldigte ich mich und verschwand in meinem Zimmer.

Maybe more than friends| Jikook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt