Kapitel 20

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Teil 20

Ich versuchte seinem Blick irgendwie auszuweichen, doch es klappte nicht. „Lina..wenn du nicht reden willst, kann ich dich nicht verstehen. Ich will dir doch nur helfen, dich verstehen“,sagte Marco und streichelte über meinen Handrücken. Ich zog meine Hand weg und wollte am liebsten weiter in mich hineinschweigen und allein sein. Doch Marco verschwand einfach nicht. Bis ich dann endlich nach einer gefühlten Ewigkeit, nachdem ich meinen Dad angemault hatte, meine Klappe aufriss: „Marco du wirst es eh nicht verstehen, aber wenn es dich interessiert, dann werd ich dir halt alles erzählen. Mir ist es dann auch egal ob du mich für bekloppt oder bescheurt abstempelst und mich verlässt, aber du wolltest es so.“ Er guckte leicht verwirrt und ich legte los. „Alles fing an, als ich mit fünf das erste Mal meiner Mom in der Küche half. Ich schnitt Obst für einen Obstsalat, als dann mein Dad von einem Auslandsspiel wiederkam. Ich rannte zu ihm und wollte in seine Arme geschlossen werden. Ich freute mich riesig ihn wieder zu sehen, doch er lies mich einfach an sich eisklat vorbeirennen. Schenkte mir keinen einzigen Blickkontakt und sagte nicht mal 'Hallo meine Große'. Er ging dirket zu meiner Mom, küsste sie, setzte sie auf die Küchenzeile und alles. Ich stand wie ein kleines Gespenst da und wurde von beiden nicht beachtet. Er war gerade mal zwei Tage wieder da, da war er schon wieder zu irgendeinem Spiel. Er tat immer auf lieb, nett und der beste Papa auf der Welt wenn Verwandte oder Spieler aus seinem Verein da waren, doch er interessierte sich nie für mich. Ich konnte krank sein, eingeschult werden oder irgendwas anderes was mein Leben prägte. Er sagte er würde kommen, doch im entfeckt konnte ich mir schon denken er würde seinen Arsch nicht zu diesem besonderen Moment hinbegen, weil er sich zu fein fühlte. Meine Mom versuchte immer beide Elternteile zu spielen und lies mich dann immer mit ein paar Jungs aus der Nachbarschaft kicken oder ich wurde von Maras Eltern mit ins Stadion genommen um meinen Dad zu sehen. Doch ihn beobachtete ich nie bei den Spielen, ich konzentrierte mich eher auf seine Mitspieler und versuchte mir vorzustellen, einer von ihnen würde die Rolle meines Dads übernehmen, doch nie wurde dieser Wunsch erfüllt. Ich wurde immer erwachsender und entfernte mich von meiner Familie für tage, manchmal sogar Wochen, um einfach nicht einer wandelnden Fassade zu begegenen.“, sagte ich machte ein kurze Pause und fuhr fort, „Ich übernachtete in Gassen, Parks oder in Fluren von Wohnblocks. Es war mir relativ egal wo ich schlief, hauptsache ich musste mir meinen gespielten Familiendad nicht antun. Ich wurde von Obdachtlosen, Perversen oder der Polizei angesprochen, aber ich rannte einfach ohne was zu sagen weg. Keiner kam hinter mir her und mein haupt Ziel waren meistens die alten Häuser im Hafen. Ich versteckte mich dort vor allem. Lernte dort Lars und seine Clique kennen. Kam dann mit 14 das erste mal an Alkohol und Drogen ran und wurde immer mehr abhängig von Lars und Co. Mit 15 erlitt ich dann meinen aller ersten Drogenabsturz und wurde in eine Entzugsklinik eingewiesen. Das aber mehr als nur ein seelischer schaden dahinter steckte, davon erzählte ich nie. Nachts schlich ich mich meistens durch das Fenster aus der Klinik und saufte mich fast immer bis zu Bewusstlosigkeit. Man morgen wachte ich dann immer mit dem schlimmsten Kater auf und kotze die halbe Klinik voll. Als dann die Ärzte merkten, dass ich immer abgehauen bin, sperrten sie mich richtig ein und ich wurde dann auch nach langen versuchen clean.“ Marco sah mich geschockt an und wollte was sagen, aber ich lies ihn nicht. „Wenn du denkst das war alles dann hast du dich gerirrt. Also ich fahr dann mal fort. Ich hing trotz all den Verboten meiner Mom mit Lars und den anderen ab und fing an mich zu besaufen und ging dann auch in solch einem Zustand in die Schule. Selbst wenn ich voll gepumpt mit Drogen war, ging ich zur Schule und bestritt den Unterricht irgendwie. Mit 17 hatte ich mich dann an einem Abend so voll getrunken, dass ich für mehre Wochen ins Koma fiel. Ich bin dem Tod so von der Schippe gesprungen wie jetzt auch, aber das hinterte mich dann nicht mit 18 wieder anzufangen Drogen in mich zu pumpen. Die deutschen Therapeuten waren ratlos und wussten keine andere Lösung, als mich ins ausland zu schicken um von meiner Sucht, meinen Problem los zu kommen. Doch das half ja auch nur zwei Jahre...“,sagte ich zum ende bedrückt. Marco saß wie ein Geist vor mir und wusste nicht was er sagen sollte. Ich schluchzte nur kurz und dachte: „Wieso hat der Tod mich den noch nicht abgeholt. Ich will nicht mehr leben, nicht so wie jetzt!“ Ich guckte kurz zu Marco und vergrub dann mein Gesicht unter dem Kopfkissen. Er bekam einfach kein Wort raus und ich merkte, wie er von mir runter ging und aufstand. „Ich wusste es...es ist aus und vorbei.Er wird jetzt in jedem Moment den Raum verlassen und mich mit meinen Problemen alleine stehen lassen“,dachte ich. Und genau so geschah es auch. Ehe ich mich versah, öffnte sich die Zimmertür und schloss sich auch. Ich war allein..wie immer. Aber ich fühlte mich nicht nur allein, ich fühlte mich leer. Ein Stich ins Herz, könnte man auch sagen. Marco verlies mich in dem Moment, wo ich ihn am meisten brauche.

Falling in Love with you (Marco Reus)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt