Kapitel 21

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Erschrocken atme ich die kühle Luft ein. Ich spüre sie in meinen Lungen und einen Moment lang lenkt mich das ab. Davon, dass Henri nun nur noch weniger Zentimeter von mir entfernt steht. In mir zieht sich alles zusammen. Aufregung steigt in mir hoch und dann läuft er aus dem nichts zum gedeckten Tisch.

"Möchtest du frühstücken?", fragt er.

"Ja, gerne.", antworte ich. Ich laufe auf ihn zu und er rückt den Stuhl für mich vom Tisch weg ich setze mich, dann setzt er sich mir gegenüber.

"Ich habe Lauren gefragt, was du gerne frühstückst.", sagt Henri.

In meinem Gesicht breitet sich ein Lächeln aus. Wie gut sie mich doch kennt! Auf dem Tisch steht mein Traumfrühstück - zumal ich bei einem Pariser Sonnenaufgang mit allem zufrieden wäre. Aber nein, hier stehen Croissants, Marmelade und Früchte. Und das wichtigste? Kaffee! Ob der wohl noch warm ist? Als könnte Henri meine Gedanken lesen schenkt er mir etwas davon ein. Ich blicke hoch und es verpasst mir einen Stich ins Herz. Wie hätten die Wochen und Monate, nein das Jahr - wie hätte es mit Henri ausgesehen? Ich meine mit dieser Version von Henri. Ich meine mit der Version, die sich darum kümmert was ich gerne frühstücke. Die Version, die mir bei Regen seine Jacke über den Kopf hält. Und ich weiß nicht was genau dann in mir passiert aber plötzlich bin ich so dankbar für diesen Moment. Für diesen Moment mit Henri, für den er sich all diese Mühe gemacht hat.

"Danke.", sage ich. Und ich weiß nicht, wann ich das letzte mal so sehr danke gemeint habe als ich es sagte. Henri wirft mir ein Lächeln zu und ich greife nach meiner Tasse.

"Es ist so schön, die Sonne aufgehen zu sehen.", sagt er. Ich folge seinem Blick und betrachte die wunderschöne Szenerie. Die Gebäude sind in ein bläulich schimmerndes Licht getaucht. Über ihnen zieht sich ein rosa-roter Streifen von links nach rechts und darüber leuchtet der Himmel in orange. Die einzelnen Wolken am Himmel strahlen einem rosa und gelb entgegen und die Sonne bahnt sich an mitten all dessen ihren Weg nach oben. Und als ich zu Henri sehe hat er sein Handy in der Hand.

"Machst du da gerade ein Bild?", frage ich.

"Ja.", antwortet er.

"Von mir?.", frage ich.

"Vielleicht.", antwortet er. Und ich beuge mich über den Tisch zu seinem Handy hin. Als ich merke, dass ich so nicht an das Handy komme stehe ich auf und laufe zu Henri. Wir streiten uns eine Weile um das Handy, bis Henris Kette aus dem lockeren Shirt fällt. Und dann gilt meine Aufmerksamkeit der Kette.

"Du Henri.", setze ich an.

"Ja Aurora.", sagt er lachend.

"Was steht auf dieser Kette.", frage ich diesmal einfach gerade heraus - direkt.

Henri lächelt mir zu. Nimmt die Kette von seinem Hals und reicht sie mir.


Born to be a fighter armed with love


"Das ist wunderschön.", sage ich schließlich mit dem kühlen Metall in meiner Hand. Dann steht Henri auf. Nimmt die Kette aus meiner Hand und legt sie mir um den Hals.

"Du bist der friedfertigste Mensch den ich kenne.", sagt Henri. "Du solltest die Kette behalten."

"Was?.", sage ich. "Nein das geht nicht."

"Doch bitte, ich möchte sie dir schenken!", sagt Henri. Ich spüre das kalte Metall um meinen Hals und ich muss zugeben, ich würde die Kette gerne behalten. Nicht nur weil es unfassbar romantisch ist. Mir gefällt der Spruch und der Gedanke immer etwas von Henri bei mir zu haben.

"Dann habe ich immer etwas von dir bei mir.", sage ich verlegen.

"Genau.", flüstert Henri. Und wir setzen uns wieder. Wir essen und unterhalten uns. Reden über alles mögliche. Und wie sehr wir lachen müssen. Ich habe ganz vergessen, wie lustig es mit ihm sein kann. Ich lache lauthals, als seine Hand sich auf meine legt. Sanft streicht er über meine Haut. Greift von unten in meine Hand und hält sie. Einfach so - und ich halte seine Hand. Wir reden weiter und obwohl es keine große Sache ist, seine Hand zu hakten ist es genau das: eine große Sache. Es löst in mir eine Freude aus, die ich bis jetzt nur mit Henri erlebt habe. Ein Hoch, das grenzenlos scheint. Ein Leuchten tief in mir, dass alles so schön und perfekt erscheinen lässt. All das nur durch eine Hand. Seine Hand.

Als wir fertig mit dem Frühstück sind ist die Sonne bereits aufgegangen. Die Sonne scheint stark und wir sitzen noch immer am Tisch, die Hände ineinander verhakt. Dann steht Henri auf. Er löst seine Hand von meiner und läuft zum Geländer.

"Lass uns ein Bild machen.", sagt Henri.

"Von uns?", frage ich.

"Ja, das müssen wir Rose und meiner Mum schicken.", antwortet er. Ich finde die Idee lustig, also stelle ich mich zu ihm. Paris und den Eiffelturm hinter uns auf dem Bild schießt Henri eins Selfie von uns. Einige Schnappschüsse später stehen wir noch immer Seite an Seite am Geländer, Paris hinter und und Henri mit dem Handy in der Luft. Er schaut mich an und ich blicke zurück. Er mustert mein Gesicht. Plötzlich beruhigt sich in mir alles. Genau das ist es doch, was ich die ganze Zeit wollte. Ein Date mit Henri, ihm alleine gegenüber stehen zu können. Genau deswegen habe ich ihm doch letzten Sommer so viele Nachrichten geschickt, auf die er nicht geantwortet hatte. Und genau deswegen hatte ich all die Wochen diese Panik in seiner Nähe zu sein. Diese Aufregung und auch diese Wut! Von außen sah es natürlich nie weltbewegend aus, aber ich weiß, wie es in mir aussieht. Wie verrückt es mich gemacht hat. Und jetzt - jetzt steht er hier. Genau neben mir.

Bevor ich überhaupt merken kann, was mein Körper da macht finde ich meine Lippen auf Henris wieder. Ich habe Henri geküsst - jetzt gerade - schießt es mir durch den Kopf und dann schließe ich meine Augen. Gott sei dank habe ich mich das getraut.

AURORAHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin