Kapitel 6 - Eine kleine Ewigkeit

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Langsam kommen sich unsere Gesichter näher und näher.

Ich kann schon seinen warmen Atem auf meiner Nase spüren. Wir schließen unsere Augen und.......

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Wir schließen unsere Augen und Gils Gesicht kommt immer näher. Kurz bevor sich unsere Lippen berühren können, stoppt er.

Langsam öffne ich meine Augen. Fragend ziehe ich meine eine Augenbraue hoch, doch Gil ignoriert das einfach. Für ein paar kurze Minuten bleiben wir so. Schweigend sehen wir uns einfach nur an. Beide atmen wir langsam und ruhig. Eine fast unerträgliche Spannung liegt zwischen uns, bis Gil sich endlich einen Ruck gibt und den kurzen Weg zwischen unseren Lippen überbrückt.

Meine Augen schließen sich fast automatisch. Meine Arme schlinge ich um seinen Nacken und ich ziehe ihn näher an mich. Nun stehen wir eng umschlungen mitten im Wald.

Der Kuss ist sanft, als wäre ich etwas zerbrechliches, etwas besonderes. Ich fühle mich geborgen, einfach nur glücklich. Eine wohlige Wärme breitet sich in meinem ganzen Körper aus und ich lasse mich einfach ganz auf die Gefühle ein. Schon seit langem war ich nicht mehr so wunschlos glücklich.

Eigentlich sollte ich ihn von mir stoßen. Ihn anschreien, was das soll. Ihm vorwerfen hirngestört zu sein oder irgendwas, aber das will ich nicht.

Viel zu schnell geht der Kuss zu ende. Gil löst sich von mir und sieht mich überwältigt an.

,,Wow! Warum hab ich das getan?"

Bedauert er etwa mich geküsst zu haben? Leicht enttäuscht sehe ich zu Boden. Doch sofort spüre ich eine Hand, die mich dazu zwingt ihm wieder ins Gesicht zu sehen.

,,Das hab ich nicht so gemeint. Ich meinte Wow!- Das war unglaublich! Ich bereue es kein Stück, aber ich bin eigentlich nicht so der Typ, der jedes dahergelaufene Mädchen küsst. Jetzt war ich ein bisschen verwundert, dass ich das echt getan habe. Aber ab dem Moment im Sportunterricht war ich begeistert von deiner Erscheinung. Du hast so etwas unheilvolles. Du wirkst so abwesend, aber trotzdem so aufmerksam. Die letzten Stunde habe ich immer überlegt, was da in deinen Augen ist. Diese Schwärze. Ein kleiner Teil von ihnen spiegelt immer diese Traurigkeit wider, von der du mir erzählt hast. Und genau das ist es, was ich so faszinierend finde. Obwohl ich dich erst seit einem Tag kenne weiß ich jetzt schon, dass du ein ganz besonderer Mensch bist und genau deshalb habe ich dich geküsst."

Wow! Jetzt war ich sprachlos. Fassungslos sehe ich ihn an.

,,W...w..wow. Danke."

Ich spüre, dass ich rot anlaufen. Zum Glück ist es zu dunkel, als das Gil meine roten Backen sehen könnte.

,,Wollen wir uns jetzt endlich auf den Weg zum Lagerfeuer machen? Sonst verpassen wir noch die beste Zeit des Jahres." Ich höre deutlich, dass er lächeln muss. Also hat er doch gesehen, dass ich rot angelaufen bin. Aber wie? Ich sehe nicht einmal meine eigene Hand. Also kann er das unmöglich sehen.

Um herauszufinden, ob er mich sehen kann nicke ich als Antwort auf seine Frage.

,,Ok. Dann los. "

Gil nimmt mich am Arm und zieht mich hinter sich her in Richtung Teich. Also jetzt bin ich wirklich perplex. Wie hat er das gesehen? Das ist nicht möglich. Wie hat er das gemacht?

Meine Gendanken werden von Gils Stimme unterbrochen:,, Und jetzt schau gerade aus."

Wir stehen am Rand des kleinen Wäldchens durch das wir gerade gegangen waren. Vor uns liegt eine große Wiese. Ein paar Meter entfernt brennt schon ein riesiges Lagerfeuer. Rundherum haben sich alle Schüler versammelt. In kleinen Grüppchen haben sie es sich auf Liegen, Stühlen, Decken und Baumstämmen gemütlich gemacht.

Ich komme überhaupt nicht dazu mich umzusehen, da zieht Gil mich auch schon in Richtung des Feuers. Zuerst will ich stehen bleiben, aber dann bemerke ich, dass er direkt auf Teddy und die Anderen zusteuert. Auf dem Weg kommen wir an seinen Freunden vorbei, die er auffordert mitzukommen. Sie werfen einen schiefen Blick auf unsere Hände, die immer noch ineinander verschränkt sind, sagen aber nichts und folgen uns wortlos.

Wir kommen bei Teddy an und ich lasse Gils Hand los. Danach setze ich mich neben Teddy in einen Stuhl, der frei ist. Scheinbar hat sie ihn für mich frei gehalten. Gil setzt sich ein bisschen weiter links von mir auf einen Baumstamm mit seinen Freunden.

,,Hey. Wo warst du denn? Ich hab mich schon gewundert wo du bleibst."

Scheinbar hat sie nicht gesehen, wie ich Gils Hand gehalten habe. Irgendwie bin ich froh darüber. Also beschließe ich ihr noch nichts von den Ereignissen zu erzählen. Erst, wenn wir alleine sind. Denn gerade hören mir zu viele Leute zu.

Den ganzen Abend lang lachen wir, quatschen und haben einfach die beste Nacht aller Zeiten. Bis spät in die Nacht hinein sitze ich mit Teddy und den anderen am Lagerfeuer.
Ziemlich oft spüre ich Gils Blick auf mir, doch ich versuche ihn einfach zu ignorieren. Ich will noch nicht, dass Teddy Verdacht schöpft.

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4 Uhr in der Früh ist es jetzt. Vor ein paar Minuten sind Teddy und ich total müde in unser Zimmer gestolpert und haben uns auf unsere Betten geschmissen. Keine von uns will auch nur eine Sekunde ans Pyjama anziehen denken. Also beschließen wir einfach in unserer normalen Kleidung zu schlafen.
Von Teddys Bett hört man nur noch ein lautes Schnarchen. Da fällt mir ein, dass ich ihr ja noch gar nicht erzählt hab, was mit Gil war. Ich wollte es ihr ja erzählen sobald wir wieder zurück waren. Oh nein!
Ich will es ihr aber unbedingt noch sagen, bevor ich auf Gil treffe. Ich kann nie selbst entscheiden, wie ich reagieren soll. Das muss Teddy übernehmen.
Meine Gendanken schweifen zu den Ereignissen am Lagerfeuer.

Dort redeten Gil und ich eigentlich überhaupt nicht mehr. Bis auf seine Blicke, die er mir fast durchgehend zugeworfen hat, war da nur noch dieser eine Moment.

Ein Mädchen hatte sich dazu überreden lassen können ein Lied zu singen. Es war eine ruhige Ballade, die mich tief im Herzen traf. Das Mädchen hatte wirklich eine unglaublich schöne, engelsgleiche Stimme. Leider konnte ich nicht sehen wer es war, da sie im Schatten der Bäume stand. Also schloss ich meine Augen und konzentrierte mich einfach nur auf den Gesang und die Wörter. Bis circa der Hälfte des Liedes saß ich so, da spürte ich eine große, warme Hand auf meiner Schulter. Sie drehte mich von dem Lagerfeuer weg, sodass ich direkt in die Augen von Gil blickte. Seine Hand war es, die mich aus dieser unheilvollen Welt des Liedes geholt hat.
Fragend sah ich ihn an, doch als ich genauer hinschaute konnte ich Tränen in seinen Augen erkennen. Eine hatte sich schon einen Weg über die Wange nach unten zu seinem Mund gesucht.
Sofort wechselte mein Blick von fragend auf verwundert. Hatte ihn das Lied so stark berührt?
Doch ich kam nicht dazu meinen Gedanken genauer zu verfolgen, da berührten seine Lippen auch schon meine. Sofort spürte ich wieder diese wohlige Wärme, diese Sicherheit. Dieses Mal war der Kuss, als würde er Trost aus mir heraussaugen wollen. Der Kuss war intensiv und so liebevoll, dass ich mich zusammenreißen musste, um nicht von meinem Stuhl zu fallen.
Mit dem Lied endete auch der Kuss. Und somit auch diese kleine Ewigkeit, in der ich mich befand. Irgendwie war ich traurig darüber. Ich wollte für immer hier am Lagerfeuer sitzen, mit Gil und dieser Stimme zuhören. Doch das ging nicht. Ohne dass ich es bemerkt hatte, war Gil verschwunden.

Ich weiß bis jetzt nicht wohin, aber eines weiß ich. Ich will diese kleine Ewigkeit verlängern.



Neues Kapitel! Und wie immer hab ich länger gebraucht, als versprochen.😇 Tut mir echt leid.
Hoffe ich bekomme das nächste schneller fertig, aber ich verspreche nichts. 😄

Habt ihr ein Lieblingsbuch? Welches? Würde mich echt interessieren.

Bis zum nächsten Kapitel✋

Be strong!Where stories live. Discover now