52 - Lügen

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Ich kniete auf dem Boden,meine Hände in den Kartons vergraben. Ich hielt einen alten Stoffbären in der Hand,betrachtete ihn und legte ihn sofort weg. Er hatte nur noch ein Auge und einen Arm,gruselig.

Bis auf alte Bilder und Spielzeuge fand ich nichts ungewöhnliches. Stöhnend legte ich mein Kopf zwischen meine Knie.

Ich wusste nicht was ich erwartet hatte.
Vielleicht etwas,was interessanter wäre,aber was?

Ich schaute mich durch den winzigen Raum um,suchte Stellen,an denen noch etwas sein konnte und sah in der hintersten Ecke noch einen Karton.

Ich rappelte mich vom Boden auf und lief auf den Karton zu,ich kniete mich hin und öffnete ihn.

Ich seufzte. Es waren nur Bücher,gefühlte hundert Bücher. Ich wollte gerade den Karton wieder schließen,als mir etwas ins Auge stieg.
Ich nahm eins der Bücher in meine Hand,sah,dass es mit einem Schloss verriegelt war. Ich versuchte es zu öffnen,doch es ging nicht.

Ich runzelte die Stirn.
Das waren keine Bücher. Zumindest keine normalen. Mein Blick glitt zu den anderen Büchern,dass eine kam mir bekannt vor,es sah aus wie mein Tagebuch.

Mom hatte Tagebuch geführt.
Ich legte das Buch wieder zurück in den Karton,stand auf und nahm den ganzen Karton in meine Hände.

Er war schwer,aber meine Neugier war stärker. Ich öffnete die Tür und stieg langsam die Treppen hinunter. Ich verschwand in das Gästezimmer,verschloss hinter mir die Tür.

Ich nahm eines der Bücher zur Hand und setzte mich damit aufs Bett. Aus der Schublade holte ich mein eigenes heraus und nahm meinen Schlüssel.

Bitte geh auf. Bitte pass.

Ein klicken war zu hören und das Tagebuch meiner Mutter öffnete sich.

Erleichtert seufzte ich.

Ich betrachte die sorgfältige,geschnörkelte Schrift und sah auf das Datum.
Über fünfzehn Jahre war dieses Buch alt.

Ich blätterte herum,konnte weder etwas auffälliges noch Bilder sehen.

Ich blätterte wieder auf die erste Seite,sollte ich die Privatsphäre meiner Mutter so missbrauchen?

Bevor ich mich dagegen entscheiden konnte,lasen sich die ersten Worte wie von selbst.

Liebes Tagebuch,

Heute ist mein 17 Geburtstag.
So sehr habe ich mich auf diesen Tag gefreut,habe jeden Tag die Tage mitgezählt bis es soweit ist und heute war es soweit.
Ich trage ein weißes Spitzenkleid,meine Haare gelockt.

Bildlich stellte ich mir meine Mom vor,sie war als Kind wunderschön. Sie übertraf mich um hundertfach.

Ich blätterte auf die nächste Seite,denn der Beitrag war schon zu Ende.

Liebes Tagebuch,
Heute war der schönste Tag meines Lebens gewesen,heute hatte ich meinen ersten Kuss erlebt,es war wunderschön. Nein,was sage ich da,er war einfach perfekt. Niemals hätte ich gedacht,dass genau er derjenige wäre,den ich küssen würde. Niemals hätte ich gedacht,dass er etwas für mich empfindet. Wenn ich meine Augen schließe,sehe ich seine.
Diese durchdringenden,hypnotisierenden,
grünen Augen. Ich rieche förmlich seinen Duft.
Ich wusste nicht wann sich etwas zwischen uns entwickelt hatte,doch es war da.
Ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll,weiß nicht ob sich etwas zwischen unserer Freundschaft ändern wird oder nicht.
Ich habe Angst,Angst davor,dass wir nicht mehr wir selbst sein können,nicht mehr miteinander über alles reden können.
Ich weiß nicht wie er sich verhalten wird,ich habe Angst vor morgen,Angst,dass es nichts zu bedeuten hatte.

Between usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt